Während reihum Blockbuster-Filmstarts verschoben werden, setzt die Wiens wichtigstes Filmfestival trotz COVID-Krise ein starkes Zeichen für die Kinokultur. Wir haben für euch das komplette Programm von der Viennale 2020. Außerdem haben wir alle Details zu den Sicherheitsvorkehrungen und den innovativen Konzepten, mit denen die Organisatoren auf die Pandemie reagieren.
von Sophie Neu
22. Oktober 2020: Während durch COVID-19 Lichtspielhäuser weltweit um ihre Existenz fürchten, setzt Wien mit seinem alljährlichen Filmfestival Viennale 2020 ein Zeichen für den Erhalt der Kinokultur. In den schönsten Kinos im Wiener Stadtzentrum wird vom 22. Oktober bis 1. November im Rahmen der 58. Ausgabe der Viennale wieder zu aufregenden, nachdenklichen und ungewöhnlichen Filmen geladen. Natürlich alles unter Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen (mehr dazu unten).
Dieses Jahr wird im Licht der globalen Krise das Konzept Distanz versus Nähe ganz genau erforscht. Neben Filmen, die sich mit der Thematik befassen, erwartet Cineasten aber auch eine neu gestaltete Webseite mit zusätzlichen Inhalten.
Sowohl online als auch offline expandiert die Viennale 2020. Online steht den Besuchern und Besucherinnen ein großes Archiv voller Video- und Filmmaterial zur Verfügung, das erkundet und erforscht werden will. Außerdem soll ein Online-Ort für den Austausch zwischen Cineasten und Filmschaffenden kreiert werden. Offline locken fünf neue Kinosäle. Neu dabei sind Räume im Admiralkino, im Blickle Kino, im Filmcasino, im LE STUDIO Film und Bühne sowie im Votiv Kino.
Zum ersten Mal läuft 2020 der Eröffnungsfilm der Viennale in zehn teilnehmenden Kinos zur selben Zeit. In Miss Marx zeichnet Regisseurin Susanna Nicchiarelli das Porträt einer beeindruckend ungewöhnlichen Frau, die nach dem Tod ihres Vaters dessen Werk fortsetzt. Das italienische Biopic zeigt eine entschlossene Eleanor Marx, die in ihrem Kampf für mehr Arbeiter- und Frauenrechte und den resultierenden Kompromisse in der Liebe, auch viele moderne Themen vereint. Zur Eröffnungsvorstellung geben sich sowohl die Regisseurin Nicchiarelli als auch Produzent Alessio Lazzareschi die Ehre.
Die diesjährige Retrospektive der Viennale widmet sich voll und ganz dem Found Footage. Die Filmschaffenden des Genres eignen sich übriggebliebene Bildmaterialien aus den unterschiedlichsten Bereichen an und deuten sie im Kontext ihres Werks um. Szenen aus Fiktion, Dokumentation oder Industrie werden hier nach Interpretation der Künstler mit neuem Sinngehalt besetzt. In Velikiy Put (1927) konstruiert Esfir Shub etwa aus Archivmaterial die Geschichte Russlands. Und Adam Curtis argumentiert in Bitter Lake (2014) mit Material aus Archiven und TV-Nachrichten, dass der Westen ein zu simples Bild auf Islamismus propagiert.
Eigentlich dieses Jahr abgesagt, verschwindet die Grazer Diagonale doch nicht ganz von der Bildfläche. Denn zum ersten Mal kooperieren Diagonale und Viennale 2020 und stellen unter dem Motto “Die Unvollendete” neue österreichische Filme vor, die schon zum geplanten Diagonale-Start im März hätten gezeigt werden sollten. Darunter auch Sandra Wollners bei der Berlinale ausgezeichnetes The Trouble With Being Born .
Wie jede andere Großveranstaltung, muss sich die Viennale 2020 an die geltenden COVID-Bestimmungen halten. Deswegen gibt es heuer kein Festivalzentrum und die in den Kinosälen verfügbaren Sitzplätze sind stark reduziert. Reservierbar sind nur Einzel- oder Doppelplätze. Neben Print-at-Home-Karten können aber weiterhin an der Abendkassa Resttickets gekauft werden. Im Sinne des Contact-Tracings müssen E-Mail und Telefonnummer hinterlegt werden.
Um die Sicherheit aller Festivalbesucher zu gewährleisten, herrscht MNS-Pflicht in allen Locations und Abstände von einem Meter zum Umstehenden sollten gewahrt werden. Am Platz selber darf man die Maske dann abnehmen. Außerdem erfolgt der Einlass in die Kinos über mehrere Eingänge. Aber am wichtigsten: Nach Vorstellungsbeginn wird niemand mehr in den Kinosaal hineingelassen – die Tickets verlieren damit ihre Gültigkeit. Und natürlich sollte man bei Corona-Symptomen nicht am Festival teilnehmen.
Tickets für die Viennale sind seit dem 17. Oktober über die Webseite der Viennale verfügbar. Außerdem können sie telefonisch unter 01 526 594 769 und in den Vorverkaufsstellen im Metro Kinokulturhaus und im Gartenbaukino gekauft werden. Wie im Jahr davor kostet ein Einzelticket 9,50 Euro. Ermäßigte Tickets sind um 9 Euro zu haben.
Wir haben die aktuellsten Filmtipps für dich. Gerade ganz neu auf Netflix:
Trial of the Chicago 7 – Kritik
Aufmacherbild: © Viennale/Roland Ferrigato
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.