Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass wir die disfunktionale Superheldenfamilie der Umbrella Academy zuletzt zu Gesicht bekamen. Wie sie sich in der zweiten Staffel schlagen und ob sie an die Qualität der ersten Staffel anküpfen können, verraten wir euch in unserer Kritik.
von Peter Huemer
29. Juli 2020: Der Weltuntergang ist verschoben. Selbst mit vereintem Einsatz konnten die Helden ihre mit ihren neu entdeckten Kräften überforderte und (verständlicherweise) wütende Schwester Vanya nicht davon abhalten, den Mond in die Luft zu jagen. Um dem sicheren Tod zu entkommen, sprang die Umbrella Academy geschlossen durch ein Zeitportal. Und da fangen die Probleme erst richtig an. Wir verraten euch, ob die Story weiter so verrückt und interessant bleibt.
Wer eine kleine Auffrischung braucht, findet hier unsere Kritik zur ersten Staffel.
Da Nummer 5 seine Zeitreisefähigkeiten nicht ganz im Griff hat, landen die einzelen Charaktere jeweils einige Monate auseinander in Dallas Texas. Klaus (Robert Sheehan) und Ben im Jahr 1960, Allison (Emmy Raver-Lampman) 1961, Luther (Tom Hopper) 1962, Diego (David Castaneda) ebenfalls 1962, Vanya (Ellen Page) und Nummer 5 (Aidan Gallagher) 1963 – gerade rechtzeitig, um einen Atomangriff auf die USA mitzuerleben. Im letzten Moment erscheint Hazel und schickt ihn zehn Tage weiter in die Vergangenheit. Nun gilt es also für Nummer 5 seine Familie zu finden und erneut einen Weltuntergang zu verhindern. Zeitreisen gehen schließlich niemals problemlos vonstatten.
Die Fünf exzentrischen Helden haben sich mittlerweile in ihrer neuen Lage mehr oder weniger eingefunden. Das macht sie nicht unbedingt leichter zu finden. Klaus hat beispielsweise eine Sekte gegründet und sich zu deren Guru aufgeschwungen und Diego sitzt in einer Irrenanstalt. Außerdem ist wieder einmal nicht klar, was das Ende der Welt überhaupt auslöst. Nur einen Hinweis gibt es – alles scheint sich auf irgendeine Art und Weise um die Ermordung von John F. Kennedy zu drehen, die in wenigen Tagen geschehen soll.
Zweite Staffeln haben meist den Luxus, ihre Story auf bereits etablierten Charakteren aufbauen zu können. Genau das ist auch hier einer der stärksten Aspekte. Wo die erste Staffel viel Zeit für die Beschreibung der Welt aufwenden musste, die Charaktere einführte und ihre grundlegenden Persönlichkeiten präsentierte, kann die zweite Staffel ihnen Tiefe verleihen. Da passt es perfekt, die Helden ins kalte Wasser einer für sie fremden Zeit zu werfen. Das führt zu tollen Story-Twists und großartigen Charaktermomenten. Witz und Emotion bekommen damit oft eine weitere Dimension, die der ersten Staffel teilweise gefehlt hat. Und weil es die schrägen Figuren sind, die The Umbrella Academy tragen, ist das genau, was die Serie gebraucht hat.
Der Cast liefert wie schon in der ersten Staffel eine herausragende Leistung ab. Klaus ist wieder das Highlight. Aber diesmal können sich auch einige beweisen, die in der letzten Staffel etwas blass geblieben sind. Diego zum Beispiel, der seine Verschrobenheit rauslässt. Sein Konflikt mit dem eigenen Helden-Komplex ist sehr gut gelungen. Was am Schauspiel gut war, bleibt gut, und alles andere hat sich verbessert. Natürlich gibt es immer noch viele Stellen mit ziemlichem Over-Acting, was aber der Hochstilisierung geschuldet ist und den komödiantischen Anteil wunderbar unterstreicht.
Für eine Netflix-Serie sind die Computereffekte in The Umbrella Academy erstklassig. Zwar sieht man dem CGI seine Künstlichkeit in den großen und effektbeladenen Szenen jederzeit an, aber dafür wurde alles comicartig genug konzipiert, um stets ins Gesamtbild zu passen. Mit einem riesigen Marvel-Blockbuster oder dergleichen können die Effekte natürlich nicht mithalten. Das kann man der Serie bei einem Bruchteil des Budgets aber schwer vorhalten.
Die zweite Staffel von The Umbrella Academy kann die erste Staffel noch einmal übertrumpfen. Die Serie hat sich in fast jedem Aspekt gesteigert und schafft es sogar, dem Fluch zu entkommen, der viele Serien befällt: Das Zeitschinden, um die Handlung zu dehnen. Die Story bewegt sich ständig in gutem Tempo vorwärts, ohne an wichtigen Charaktermomenten vorüber zu hetzen. Vielleicht hätte man gegen Ende den ein oder anderen Schlänker weniger machen können. Alles in allem ist es eine tolle Fortsetzung!
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Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.