Idyllische Inseln, ein tiefblaues Meer und malerische Natur – klingt erstmal nach Urlaub in der Karibik, ist aber im Endeffekt die Kulisse von Windbound, dem charmanten Indie-Game, das ab 28. August für praktisch alle Systeme verfügbar ist. Wie uns das Spiel von 5 Live Studios gefallen hat, lest ihr in unserem Review.
Von Sophie Neu
28. August 2020: Der Sommer ist fast vorbei, aber das heute erschienene Windbound lässt noch einmal das Urlaubsfeeling so richtig aufleben. Der Indie-Survival-Titel setzt uns in eine tropische Insel-Welt, die wir erkunden sollen und wollen. Optik und Sound erinnern uns hier stark an The Legend of Zelda: Breath of the Wild. In der prozedural generierten Welt Windbounds von Insel zu Insel mit unserer Heldin Kara zu schippern macht richtig Spaß. Denn nicht nur sind die Inseln unglaublich abwechslungsreich und von Level zu Level größer, auch die Backgroundstory ist so mysteriös, dass wir einfach dranbleiben müssen und das Rätsel um die Vergangenheit der Inseln lösen wollen. Nur ein paar kleine Unstimmigkeiten bei Steuerung und Crafting bringen unser Boot ab und zu ins Wanken.
Kara wird bei einem Sturm auf offenem Meer von ihrem Stamm getrennt. Mit nichts als ihren Kleidern am Leib wacht sie auf einer unbekannten Insel auf. Um der jungen Kriegerin zu ihrer Familie zurückzuhelfen, müssen wir jagen, Ressourcen sammeln und überleben. Denn die Inseln, auf denen Kara gelandet ist, sind voller Leben. Von niedlichen Hasentierchen bis hin zu gefährlichen Echsen treibt sich allerhand Getier dort herum. Mit den gewonnenen Gegenständen wie Gras, Bambus und Leder, bauen wir Kara langsam immer stabilere Boote, Waffen und Kleidungsstücke. Warum? Damit wir die drei in jeder Welt angesiedelten Leuchttürme aktivieren können. Die öffnen das Portal ins nächste Insel-Paradies und bringen Kara und uns einen Schritt näher zur Wiedervereinigung mit dem Stamm. Dazwischen erfahren wir ein bisschen etwas über die Geschichte der mysteriösen Inseln.
Windbound bietet mit seiner eher minimalistischen Story großes Replaypotential. Die Geschichte wird nur in groben Zügen erzählt, aber gerade das große, liebevoll animierte Finale macht vieles wett. Wir finden aber: Im Rahmen eines Indies dieser Preisklasse geht das voll und ganz in Ordnung. Denn im Endeffekt hält uns nicht die Geschichte um Kara am Ball, sondern der Spaß, den wir beim Craften und Erkunden haben. Dazu tragen auch die prozedural generierten Insel-Welten einiges bei. Denn jede Instanz sieht neu und aufregend aus. Die Eilande werden mit jedem neu erreichten Level größer und abenteuerlicher. Statt flachen Inseln mit ein paar Palmen erwarten uns plötzlich Bambushaine, Wüsten oder mangrovenähnliche Moore. Neue Monster und Gefahren tauchen auf und damit schalten sich auch immer weitere Rezepte im Craftingmenü frei.
Das Craftingsystem ist sehr schön durchdacht, die Menüs sind sehr übersichtlich und leicht zu navigieren. Allerdings ist gerade das Bauen unseres Bootes in der Anfangszeit nicht ganz so intuitiv wie erhofft. Werden wir zunächst dazu motiviert, uns ein kleines Boot aus Gras zu binden, so müssen wir das beim Upgraden erstmal ganz auseinandernehmen, um uns einen Katamaran zu basteln. Hier hätten wir uns ein paar deutlichere Tipps sehr gewünscht, denn so wären uns so einige mühsame Experimente erspart geblieben. Insgesamt ist das aber so ziemlich die einzige Schwäche des Craftings in Windbound. Alle anderen Rezepte zu Waffen oder Schiffsverschönerungen sind sehr verständlich und leicht umzusetzen. Toll sind auch die Individualisierungsmöglichkeiten für Karas Boot – wenn man den Dreh beim Bauen denn endlich raushat. Am Ende hatten wir wirklich das Gefühl, UNSER eigenes Schiffchen zu haben, das es so sonst nirgends gibt.
Mit dem können wir dann über das wunderschöne Meer in Windbound schippern und von Insel zu Insel reisen. Steuerbar ist unsere Nussschale dank seiner Segel. Und es hat ein bisschen gedauert, bis wir den Dreh so ganz raushatten. Aber im Endeffekt sorgt diese Lernkurve für eine gewisse Befriedigung. Zu verstehen, bei welchem Wind unsere Segel straff sein müssen, wie wir den resultierenden Schwung richtig nutzen und vor allem, wie unser Boot sich je nach Größe anders verhält, ist sehr belohnend und macht einen guten Teil des Reizes von Windbound aus.
Ab und zu allerdings, vor allem beim Übersetzen in eine neue Insel-Welt, reagierte unser Schiffchen etwas zu extrem auf Wellen und Sturm. Teilweise schleuderte das Spiel uns meterhoch über das Wasser hinaus, woraufhin dann auch Kara plötzlich an ganz andere Stellen des Boots teleportiert wurde. Plötzlich stand sie auf der Spitze des Masts oder merkwürdig schräg auf der Außenhülle des Schiffs. Wie genau sie da von ihrem Ruder aus hingekommen ist, werden wir wohl nie erfahren. Doch diese kuriosen Unfälle sind im Verlauf des Spiels eher die Ausnahme, zum Großteil der Zeit segeln wir ohne Probleme über die Meere dahin.
Auf den Inseln von Karas Welt erwarten uns die unterschiedlichsten Monster, die allesamt grandios entworfen sind. Von kleinen Flauschbällen, die scheinbar friedlich herumtollen – bis sie ihre spitzen Zähnchen entblößen, bis hin zu trägen, gepanzerten Riesenkröten, haben sich die Entwickler von Windbound vor allem beim Design der Lebewesen riesige Mühe gemacht. Jedes Tier sieht einzigartig aus, keines davon erinnert an Wesen aus anderen Spielen. Je nachdem müssen wir uns auch unterschiedliche Taktiken beim Jagen überlegen. Bei manchen Wesen reicht schon unser Speer, bei anderen holen wir unsere Schleuder raus.
Etwas overpowert im Vergleich zu den ersten beiden Waffen ist der Bogen. Während wir mit Speer und Schleuder gefühlte Ewigkeiten brauchen, um ein Tier zu erlegen, reichen ein paar wenige, gut gezielte Pfeile meistens schon aus. Hier ist das Balancing noch nicht ganz ausgereift. Und beim Speer ist das Zielen gerade mit dem Kontroller nicht so responsiv, wie es sein sollte. Statt das Monster zu erwischen, stechen wir hier oft daneben, weil die Waffe verzögert auf unsere Steuerung reagiert.
Die Kreativität bei den Gegnern setzt sich auch in der Soundgestaltung fort – denn ein jedes Monster hat einen individuellen Soundtrack. So erkennen wir schon von weitem, ob wir uns vor einem gefährlichen Raubtier in Acht nehmen müssen oder ganz unbesorgt an ein paar friedvollen Inselwesen vorbeispazieren können. Insgesamt sind wir von der Musik von Windbound begeistert. Sie begleitet uns stundenlang und wird doch nie langweilig. Gerade beim Segeln wollen wir fast nicht an Land gehen, so schön ist sie.
Windbound ist ein wunderschönes, entspannendes Indie-Spiel, das im Rahmen seiner Preisklasse von 30 Euro überzeugt. Karas Reise kann dank prozedural generierten Inseln und einem befriedigendem Crafting-System wieder und wieder erlebt werden – damit hat Windbound eigentlich endlose Replayability. An einigen Ecken und Enden könnte von den Entwicklern noch ein bisschen gefeilt werden, aber auch so sorgt Windbound für unzählige Stunden Spielspaß. Wir werden es jedenfalls noch mindestens einmal durchspielen.
Windbound ist seit dem 28. August 2020 für PS4, Xbox One, PC und Switch ab 29,99 Euro erhältlich. Für diese Kritik wurde uns ein Rezensionsexemplar von Koch Media zur Verfügung gestellt.
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Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.