Auch abseits von DC und Marvel existieren reiche Comicwelten – wie die von Dark Horse Comics. Die wird uns bei der neuen Netflix-Serie The Umbrella Academy präsentiert. Wie sich die Helden schlagen, lest ihr in unserem Review.
von Peter Huemer, 17. 2. 2019
In der stylischen Comic-Adaption dominiert der Plot über die Action. Auch Superhelden waren einmal Kinder, haben ihre eigenen Sehnsüchte und Ängste. Doch wenn die ganze Welt auf dem Spiel steht, müssen sie sich am Riemen reißen.
Wir haben die ganze Staffel bereits vorab für euch geschaut. Welche Stärken die Netflix-Produktion ausspielt, aber auch welchem Kryptonit sie sich nicht entziehen kann, lest ihr in unserer Kritik. Übrigens: Hier findest du bereits unser Review zu Staffel 2 von The Umbrella Academy.
1989 werden (über die gesamte Welt verteilt) dreiundvierzig Kinder geboren, ohne dass ihre Mütter vorher schwanger gewesen sind. Die Babys verfügen über Superkräfte und der exzentrische Milliardär Reginald Hargreeves versucht sie allesamt zu adoptieren, um sie zu einem Team von Superhelden zu formen. Sieben davon bekommt er auch. Mit ihnen als Schüler gründet er die Umbrella Academy. Sie wachsen unter hartem Training im Haus des Milliardärs auf – unter der Obhut eines genetisch manipulierten Affenbutlers und einer menschenähnlichen Roboter-Frau, die sie Mum nennen.
Hargreeves Plan schlägt aber fehl. Im Teenageralter lösen sich die Schützlinge einer nach dem anderen von ihrem lieblosen Zuhause und zerstreuen sich. Einer von ihnen verliert sogar auf ungeklärliche Weise sein Leben. Nummer 5 (die Kinder erhielten von Hargreeves Nummern statt Namen) geht im Lauf einer missglückten Zeitreise verloren. Der plötzliche Herztod des Milliardärs bringt sie 2019 gemeinsam zurück in die Academy. Die sechs Verbliebenen sind allesamt nicht gut aufeinander zu sprechen.
Vor dem Begräbnis erscheint plötzlich der in der Zeit verschwundene Nummer 5. Während alle mittlerweile erwachsen sind, steckt Nummer 5 in seinem zwölfjährigen Körper fest. Er behauptet, die Zukunft gesehen zu haben und dass in acht Tagen die Welt untergehe. Die Helden müssen nun den Grund dafür finden und die Katastrophe verhindern. Doch wegen ihrer Kindheitstraumata fällt ihnen die Zusammenarbeit schwer. Außerdem stehen schon Feinde bereit diese Schwächen für ihre geheimen Ziele auszunutzen.
Lobenswert: Die Hauptdarsteller in The Umbrella Academy liefern durchwegs gute Leistungen ab. Aus den sechs ehemaligen Schützlingen des Milliardärs Reginald Hargreeves (Colm Feore) – Vanya (Ellen Page), Nummer 5 (Aidan Gallagher), Luther (Tom Hopper), Diego (David Castaneda), Allison (Emmy Raver-Lampman) und Klaus (Robert Sheehan) – sticht Robert Sheehan mit seiner großartigen Leistung aber besonders heraus.
Sheehans Klaus ist verrückt, überdreht und getrieben, aber gleichzeitig nuanciert, traurig, verzweifelt und zutiefst bemitleidenswert. Alle diese Facetten entringt er der Rolle innerhalb weniger Szenen und bringt damit eine komplexe Entwicklung auf den Bildschirm. Aus der Riege der Bösewichte überzeugt Hazel (Cameron Britton, Mindhunters) als einer der liebenswürdigsten Antagonisten der letzten Zeit.
Die Handlung von The Umbrella Academy beginnt hingegen etwas schleppend. Nur der scheinbar nahende Weltuntergang sorgt für Spannung. Auch die auf den ersten Blick ziemlich unsymphatischen Protagonisten tragen dazu bei. Erst nachdem wir die Charaktere langsam kennenlernen, können wir mit ihnen fühlen und sie werden zu echten Sympathieträgern.
Zumindest Vanya (Ellen Page) taugt gleich von Beginn als Identifikationsfigur. Sie scheint als einzige der sieben gesammelten Kinder keine übernatürlichen Fähigkeiten zu haben, litt daran ihr Leben lang und wurde von den anderen ausgeschlossen. Hat man den langsamen Anfang allerdings überstanden, überschlagen sich die Ereignisse plötzlich. Ein wenig Action und mehrere Handlungs-Twists sorgen für Abwechslung. Leider werden diese meist gleich ein wenig zu genau erklärt und spätere Szenen, die sie weiter enthüllen sollen, sind dann nur noch wenig überraschend. Trotz ihrer erzählerischen Mankos ist die Handlung selbst stark und kann das Interesse zu jedem Zeitpunkt auf sich ziehen.
Außerdem ist sich The Umbrella Academy seiner visuellen Coolness stets bewusst. Die Effekte haben meistens Kino-Niveau, die musikalische Untermalung reißt mit und die Kameraführung ist kreativ und ausgefallen. Hin und wieder bemüht man sich zu sehr etwas stylisch in Szene zu setzen und verwirrt sich ein wenig darin.
The Umbrella Academy ist eine gelungene Superhelden-Serie, die sich großteils abseits der gängigen Klischees bewegt. Die Schauspieler tragen die spannende Handlung gut und die Special-Effects sind hochklassig. Bis auf eine handvoll Schwächen weiß die Netflix-Produktion zu überzeugen und jedem Comic-Fan und Freund emotionaler und groß angelegter Geschichten wärmstens zu empfehlen. (ph)
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Alle Fotos © Christos Kalohoridis/Netflix
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.