Selbst bei gefühlten Minus 5 Grad tummeln sich derzeit Kitesurfer am Neusiedler See. Cem Firat ist einer davon. Was beim Winter-Kiten zu beachten ist und den Reiz dieses eisigen Vergnügens ausmacht.
8. Dezember 2017: Schnee, Regen, kalter Wind. Ostösterreich hat der Winter erfasst. Uns Normalsterbliche zieht es da nachhause unter die Decke oder maximal zu einem wärmenden Punsch bei einem der tollen Wiener Christkindlmärkte (hier unser aktueller Test vom Weihnachtsmarkt Spittelberg, Rathaus und Schönbrunn). Und dann gibt es noch Leute, wie den 42-jährigen Cem Firat! Der wirft sich lieber in einen Trockenanzug und geht bei gefühlten 5 Grad Minus Kitesurfen am Neusiedler See. Ein echter Held der Freizeit – oder besser: Held der Frierzeit!
“Wir sind die Wahnsinnigen!” sagt der Kommunikationsdesigner. Bläst der Wind stark genug trifft man am “Meer der Wiener” dieser Tage auf 10 bis 15 besonders Abgehärtete, die je nach Windrichtung von Podersdorf oder Breitenbrunn ihrem Hobby dem Kiten auch im Winter fröhnen.
“Die Leute sind sehr unterschiedlich ausgerüstet”, weiß Cem. Ein dicker Neoprenanzug wäre ihm persönlich zu kalt. Deshalb verwendet er einen Trockenanzug. “Darunter schwitzt man sogar bei diesen Temperaturen”. Thermowäsche, Neoprenhandschuhe und Neoprenschuhe halten den Rest des Körpers warm. “Im Wasser hälst du es nicht lange aus. Deshalb musst du schnell am Brett sein. Vor allem Hände und Füße werden rasch kalt.” Für Anfänger gehen sich daher nur ganz kurze Kitesurf-Sessions im Neusiedler See aus. Selbst die besseren Kitesurfer legen nach 15 bis 30 Minuten immer wieder eine Pause an Land ein, um sich mit etwas Bewegung oder im Auto aufzuwärmen.
In Ermangelung eines geöffneten Lokals, in dem man sich aufwärmen könnte, hilft mitgebrachter Tee in der Thermoskanne. Selbst die öffentlichen Toiletteanlagen sind bereits geschlossen, damit sie nicht einfrieren. Kiten bei diesen Temperaturen, warum tut man sich das an? “Weil Kiten geil ist. Du nutzt die Naturkräfte zu deinem Vorteil. Das Wasser spritzt dir ins Gesicht und dann bilden sich schon mal kleine Eiszapfen.”
Freilich wäre Herr Firat derzeit lieber an einem heißen Sandstrand. Genauer gesagt nördlich von Fortaleza in Nordbrasilien (zum Beispiel in Parajuru) , wo er die letzten drei Jahre vor Weihnachten seinem liebsten Hobby nachgegangen ist. “Heuer musste ich aber für eine neue Ausrüstung sparen.” Und so hält er sich eben, wie ein paar andere “Wahnsinnige”, am Neusiedler See fit – was zwar legal aber gar nicht mal so ungefährlich ist: “Wenn du bei dieser Kälte zu weit draußen bist und der Wind einschläft, wird es schwer sich im Notfall zu retten. Deshalb darf man nur so weit rausfahren, so lange man es bei den Temperaturen im Wasser schwimmend aushälst.”
Winter-Kiten am Neusiedlersee hat aber auch einen Vorteil. “Es sind kaum Leute hier und du hast ganz viel Platz, um in Ruhe zu lernen.” Bei Cem hat das gut geklappt. Schon im Mai will er seinen Trainerschein machen. Ein Kraftakt der besonderen Sorte, ist der rechte Arm des Austrotürken doch seit seiner Geburt kaum funktionstüchtig. Grad der Einschränkung? “In meinem Behindertenausweis steht 80 Prozent.”
Das kann den leidenschaftlichen Fußballer aber ebenso wenig bremsen, wie ein “Sauwetter” am Neusiedler See. Manche Menschen sind eben aus einem besonderen Holz geschnitzt. (ak)
Sollte es heuer ganz besonders kalt werden, kann am Neusiedlersee auch eislaufen. Aber Vorsicht, nur wenn die Eisschicht dick genug ist. Dann ist es aber ein umso spezielleres Vergnügen.
Eislaufen am Neusiedler See – mit Schlittschuhen am Meer der Wiener
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