In der vierten Staffel von True Detective bekommen es die Ermittler mit dem Übernatürlichen hoch oben im Norden Alaskas zu tun. Ob es sich auszahlt bei der starbesetzten HBO-Serie mit Jodie Foster und Kali Reis ab 15. Jänner (hierzulande auf Sky zu sehen) reinzuschauen, können wir euch in unserer Kritik verraten.
von Susanne Gottlieb
12. Jänner 2024: Vor zehn Jahren begeisterte die Serie True Detective von Nic Pizzolatto erstmal das Publikum. Damals ermittelten noch Woody Harrelson und Matthew McConaughey. Seither hat sich bei der fünffach Emmy-prämierten Serie viel im Cast, aber auch in den Kritiken getan. Jede Staffel erzählte eine neue Geschichte, nicht jede war bei den Fans erfolgreich.
Die vierte Staffel True Detective: Night Country stammt erstmals nicht aus der Feder von Pizzolatto selbst, sondern die Mexikanerin Issa López war federführend in der Konzeption und Produktion Diesmal geht es auch von reinem Gesellschaftsdrama in das Übernatürliche. Geisterwelten, Legenden, die Polarnacht als Backdrop für eine besonders schaurige Geschichte. Warum ihr True Detective: Night Country auf jeden Fall schauen solltet, erfahrt ihr hier.
In den eisigen Kälten des nördlichen Alaskas, nahe der Stadt Ennis, befindet sich die Forschungsstation Tsalal. Es ist der letzte Tag vor der langen Nacht, der Polarnacht, als etwas die Station heimsucht, und die Forscher verschwinden. Drei Tage später nimmt sich Polizeichefin Liz Danvers (Jodie Foster) des Falls an. Die zynische, menschenfeindliche Polizistin hat zwar keine Lust auf diese düstere Geschichte, will aber auch nicht, dass er nach Anchorage ausgelagert wird. Doch als eine Einsiedlerin die Leichen nackt, erfroren und mit Angst verzerrten Gesichertn im Eis findet, ist bald klar, dass hier etwas Größeres im Gange ist.
Ebenso auf den Plan ruft dieser mysteriöse Fall die First Nation Polizistin Evangeline Navarro (Kali Reis). In der Station wurde ebenfalls eine Zunge gefunden. Sie stammt von einem alten Fall, einer ermordeten Aktivistin, der Navarro nie losgelassen hat. Die beiden resoluten Frauen beginnen zaghaft miteinander zu ermitteln. Aber so sehr Danvers diese Tat auch rationalisieren will, etwas Älteres, Magischeres ist hier mit am Werk. “Sie ist erwacht”, waren die letzten Worte eines Stationsmitglieds. Und auch Navarro hat immer öfter Visionen von Geistern, die vor dem anrückenden “Night Country” warnen.
Eisige Kälten, tiefe Nacht, die ungenaue Schwelle zwischen den Lebenden und den Toten – ein Krimi in Alaska bietet sich hervorragend an, die rein physische Ebene zu verlassen und ins Reich der Toten hinabzusteigen. Issa López, die hier die kreative Leitung von Nic Pizzolatto übernommen hat, nutzt die metaphysische Ebene gekonnt, um eine dichte Atmosphäre aus Korruption, Isolation, Identitätsfragen und Schmerz zu schaffen.
Ihre Geschichte ist nicht nur die eines brutalen Mordes, der gelöst werden muss. Einer Gesellschaft und ihrer Schwächen. Sie ist auch eine von Trauma, von Verlust, von Mutterinstinkt und dem Los, eine (indigene) Frau im hohen Norden zu sein. Trotzdem wird diese übernatürliche Ebene, die vor allem von den Frauen wahrgenommen wird, nie exotisiert. Indigene Kultur ist kein Fetisch, sondern ein Überlebenskampf inmitten von jenen, die das Land verpesten oder Traditionen nicht respektieren. In manchen Momenten mag es vielleicht zu viel wirken. Aber da Lopez auf keine billigen Schockermomente mit Untoten setzt, vergibt man das der Serie gern.
Vielmehr erinnert True Detective Staffel 4 wie eine Hommage an vorrangegangene Schocker und Dramen in abgeschotteten Gemeinschaften im Eis. Ob nun Das Ding aus einer anderen Welt oder Fräulein Smillas Gespür für Schnee, die Serie navigiert geschickt ihren sozialen Kommentar und die fantastischen Elemente und saugt einen in die ewige Finsternis der langen Nacht. Jodie Foster hat es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, vor allem harte Frauenfiguren zu spielen. Auch ihre Danvers ist eine gebrochene, eiskalte Frau. Kali Reis hingegen ist ihr in Welten wandelnder Gegenpart, der nicht nur eine schwere Vergangenheit hat, sondern auch eine übernatürliche Gabe, die nicht ignoriert werden will.
Besonders aufmerksame Augen werden vielleicht noch merken, dass die Ortschaft eigentlich wenig amerikanisch aussieht. Gedreht wurde in Island. Die Serie macht sich die ewige Dunkelheit, die sporadischen Lichtquellen geschickt zu Nutze. Hier muss man keine Sorge tragen, am Fernseher oder am Laptop einfach nur in dunklen Pixelmatsch zu starren. Night Country mag sich anders anfühlen als die vorangegangenen Staffeln. Doch es spricht nichts dagegen, auch einmal aus der Box auszubrechen, wenn es die Geschichte verlangt.
True Detective: Night Country mag ein paar Mal zu oft auf die übernatürliche Schiene setzen, ist aber ein stimmiger, feministischer Beitrag zum Leben im hohen Norden und der Realität indigener Frauen.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.