Yasmo im großen Helden der Freizeit Interview. Die Wienerin über die Aufgaben des Raps, was in diesem Genre absolut gar nicht geht, das brandneue Album mit ihrer Klangkantine, das mitten in der finalen Organisationsphase auf das größte Poetry Slam-Event im deutschsprachigen Raum gedropt wurde und vieles mehr.
von Patrick Meerwald
Mit Worten spielen und Großes entstehen lassen, ist etwas, was sie wirklich beherrscht. Yasmo ist Rapperin, (Slam-)Poetin und Autorin. Dieser Tage (7. 10.) brachte sie mit ihrer Truppe der Klangkantine ein brandneues Album unter dem Titel Lost & Laut heraus.
Wir trafen die wortgewandte Künstlerin zum Talk. Dabei ging es natürlich unter anderemum die neue Scheibe, Dinge, die Rap muss und persönliche Heldinnen.
Dass es tatsächlich draußen ist und es auch endlich alle Menschen hören können. Für unsere Verhältnisse haben wir auch wirklich lange daran gearbeitet. Diese Chance hat uns auch die Pandemie gegeben. Geschrieben haben wir daran sicher ein, zwei Jahre. Natürlich kann es auch sein, dass wir völligen Scheiß gemacht haben. Das wäre uns aber nicht aufgefallen, weil wir so in der Materie sind. Zum Release ist es dann aber auch ein Loslassen. Ich finde, Kunst ist nie fertig, egal welche es ist. Man gibt etwas ab, aber das heißt nicht, dass es fertig ist. Fertig wird es nun hoffentlich durch die Hörer:innen.
Kunst ist nie fertig.
Yasmo über die Entstehung von Kunst.
Eine tolle Frage, danke. Für mich gibt es öfter solche Situationen. Wenn ich überfordert bin, wird etwas in mir getriggered und ich greife zur Flucht nach vorne an. So mache ich parallel zum Albumrelease den Organisations-Wahnsinn für den Slam 22 (größte Poetryslam Meisterschaft im deutschsprachigen Raum von 2. bis 6. 11. in Wien) mit. Wir sind da ein tolles Team, bei dem es auch den Raum immer gibt laut und gleichzeitig lost zu sein. Wir ziehen da alle an einem Strang, machen so etwas aber in so einer Größenordnung alle das erste Mal. Da kommt auch beides schon mal vor.
Wenn Ungerechtigkeiten passieren oder Wahnsinnigkeiten. Natürlich stellt man sich schon die Frage, „Who Is The Judge?“. Deshalb interessieren mich auch strukturelle Ungerechtigkeiten sehr. Da kannst du nämlich auch belegen, wenn mal was völlig falsch läuft. Wichtig ist aber auch, dass nicht zwingend die Person, die am lautesten ist, auch recht haben muss.
Schlimm war, dass es während der ganzen Lockdowns keine Öffentlichkeit gab. Im Jänner 2021 tauchte gefühlt täglich ein neuer ÖVP Skandal auf: Blümel ohne Laptop, seine Ehefrau damit spazierend und so viele Ungereimtheiten. In einer normalen Zeit würde ich so etwas eine Woche beobachten und dann auf einer Bühne verarbeiten, sei es auch nur mit Seitenhieben. Wenn ich keine Bühne hätte, würde ich für einen offenen Listen-Slam einen Text schreiben und den dort vortragen. Zu dieser Zeit war ich wirklich laut in meiner Wohnung.
In einer normalen Zeit würde ich so etwas eine Woche beobachten und dann auf einer Bühne verarbeiten.
Yasmo vermisste während der Lockdowns die Öffentlichkeit.
Wir mussten die Vinyl-Strecken vom Album ja lang vorplanen. Schon vor mehr als einem Jahr haben wir ausgemacht, dass wir etwa diesen März alle Spuren inklusive Mastering abgeben werden. Da wussten wir schon, wenn da das Pressen losgeht, ist Laut und Lost im Sommer fertig. Aber da bringt man kein Album raus, jeder ist auf Urlaub. Dann also Herbst. Mir fiel aber gleichzeitig ein, dass da ja auch was Anderes ist, Slam 22 nämlich. Die erste Novemberwoche war daher vollkommen gestrichen. Da geht nix, da machen wir nix, wussten die Band und ich. So entstand der Plan, im Oktober zu releasen. So kann für beides auch Aufmerksamkeit gemacht werden. Um den Wahnsinn perfekt zu machen, gehen Yasmo und die Klangkantine nach dem Slam auch schon mit dem Album auf Tour.
Der Rap, den ich mache, muss sprachlich gut sein und auch Schmäh haben. Der, den ich höre, soll nicht rassistisch, sexistisch oder homophob sein. Einfach nicht gschissen sein. Rap im Allgemeinen muss nichts, außer vielleicht flowen. Ich möchte mich aber hier nicht als Rap-Polizei auftun.
Rap soll nicht rassistisch, sexistisch oder homophob sein
Klare Worte von Yasmo.
Meiner Meinung nach darf Rap an viele Orte gehen, wo es wehtut. Doch dabei braucht es immer eine Form von Grundrespekt. Rap ist natürlich Competition oder auch Gepose. Er kann auf Augenhöhe passieren oder von oben herab. Mit letzterem habe ich ein Problem. Sich zu behaupten, geht auch ohne Hierarchie. Da muss niemand über- oder unterlegen sein. Wenn das trotzdem passiert, ist es wahrscheinlich eine Ego-Geschichte. Es wird ja zum Beispiel oft gefragt, warum Rap so sexistisch ist. Rap ist nicht die Welt! Rap lebt in der Welt, in der er entsteht. Da wird viel auf den so bösen Rap hingehaut und die ach so gute Welt verteidigt. Nein, es läuft andersrum.
Folgende inszenatorische Frage, bei egal welchem Genre, sollte sich alle Künstler:innen stellen: Was wollen sie und wie wollen sie es? Ich denke, viele stellen sich diese Frage nicht, sie kopieren eher. Das ist in erster Linie auch legitim. Als Kreativling wächst man nicht auf. Man ist nicht sofort von der Muse geküsst und Künstler:in. Man fängt an, Dinge zu imitieren und zu schauen, was einem gefällt.
Viele bleiben da aber in meinen Augen hängen. Sie reflektieren weniger über die eigene Darstellung. Sie sind ja gleichzeitig Subjekt und Objekt, gewissermaßen Projektionsfläche. Major Acts haben da ein Team, das sie unterstützt. Gegen Goldkette-Träger habe ich persönlich nichts. Das kommt ja aus der Zeit, wo sich Leute durch beispielsweise Drogenverkäufe Einnahmen generiert haben, die sie in ihre Musik und ihre Optik gesteckt haben. Ob die Story von Jay Z jetzt ein Märchen ist oder nicht, sei dahingestellt. Ich glaube, es hat etwas von beidem. Dann schwappt so etwas nach Europa und das wird dann kopiert.
Unsere Generation bei den Rappern ist oft eine Gruppe von Neureichen, die Autos haben, fette Klunker usw. Ich finde es im Grunde nicht verwerflich, dass sie das haben. Also als Rapperin. In meiner Rolle als Publikum finde ich es aber eher langweilig. Es interessiert mich nicht.
Für mich sind das ganz verschiedene Dinge. Beim Slam bin ich meistens alleine on Stage. Da habe ich den ganze Text, die Inszenierung, einfach alles alleine zu verantworten. Musik ist immer kollaborativ. Natürlich kann ich da einen Text alleine verfassen, aber auch der muss sich umarmen mit den Instrumenten und eins werden mit der Musik. Es ist einfach nie ausschließlich meiner.
Da gibt es viele. Anfangen möchte ich aber mit Beyoncé. Weil die ganz oben, irgendwie wie eine Göttin für mich ist. Aber auch meine Mutter oder meine beste Freundin sind meine Heldinnen. Oder Rapper:innen. Mir gefällt es so gut, dass sich im Rap, vor allem im FLINTA Rap, in den letzten Jahren sehr viel getan hat. Da gibt es echt tolle. Mich inspiriert auch Mira Lu Kovacs, eine absolute Heldin, eine Königin für mich. Und dann darf ich auch noch mit ihr befreundet sein. Ich meine, what the fuck, Hashtag, blessed(lacht.).
Bei uns kommen jede Monat tolle Musiker zu Wort und sprechen offen über ihre Inspiration, ihre eigenen Helden und was sie abseits der Bühne interessiert und antreibt:
Billie Steirisch: “Ein weggelegtes Handy ist für mich Freizeit”
Otto Jaus im Interview: “Zufriedenheit ist eine Einstellung!”
Stefan Jürgens: “Wien hat mich gelehrt, das Leben humorvoll zu sehen!”
Nino aus Wien: “Ich höre gerne Hits, ich schreibe halt keine!”
Cil City: “Wenn die Energie passt, darf auch was danebengehen!”
Eric Papilaya: “Musiker sein, ist wie ein Marathon, nur ohne Ziel!”
Sportfreunde Stiller: “Kunst ist dafür da, Freiheit zu spüren!”
Bernhard Speer: “Verschwitzt, komplett hin. Also alles richtig gemacht!”
Christian Hummer von Wanda: “Statt 150 kamen plötzlich 15.000!”
Arabella zu Starmania: “Es braucht viel Mut und Verletzlichkeit!”
Cley Freude: “Jeder Mensch ist ein Held und für jemanden wertvoll!”
Manuel Rubey: “Ich könnte Tag und Nacht Sport schauen!”
Titus Vadon: “Musiker müssen innerlich brennen, sonst wird’s fad!”
KØLEEN: “Ich liebe Kontraste, vor allem in meiner Musik!”
PAENDA: “Nicht nur meine Texte haben eine Message!”
Sibbi von Itchy: “Dem Karma hilft, wenn man kein Arschloch ist!”
Amy Wald: “Meine Sexualität war für mich nie so eine große Sache.”
Mala Frank: “Dann hat mich Bryan Adams gebeten, ihn zu covern!”
Christopher Seiler: “Wenn du einen Idioten spielst, musst du gscheit sein!”
Anna Heimrath: “Mein Ziel ist, von der Musik zu leben.”
Ina Regen: “Kenne deinen Grund, warum du was machst!”
Paul Pizzera: “Die Konzert-Geilheit bleibt trotz Absage-Frust!”
Russkajas Georgij: “Alles in meinem Beruf ist Freizeit!”
Wendja: “Neben dem Musikmachen ist Sport mein Leben!”
Marco Pogo: “Den Bierbrunnen will ich wirklich!”
Silbermond: “Ein Kind auf die Welt bringen ist heldenhaft.”
Vamummtn-Rapper Ansa: “Autotune-Gedöns ist nicht unsers!”
Kaiser Franz Josef : “Unsere Musik ist zu leiwand fürs Radio!”
Nathan Trent: “Billie Eilish hat das Game revolutioniert!”
Cordula-Grün-Held Josh.“Gig im Burgtheater wäre geil!”
Steve Hogarth: “Über John Lennon geht nichts!”
Nightwish: “Dem würde ich das Härteste geben.”
Prohaska über Musik: “Der Ambros ist mein größter Held!”
Hans Krankl: “Jeder Auftritt ist eine Heldentat!”
Alf Poier: “Mein halbes Leben war eine Heldentat!”
Aufmacher: (c) Carina Antl
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.