James Gunn transferiert seinen pointierten Humor und sein kreatives Chaos vom MCU zu DC. Sein The Suicide Squad ist manchmal etwas zu laut, zu vollgestopft, zu durcheinander, macht aber höllisch Spaß. Ein R-rated Film, der seinen Erwartungen gerecht wird.
von Susanne Gottlieb
4. August 2021: Vier Jahre nach dem mäßig erfolgreichen Suicide Squad von David Ayer versucht es Warner Brothers nun mit einem Soft Reboot. James Gunn, der aufgrund von alten, nicht ganz akzeptablen Tweets vorübergehend von Disney und Guardians of the Galaxy gefeuert worden war, stieß als neue kreative Kraft in dieses Universum. Wie schon andere vor ihm hieß das, weg vom schwerfälligen “Superhelden sind Götter” Mythos eines Zack Snyders und hin zu mehr Spaß und Chaos.
Ab heute ist The Suicide Squad im Kino zu sehen. Wir verraten euch, ob sich der Film lohnt. Eine Vorschau auf die weiteren Kino- und Streaming-Kracher im August findest du hier.
Seit der Mission aus dem ersten Film hat sich für die brutale, zwielichtige Amanda Waller (Viola Davis) nichts verändert. Sie rekrutiert noch immer Bösewichte für ihr Spezialteam, teils gegen ihren Willen und mit Erpressung, um in tödlichen Missionen die Welt zu retten. Den Mitgliedern wird weiterhin ein Chip in den Kopf gepflanzt, sollten sie fliehen wollen, zerfetzt er ihnen den Körper.
Neben Rückkehrern Harley Quinn (Margot Robbie), Rick Flag (Joel Kinnaman) und Captain Boomerang (Jai Courtney) gibt es einen wahren Überfluss an neuen Figuren unter den Suicide Squad Mitgliedern. Da wären unter anderem Bloodsport (Idris Elba), Peacemaker (John Cena) oder King Shark (Sylvester Stallone). Die Truppe muss die Insel Corto Maltese (einen Kuba-Abklatsch) infiltrieren, da die USA seit der Übernahme einer Militärdiktatur Angst haben, ein übernatürliches Geheimwaffenprojekt könnte gegen sie verwendet werden.
Somit kämpft der Squad nicht nur gegen lateinamerikanische Diktatoren. Sondern auch gegen verrückte Wissenschaftler (Peter Capaldi), seine eigenen Unstimmigkeiten und bestialische Gegner. Eine Mission, so tödlich wie aufregend.
James Gunn beweist abermals, dass er mit seinem bombastischen und an manchen Stellen fast anarchischen Humor aus so ziemlich jeden Material ein unterhaltsames Gag-Feuerwerk zaubern kann. Immerhin hatte er es schon geschafft, aus den weniger bekannten B-Figuren der Guardians einen Kinohit zu formen. Hier geht er, im Vergleich zum MCU, etwas verschwenderischer mit seinen Figuren um. Die Cast-Liste liest sich wie ein Who’s Who in Hollywood, und es ist klar, dass nicht alle es bis zum Ende des Films schaffen werden. Das lässt den Film manchmal ein wenig überladen wirken. Er bietet Gunn aber auch ein perfektes Vehikel, um die Fans an der Nase herumzuführen.
Denn bei aller Verrücktheit ist Gunn auch ein Romantiker. Die Botschaft, die hier vermitteln will: Selbst die abstoßendsten Mitglieder der Gesellschaft haben eine Bestimmung auf dieser Welt. Bestes Beispiel ist die Figur Ratcatcher 2 (Daniela Melchior), die für ihre Superkraft Ratten-Kontrolle zuerst von den anderen ausgelacht wird. Doch, wie ihr Vater schon richtig feststellte. “Wenn selbst Ratten einen Sinn auf dieser Welt haben, dann wir auch.” Und nützlicher als all die schicken Paradiesvögel, die so angenehm fürs Auge sind, sind sie allemal. Denn Vögel scheinen in diesem Film kein besonders langes Leben zu haben.
Diese Verweigerung,in klassischen Gut und Böse Terminologien zu denken, zieht sich durch den ganzen Film. Zwar sind Figuren wie Capaldis The Thinker durch und durch Psychopathen. Doch Gunn interessiert sich meist nicht dafür, hier Stellung zu beziehen. Seine Charaktere und Institutionen sind Individuen, die aufgrund ihrer Kummulation an Entscheidungen ihre Stellung beziehen. Die verrückte Ausgangslage, dass Amanda Waller und die US-Regierung diese Figuren mit der Aussicht auf den Tod dazu zwingen, an diesen Missionen teilzunehmen, beleuchtet er kritischer. “Du hast Gutes” in dir, meint Ratcatcher 2 immer wieder zu Bloodsport. Aber hier geht es nicht um eine kitschige Redemption Arc. Hier geht es einfach darum, im richtigen Moment die angebrachte Entscheidung zu treffen.
The Suicide Squad ist ein teils hektischer, aber stets unterhaltsamer Film, der um Welten besser als sein Vorgänger funktioniert. Fast stellt sich die Frage, wie man diese durchgeknallte Prämisse noch weiter toppen könnte.
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Fotos: (c) Warner Brothers
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.