In Triple Frontier kämpfen sich Ben Affleck und Oscar Isaac als alternde Ex-Elitesoldaten auf eigene Faust durch den Dschungel. In nicht ganz selbstloser Mission stellen sie sich Drogenhändlern und den Kräften der Natur. Ob der Netflix-Film trotz seiner turbulenten Produktionsgeschichte überzeugen kann, verraten wir euch in unserem Review.
13. März 2019: Triple Frontier schafft es endlich aus der Produktionshölle. Schon 2010 hätten die Arbeiten an dem Film beginnen sollen. Damals waren noch Tom Hanks und Jonny Depp für die Hauptrollen vorgesehen. Alles kam anders, das Projekt wurde verschoben und immer wieder die Darsteller ausgetauscht, bis wir nun endlich das Action-Drama zu sehen bekommen.
Trotzdem ist Triple Frontier in seiner verspäteten Fassung ein guter und unterhaltsamer Film geworden. Warum man ihm kaum anmerkt, dass er anfangs ganz anders hätte aussehen sollte, lest ihr in unserer Kritik
Santiago “Pope” Garcia (Oscar Isaac) ist ehemaliger Elitesoldat und arbeitet als Polizeiberater in Brasilien. Er verzweifelt an der Korruption seiner Kollegen und der Übermacht und dem Reichtum des Drogenbosses Lorea (Reynaldo Gallegos). Deshalb überredet er vier seiner früheren Kollegen Tom “Redfly” Davis (Ben Affleck), William “Ironhead” Miller (Charlie Hunnam), Ben Miller (Garrett Hedlund) und Francisco “Catfish” Morales (Pedro Pascal) zu einer illegalen Mission. Die Fünf schleusen sich nach Brasilien ein und planen in Loreas geheime Villa im Urwald einzudringen, ihn zu erschießen und die dort gelagerten 75 Millionen Dollar zu stehlen. Die fünf Freunde sehen sich als Helden, die das Land von Lorea befreien und dafür endlich einmal fair bezahlt werden. In ihrem zivilen Leben fehlt ihnen Geld und Respekt, weshalb sie sich auch nicht schwer überzeugen lassen.
Zuerst läuft alles glatt. Dann gehen bald alle wohl erdachten Pläne zu Bruch und die Gruppe sieht sich gestrandet im Dschungel den Elementen und gnadenlosen Verfolgern ausgesetzt. In Triple Frontier stecken zwei Filme in einem. Die Story verändert sich in Stil und Ablauf in der zweiten Hälfte. Aus einem Action-Drama wird ein psychologischer Kriegsfilm, in dem die besten Freunde und man selbst die größte Gefahr darstellen.
Obwohl Kaliber wie Tom Hanks, Jonny Depp oder Tom Hardy über die Jahre hinweg das Projekt verlassen haben, ist Triple Frontier immer noch starbesetzt. Hätte ihn statt Netflix ein anderes Studioaus der Versenkung gehoben, hätte man den Film sicher als großen Kinoblockbuster vermarktet. Die Rollen sind ideal besetzt. Ben Affleck, Oscar Isaac und Co. haben nicht nur das perfekte Alter und Auftreten um die gealterten Elitekämpfer zum mimen, sondern transportieren auch deren Frust, Selbstbetrug und Gier glaubhaft. Sie wechseln flüssig zwischen Identifikationsfiguren und Bösewichten hin und her.
Als Zuschauer ist man sich nie sicher, ob man zu ihnen halten oder ihre Taten verurteilen soll. Der Film ist stets großartig ambivalent, obwohl das doch etwas zahnlose Ende diesen Effekt leider abschwächt. Die Spannung und ein Schockmoment kurz vor dem Finale macht das aber wett.
Lange reden sich die fünf Protagonisten ein, das Richtige zu tun und das Land von einem Tyrannen zu befreien. Das Geld, das sie dabei erbeuten wollen, sehen sie als gerechten Lohn für ihren jahrelangen Dienst an den USA an. Sie fühlen sich im Stich gelassen, gehen unbefriedigenden Berufen nach, mit denen sie kaum ihre Rechnungen bezahlen können. Außerdem sind sie gelangweilt und vermissen die Aufregung ihrer Dienstzeit.
All das treibt sie zu ihrer Unternehmung und ist im Film auch nachvollziehbar und glaubwürdig. Genauso wie die Wandlungen, die sie allesamt im Lauf der Handlung vollziehen. Dass sie es besser wissen, ist klar. Sie wollen es nur nicht wahr haben. Sie sind keine Helden, sondern Diebe, die von Dieben stehlen. Je mehr das Abenteuer aus den Fugen gerät, umso drastischer werden die Mittel zu denen die Protagonisten greifen. Triple Frontier ist im Grunde eine Geschichte von Gier und ihrer unabwendbaren Folgen. Auf dieser Ebene funktioniert der Film hervorragend, da kaum ein Charakter eindimensional bleibt, niemand einfach Böse oder Gut ist.
All das wird mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen hinterlegt. Der Dschungel, die Anden und die chilenische Küste stehlen der Handlung zeitweise die Show. Während die Panoramen Schönheit vermitteln, werden die gleichen Paradiese in den Nahaufnamen und Actionszenen zu feuchten und düsteren Gefängnissen. Auch hier zeigt sich die Ambivalenz des Abenteuers. Von Weitem betrachtet kann es heldenhaft wirken, von Nahem zeigt sich seine Verdorbenheit. Setting und Handlung erinnern ein bisschen an Sicario (hier unsere Kritik zu Teil 2) und Narcos.
Triple Frontier ist ein gelungenes Action-Drama, das auf mehreren Ebenen funktioniert. Es ist eine Sühne-Fabel und ein Heist-Movie, ein Ensemble-Actionfilm und Drogen-Thriller. Obwohl stellenweise die einzelnen Elemente etwas zu kurz kommen und die Schauspieler sich nur streckenweise voll entfalten können, formt der Film in den zwei Stunden Laufzeit ein stimmiges Ganzes. Triple Frontier ist kein Meisterwerk, aber ein rundum solider Film, der jedem ans Herz gelegt sei, der bereit ist sich auf die Thematik einzulassen.
Hier unsere Netflix-Reviews im Überblick:
Auslöschung
Bird-Box
Cargo
Die Woche
How It Ends
Mogli
Outlaw King
Private Life
Sierra Burgess Is A Loser
The Ballad Of Buster Scruggs
The Christmas Chronicles
To All The Boys I’ve Loved Before
Alle Fotos: (c) Netflix
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.