Der ehemalige “Helden von Morgen”-Finalist Lukas Plöchl hat seit 2015 einen radikalen Image-Wechsel vollzogen. Seit damals hört er auf den Namen Wendja. Warum er neben der Musik schon mal 7.000 Laufkilometer abspult, warum aus ihm eigentlich ein Tischtennis-Spieler hätte werden sollen, welche Erinnerungen er an Castingshows hat und was er 2021 plant. Das und noch viel mehr, erzählt er im großen Interview.
von Patrick Meerwald
26. Dezember 2020: Vom Mundart-Partyrapper zum tiefgründigen und nachdenklichen Hip Hop-Musiker. Wendja ist einer der vielfältigsten Künstler, den die heimische Musikszene zu bieten hat.
Im Gespräch mit den Helden der Freizeit erzählt er, worauf es ihm bei dieser Künstleridentität ankommt, was er potenziellen Teilnehmern von Castingshows empfiehlt und wieso Sport so einen hohen Stellenwert in seinem Leben hat, dass er schon mal über 500 Kilometer im Monat läuft oder 10.000 Push-Ups in 6 Wochen macht.
Wendja: Allgemein, für die, die es noch nicht wussten, Wendja ist ja mein zweiter Vorname und wenn der nicht funktioniert, habe ich noch einen dritten Vornamen. Nein, Schmäh. Ich habe tatsächlich einen dritten Vornamen, aber der ist nicht geplant als Künstlername verwendet zu werden.
Meine erste Wendja-CD habe ich bei Universal in Deutschland gemacht und wir waren auf der Suche nach einem neuen Namen. Das war mir recht, weil Lukas Plöchl in Österreich schon ziemlich gebrandmarkt ist. Die Suche hat etwas gebraucht. Ich habe in den Pass geschaut und mich gefragt: “Wie dumm kann man eigentlich sein? Da steht er ja eh!”
Diese Identität als Künstler ist in erster Linie nicht komplett auf Erfolg zugeschnitten. Weniger das machen, was gerade in ist, sondern mehr die eigene Entfaltung steht im Vordergrund. Deshalb habe ich auch nicht so richtig einen Plan B für Wendja.
Wendja ist wie schon gesagt meine eigene Entfaltung. Ich schreibe auch Musik für andere. Und außerdem bin ich indirekt beim Entwickeln von anderen Acts beteiligt. So ist das Spektrum völlig abgedeckt, mit allem, worauf ich Lust habe.
Ich glaube, der war ausgleichende Gerechtigkeit. Wenn du nämlich eine Seite mit so viel belädst, dann wird und muss sich das irgendwann ausgleichen. Der Schrei nach anderen Kräften war irgendwann so laut, dass ich mich auf das andere konzentrieren musste, um auch wieder das Gleichgewicht zu finden.
Dieser Cut war ausgleichende Gerechtigkeit.
Wendja über seinen extremen Imagewandel.
Es ist aber schwierig zu sagen, ab wann so etwas eine bewusste Entscheidung ist. So oder so bin ich mir sicher, dass ich auch ernstere Themen behandelt hätte, da mich auch so etwas mehr interessierte und ich selbst auch ernster geworden bin. Letztendlich ist es aber passiert.
Ich bin gewissermaßen sehr dankbar dabei gewesen zu sein. Trotzdem hat mir Helden von morgen ein paar Stempel aufgedrückt, die ich nicht so leicht weg bekommen habe. Aber alles legt sich. Das hat insgesamt schon so gepasst. Mich freut es auch ehrlich, wenn ich zum Beispiel medial über die Leute von damals etwas höre.
Wir wollten einmal eine WhatsApp-Gruppe starten und uns öfter mal treffen, mit dem Titel “Helden von gestern” (lacht). Zum Treffen ist es aber noch nicht gekommen. Da bräuchte es jemanden, der das in die Hand nimmt. Ich finde aber, dass wir uns schon alle sehr lieb gewonnen haben.
Mit Jonathan Reiner habe ich noch sehr viel Kontakt. Er ist einer der begabtesten und talentiertesten Musiker, die Österreich hat. Bei meinen Wendja-Shows war Jonathan auch immer mein Tour-DJ und wird es auch wieder sein. Der interessiert sich für so vieles und kann es auch. Vorwiegend ist er als Sänger und Produzent tätig, aber er hat auch das DJ-Sein vollkommen ausgecheckt.
Jonathan ist einer der begabtesten und talentiertesten Musiker Österreichs.
Wendja über den Sänger und Produzenten Jonathan Reiner, der seinen Tour-Dj gibt.
Da haben er und ich eine sehr ausgetüftelte Zwei-Mann-Show on Stage. Es werden auch Loops eingesetzt, die sehr flexibel sind, so wie unsere ganze Performance. Ich mag es, dass wir so gut aufeinander eingehen können.
Es ist Unterhaltungsfernsehen und da gehört auch der Rahmen dazu. Das muss einem bewusst sein. Wer sich aber lieber kritisch die aktuelle Musiklandschaft anschauen möchte, ist wahrscheinlich im Internet auf YouTube und Spotify mit Eigenrecherche besser dabei. Ist man aber mehr auf Unterhaltung als Konsument aus, dann haben solche Shows auf jeden Fall ihre Berechtigung.
Es ist halt eine Show und die braucht Rollen. Wer eine Klarheit hat, dass sie existieren, für den dann kann das schon richtig sein. Es ist aber nicht zu unterschätzen. Wichtig ist, dass zum Schluss eine solche Teilnahme für den weiteren Karriereverlauf null bedeutet. Nur, weil du ein paar Mal im Fernsehen live warst, macht dich das weder schlechter noch besser. Es ist einfach eine kleine Station auf deinem Weg.
Menschlich sollte eine Castingshow gar nichts mit dir machen. Generell sollst du auch nichts mit dir machen lassen. Im weiteren Leben gibt es noch viele ganz andere Dinge, die dann hoffentlich mehr Bedeutung haben und dich prägen. Da sollten solche kleine “Hallo, ich bin XY und spiele” Sachen Wurscht sein.
Menschlich sollten Castingshows nichts mit dir machen!
Für Wendja gibt es Wichtigeres als Teilnahmen bei solchen Shows.
Generell zeichnet er sich durch die Fähigkeit selbst zu denken aus. Ihr heißt ja auch Helden der Freizeit und da geht es auch darum, dass ihr nicht nur Copy & Paste macht. Es geht mehr darum, heraus zu finden, was kann sonst noch spannend sein, was wäre einmal eine Unternehmung, die einem selbst wieder neue Türen öffnet und frischen Wind bringt.
In der Musik hat er die Fähigkeit, dass er sich nicht immer nach der Anerkennung von außen in Form von Zahlen oder Schulterklopfern orientiert. Er versucht neue Sachen oder packt alte Sachen aus und macht etwas Neues damit. Dazu sagt er, was er meint und nicht, was cool ist.
Bei den Trackshittaz haben wir zum Beispiel auch Rap gemacht, weil es uns getaugt hat, während eigentlich alle Rock gehört haben.
Naja, Wendja ist für mich ein gutes Beispiel. Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber auch das eigene Schaffen verdient Anerkennung. Das macht einen auch unabhängiger von den Schulterklopfern von außen. Kleiner Funfact: Bei der Namenssuche für Wendja ist auch einmal der Name Hero gefallen. Das war aber mit dem Helden von morgen-Kontext zu offensichtlich. Wendja ist nicht komplett alternativ. Trotzdem soll man erkennen, da ist wer, der sich etwas dabei gedacht hat.
Ein anderer großartiger Musiker ist Stromae, der Sänger von Alors on Danse. Das Arge ist, er hat geile tanzbare Beats und dabei immer Texte mit sehr viel Sozialkritik. Ich kann zwar nicht so gut Französisch, aber habe ein bisschen ausgecheckt, was er da sagt und das ist wirklich befruchtend.
Mein Papa war Tischtennis-Coach der österreichischen Damen-Nationalmannschaft und für ihn war Sport immer das Kernthema. Auch wenn er zu Hause war, ist er immer laufen gegangen, neben dem Erstellen der Trainingspläne der Spielerinnen. Dazu machte und macht er viel Krafttraining. Das hat schon geprägt.
Stimmt, ich hätte ursprünglich auch Tischtennisspieler werden sollen. Das haben wir ein Jahr versucht, aber das hat nicht so funktioniert. Papa und Trainer in einer Person zu haben war eine zu schwierige Konstellation. Für mich war Tischtennis nicht so wichtig. Ich wollte eine Zeit lang Fußballer werden.
Ich hätte ein Tischtennisspieler werden sollen.
Wendjas Vater hatte für Wendja zunächst andere Pläne
Parallel dazu habe ich mit etwa 14 selbst mit Krafttraining begonnen, vor allem ohne Wissen. Heute geht das ja mit YouTube zum Beispiel einfach. Damals war das einfach voll drauf hauen. Ich muss gestehen, neben der Musik ist Sport mein Leben. Sport ist für mich ein Anker. Er befreit mich und ich fühle mich danach immer recht schlau.
Generell ist es bei mir seit meinem 24. Geburtstag so, dass ich an meinem Geburtstag mein Alter in Kilometern laufe. Das ist ein bisschen wie ein Ritual für mich, damit ich richtig checke, “Hey, ich bin noch ein Jahr älter geworden”. Bis zu meinem 30er bin ich aber nur da so richtig laufen gewesen.
Seit September 2019 bin ich über 7000 Kilometer gelaufen.
Wendjas Laufsucht in Zahlen.
Ich habe gemerkt, wie schade das eigentlich ist. Da habe ich endlich ein bisschen Kondi und mache nichts daraus. Deshalb bin ich dann dran geblieben am Lauf-Ding und das wurde immer mehr. Von September bis Dezember 2019 bin ich monatlich 500 Kilometer gelaufen. Insgesamt waren es seit damals über 7000 Kilometer.
Da gibt es tatsächlich eines, aber das kann und möche ich noch nicht verraten. Nur eines: Ich muss mich noch etwas steigern.
Ja, dafür habe ich zirka eineinhalb Monate gebraucht. Beim Laufen hatte ich im Sommer schon eine Kilometerpace von 4:08 Minuten. Jetzt sind es zwischen 4:50 und 5:30. Ich motiviere mich nicht wirklich. Ich frage mich nicht, ob es mich freut. Ich versuche diesen Part zu skippen und einfach zu tun.
Ich möchte wieder viel mehr eigene Musik releasen. Man darf nicht vergessen, dass ich auch als Musikvideo-Produzent tätig bin. Da bin ich zufällig reingerutscht. Vor fünf Jahren habe ich mir da ein Equipment vor allem für mich selbst gekauft, weil ich meine Video selber drehe. Es hat sich aber ergeben, dass immer mehr Bands zu mir kamen und da mit mir zusammenarbeiten wollten.
Mittlerweile ist das oft meine Haupttätigkeit. Ich sehe mich aber trotzdem vor allem als Künstler und habe entschieden mich wieder mehr auf die eigenen Projekte zu konzentrieren und denen meine Aufmerksamkeit zu schenken. Ich bin aktuell sehr viel am Schreiben und Aufnehmen. Weil ich es alleine mache, dauert es vielleicht länger, aber dafür kann ich alles selbst entscheiden. Maximal lasse ich vereinzelt etwas mischen oder mastern. Da ist jetzt einiges schon fast fertig, das muss nur noch ausproduziert werden. Eines ist aber sicher: Da kommt einiges 2021!
In unserer Helden-der-Helden-Rubrik findest du monatlich coole Interviews mit Musikhelden und echten Originalen – hier reden sie darüber, was sie begeistert, kultige Erinnerungen und mehr oder weniger heldenhafte Auftritte:
Stefan Jürgens: “Wien hat mich gelehrt, das Leben humorvoll zu sehen!”
Nino aus Wien: “Ich höre gerne Hits, ich schreibe halt keine!”
Rapperin Yasmo: “Sich zu behaupten, geht auch ohne Hierarchie!”
Cil City: “Wenn die Energie passt, darf auch was danebengehen!”
Eric Papilaya: “Musiker sein, ist wie ein Marathon, nur ohne Ziel!”
Christian Hummer von Wanda: “Statt 150 kamen plötzlich 15.000!”
Arabella zu Starmania: “Es braucht viel Mut und Verletzlichkeit!”
Cley Freude: “Jeder Mensch ist ein Held und für jemanden wertvoll!”
Titus Vadon: “Musiker müssen innerlich brennen, sonst wird’s fad!”
Manuel Rubey: “Ich könnte Tag und Nacht Sport schauen!”
KØLEEN: “Ich liebe Kontraste im Leben, vor allem in meiner Musik!”
Sibbi von Itchy: “Für das Karma ist es gut, wenn man kein Arschloch ist!”
PAENDA im Interview: “Nicht nur meine Texte haben eine Message!”
Amy Wald: “Meine Sexualität war für mich nie so eine große Sache.”
Mala Frank im Interview: “Dann hat mich Bryan Adams gebeten, ihn zu covern!”
Christopher Seiler: “Wenn du einen Idioten spielst, musst du gscheit sein!”
Anna Heimrath nach Starmania: “Mein Ziel ist, von der Musik zu leben.”
Ina Regen: “Kenne deinen Grund, warum du was machst!”
Paul Pizzera: “Die Konzert-Geilheit bleibt trotz Absage-Frust!”
Russkajas Georgij: “Alles in meinem Beruf ist Freizeit!”
Marco Pogo: “Den Bierbrunnen will ich wirklich!”
Silbermond: “Ein Kind auf die Welt bringen ist heldenhaft.”
Vamummtn-Rapper Ansa: “Autotune-Gedöns ist nicht unsers!
Kaiser Franz Josef : “Unsere Musik ist zu leiwand fürs Radio!”
Nathan Trent: “Billie Eilish hat das Game revolutioniert!”
Cordula-Grün-Held Josh.: “Gig im Burgtheater wäre geil!”
Steve Hogarth: “Über John Lennon geht nichts!”
Nightwish: “Dem würde ich das Härteste geben.”
Prohaska über Musik: “Der Ambros ist mein größter Held!”
Hans Krankl: “Jeder Auftritt ist eine Heldentat!”
Alf Poier: “Mein halbes Leben war eine Heldentat!”
Aufmacherfoto: (c) Manuel Schreiner
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.