Ein Bauernhof mal anders. Wir stellen dir die Obfrau des Lebenshofes Veganimals Magdalena Juliano vor. Wie sie es schafft, Tieren ein würdevolles Dasein frei von kommerziellen Interessen zu bieten. Unsere Heldin des Monats.
von Verena Fink
„Bevor die Tiere nichts zu essen bekommen, esse ich nichts.“ An einem Freitagnachmittag machen sich zwei neugierige und aufgeregte Heldinnen auf den Weg ins nördliche Niederösterreich Die exakte Adresse dürfen wir nicht verraten, denn: „Manchmal werden bei uns anonym Katzen in den Heizraum geschoben, also keine Streunerkatzen, die will jemand loswerden.“
Wir sind am Weg zum Bauernhof Veganimals. Bezeichnen kann man den Verein auch als Lebenshof, lieber ist Magdalena allerdings die Umschreibung „Bauernhof, bei dem niemand gegessen wird“. Auf knapp 2600 m2 leben unter der Obhut von Magdalena und ihrem Mann um die 100-120 Tiere: „klassische“ Haustiere wie Katzen, Hunde, Meerschweinchen und „Nutztiere“ wie Schafe, Ziegen, Schweine, Gänse, Enten, Hähne, Fasane, Tauben oder Wachteln. Kommerzielle Nutztierhaltung lehnen die veganen Zweibeiner ab. Die beiden haben viel zu erzählen, es gibt einiges, was sie uns zeigen wollen.
Wir gehen den Hof ab, sie stellen uns die Tiere mit Namen vor, erklären uns, wo sie herkommen und wie lange sie schon hier leben. Bei den Tauben verweilen wir am längsten. Da gibt es eine Taube, die so gezüchtet wurde, dass sie beim Fliegen Purzelbäume schlägt, Brieftauben, die nicht zu ihrer/ihrem ursprünglichen „Besitzer:in“ zurückkehrten und dadurch ihren „Wert” verloren haben oder eine Taube, die aussieht, als hätte sie einen Tumor am Oberkörper. „Das wurde so angezüchtet, für die Optik.“, meint Magdalena. Man merkt, wie ihr das Thema nahe geht.
Klar ist: Veganimals ist ein Herzensprojekt. Wo die Tiere ohne den Hof wären, kann man sich ausmalen. Unsere Heldin des Monats ist die Obfrau von Veganimals Magdalena. Was genau ein Lebenshof ist, wie sie mit ihrem Mann den rein durch Spenden finanzierten Hof erhalten kann und wo du Veganimals verfolgen und unterstützen kannst, erklärt sie im folgenden Interview. Zusätzlich kannst du dir hier auch noch einen witzigen kleinen Wordrap mit ihr anschauen.
Ich bin die Magdalena und Obfrau vom Verein Veganimals, gemeinsam mit meinem Mann Gründerin vom Verein. Den Verein gibt es, weil wir irgendwann sehr viele Tiere hatten und über den Weg mit der Vereinsgründung Patenschaften sowie Spenden sammeln wollten. Unser Ziel ist es, für diese Welt da zu sein und Gutes zu tun. Wir bringen zum Beispiel auch regelmäßig Spenden bzw. Essen nach Wien zu einem Obdachlosenheim. Unsere Tiere sind der Hauptfokus, aber wir machen noch ganz viel Anderes im Hintergrund.
Ich tu mir immer super schwer mit den ganzen Begrifflichkeiten. Wir sind im Prinzip ein Bauernhof, aber bei uns wird niemand gegessen. Es leben hier Bauernhoftiere und es ist ein klassisches Bauernhofleben, nur, dass wir nicht kommerziell sind. Also wir verkaufen niemanden, wir essen niemanden und leben hier mit den Tieren.
Wir sind 2015 hergezogen und hatten ein paar Hunde, und ein paar Katzen und wollten eigentlich noch Schweine haben. Dann sind zwei Schweine dazugekommen und viele Leute haben erfahren, dass wir einen Bauernhof haben. Dann hat die erste Freundin gefragt, ob wir eine Hahnengruppe aufnehmen können. Sie hatte eine Hahnengruppe und eine Hennengruppe und musste die immer voneinander trennen. Im Endeffekt hat sie mich ein bisschen angebettelt, ob wir die nehmen können, und dann noch gemeint, sie hat zwei Tauben, die sie unterbringen müsste.
Wir haben daraufhin am Anfang einfach das Schweinegehege zugenetzt und die Hähne und die zwei Tauben dazugenommen. Anschließend kam eine Anfrage für Ziegen herein und für einen Schwan. Die Ziegen waren ein Notfall, der Besitzer ist eine Woche später verstorben. So war es bei vielen Tieren. Dass es einen Notfall gab oder wir einfach nicht nein sagen konnten. Bei Fridolin zum Beispiel war es auch so, eine Bekannte hatte geschrieben, dass sie ein süßes Babyschwein hat. Eigentlich hatten wir absolut keine Kapazitäten für ein weiteres Schwein – dann haben wir aber das Foto vom Friedolin gesehen und es war um uns geschehen.
Ich hatte immer schon Katzen und wollte auch immer einen Hund haben. Als ich noch in Wien gelebt habe, habe ich mit Katzen und einem Hund zusammengewohnt. Ich bin vor 11 oder 12 Jahren vegan geworden und hätte am liebsten auch einfach Schweine gehabt. Schweine sind supersüß, die sind quasi wie Hunde. Ich wollte auch früher Tierärztin werden, den Bezug zu den Tieren hatte ich schon immer. Ich habe das Gefühl, dass wenn man vor allem aus ethischen Gründen vegan wird, man noch einen stärkeren Bezug zu Tieren aufbaut. So war es auch bei mir und ich bin im Laufe der Zeit draufgekommen, dass ich viel mit Geflügel anfangen kann.
Einige Menschen haben keinen Draht zu Geflügel, weil sie nicht so viel Mimik haben, man sie schwerer lesen kann. Manche denken sogar, dass sie dumm sind. Puten sind „schiach“ und man kann sie deswegen essen – viele wissen gar nicht, wie schlau diese Tiere sind. Bei den Tauben habe ich oft beobachtet, was für ein tolles Sozialverhalten sie haben und auch bei Hühnern ist es so – die Hähne fallen unter meine Lieblingstiere, weil sie so besonders sind, so charakterstark. Wir mögen alle Tiere gern, nur manche halt ein bisschen gerner. *lacht*
Bei den Tauben habe ich oft beobachtet, was für ein tolles Sozialverhalten sie haben und auch bei Hühnern ist es so – die Hähne fallen unter meine Lieblingstiere, weil sie so besonders sind, so charakterstark.
Magdalena über die Intelligenz von Geflügeltieren
Ich arbeite grundsätzlich Vollzeit und mein Mann ist den ganzen Tag da. Die „Freizeit“ ist geprägt von putzen, wir müssen zum Tierarzt fahren, also man muss Tiere, wenn sie krank sind, versorgen, das sind alles Arbeiten, die kriegt man gar nicht so mit. Es ist nicht das Füttern, das viel Arbeit macht. Es ist das Sorgen, dass Putzen, das Kümmern, das Futter beschaffen, das Futter wegräumen, Spenden abholen und sortieren. Es ist eine Buchhaltung zu führen, wir müssen schauen, dass immer für alle genug da ist, dass alle gut versorgt sind. Es spielt natürlich auch viel emotionale Arbeit mit. Ich betreue dann außerdem noch unsere Social Media Kanäle.
*lacht* Das ist schön, dass das so ausschaut, das ist super viel Arbeit und ich wünschte, ich würde mir leichter tun damit. Diese Algorithmen sind furchtbar und ich versuche mich immer wieder damit anzufreunden. Viele wünschen sich, dass wir mehr von unserem privaten Leben teilen, das wollen wir nicht – ich weiß aber, dass das sicher viel mehr Follower bringen würde. Spannend ist auch auf Social Media, wie die Likes verteilt werden.
Es werden immer mehr Säugetiere als Vögel „geherzt“ und dann vor allem Hunde und Katzen. Mit Hunden und Katzen geht alles – wenn ein Mensch oben ist, dann ist das sowieso super. Schafe kommen auch gut an, Schweine kurz danach, und dann sinkt es. Geflügel bekommen noch mittelgutes Interesse, die Tauben sind dann schwächer und die Gänse haben am wenigsten Paten. Sehr spannend zu beobachten, wie sich das abstuft.
Wir bekommen staatlich gar nichts. Der Staat ist froh, dass das Privatpersonen machen. Wir bewerben uns aber immer wieder, wenn es Aktionen oder Wettbewerbe gibt, bei denen Vereine mitmachen können. Zum Beispiel dieses Jahr sind wir wieder bei Christkind für Tierheimtiere dabei, da bekommen wir Futter für die Tiere und das hilft uns enorm. Da freuen sich auch alle Leute, weil man den Tieren Geschenke bringen kann. Kosten fallen aber bei uns grundsätzlich genug an. Nicht nur für Futter, sondern auch für Benzin, Strom, Wasser, vor allem wegen der Wassergeflügel, Technik, Heu oder Stroh. Wir haben keine Kapazitäten, dass wir ein Jahr lang Heu lagern können.
Bezüglich der Spenden haben wir auch eine Amazon Wunschliste eingerichtet, aber das Futter, das wir uns da wünschen können, ist im Verhältnis zu dem, was wir beim Lagerhaus zahlen, sehr teuer. Die Leute möchten gern über die Amazon Wunschliste spenden, was ich auch voll verstehen kann. Man kann sich aussuchen, was gespendet wird. Dann bekommen wir halt manchmal drei Kilo von einem „fancy“ Taubenfutter, und die Tauben freuen sich ur, aber das kostet dann, ich weiß nicht genau, vier Euro der Kilo und wir zahlen im Lagerhaus 2 Euro für dieselbe Menge.
Grundsätzlich planen wir immer Ende des Jahres unser gesamtes nächstes Jahr und versuchen auch immer Besuchstage miteinzuplanen. Dieses Jahr hatten wir einen Besuchstag, da war die Rückmeldung nicht besonders hoch. Ich glaube, es ist auch schwierig, dass man einen guten Zeitpunkt findet. Es sollte im Sommer sein, denn bis Mai ist es meistens unbeständig und danach sind leider viele schon auf Urlaub. Es ist schwierig dann einen guten Termin zu finden.
Was wir aber gerne machen und was mittelmäßig gut angenommen wird, sind Patenbesuchstage – also wir haben Paten für unsere Tiere und die haben das exklusive Recht bzw. dieses Angebot, dass sie zu uns auf den Hof kommen könnnen. Da gibt es dann mehrere Tage, die wir anbieten, damit es sich für die Patinnen und Paten gut ausgeht, da sind wir sehr bemüht drum. Wir schauen immer, dass wir uns extra viel Zeit nehmen, dass sie ihr Patentier gut kennenlernen können. Den Menschen, die diese Patenschaften übernehmen, sind wir sehr dankbar und so ein Besuchstag ist etwas, was wir zurückgeben können.
Den Menschen, die diese Patenschaften übernehmen, sind wir sehr dankbar und so ein Besuchstag ist etwas, was wir zurückgeben können.
Magdalena über Tier-Patenschaften
Das ist super schwer abzuschätzen, ich hab keine Ahnung. *lacht* Ich würd sagen, ungefähr die Hälfte der Tiere ist bepatet, allerdings nicht vollbepatet. Da ist nicht zu 100 % abgedeckt, was notwendig ist. Abgesehen davon, was pro Tier notwendig ist, gibt’s sehr viele versteckte Kosten, die wir in keine Patenschaft reinrechnen können.
Es geht einfach nicht anders. Wenn ich mir denke, ich müsste jetzt mein Gehalt auch noch über Spenden reinbringen, damit ich hier sein kann, das geht einfach nicht. Es wäre natürlich super, denn dann würde das Schweinegehe nicht gefühlt fünf Jahre lang dauern, sondern wäre um einiges schneller fertig. Wenn man die Spender fragt, würdet ihr ein Gehalt bezahlen, dann kommt aber immer nein, nein nein – wir würden gerne Futter für die Tiere bezahlen aber ein Gehalt ist zu viel. Bei vielen Lebenshöfen sind die Leute Vollzeit dort und aus meiner Sicht ist das zu 100 % verständlich, auch wenn sich die Spender damit sehr schwer tun.
Das Schweinegehege fertig bringen. *lacht* A never ending story! Ansonsten sind es sehr utopische Wünsche. Wir würden uns wünschen, dass es keine Tierindustrie mehr gibt, damit wäre quasi alles, was wir hier machen, nicht notwendig. Es wäre schön, wenn man Tiere nicht mehr vor dem Schlachthof retten müsste.
Genau, ganz unterschiedlich. Sie haben verschiedene Geschichten, im Prinzip sind sie mehr oder minder alle aus dem Tierschutz. Die Gänse sind zum Beispiel freigekauft, das ist dann immer so eine schwierige Diskussion im Tierschutz, aber das Leben ist nicht in Geld aufzuwiegen. Acht unserer Hähne wurde auch ausgesetzt, im Wald oder direkt auf der Bundesstraße, die sind eingefangen worden und zu uns gekommen. Ein Teil der Hähne ist von Menschen, die es gut meinten, die ein Küken aufziehen wollen, das Küken dann aber aggressiv wurde und die Leut Angst bekommen haben. Dann wenden sie sich auch an uns, weil sie nicht zurecht kommen.
Vor allem die Hähne haben sehr viele Geschichten, die kommen von ganz unterschiedlichen Orten. Oft ist einfach Not da, bei Privatpersonen oder auch bei Tierschutzvereinen. Unter den Tierschutzvereinen gibt es oft stille Post und wenn ein Tierschutzverein bei uns anfragt und wir dann auch noch jemanden persönlich kennen, ist es ganz schwierig, nein zu sagen.
Gibt es schon! Es gibt noch den Hof Sonnenweide im Burgenland oder Gut Rannerjosl in der Steiermark, dann weiß ich es schon nicht mehr. Aber ja, es gibt schon ein bisschen was um Wien herum. (Anm: wenn dich Lebenshöfe in Österreich interessieren, hier eine Liste der Veganen Gesellschaft.)
Wenn du Veganimals unterstützen willst, schau am besten bei ihren Sozialen Medien vorbei: Instagram, Facebook, TikTok. Eine Patenschaft ist ab einem Euro pro Monat möglich.
Jedes zweite Monat berichten wir für dich über beeindruckende, herausragende Persönlichkeiten. Lies hier ihre besonderen Geschichten.
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