Manche Franchises taumeln, andere tuckern unbeirrt weiter. Auch der jüngste Film aus dem Conjuring-Universum wird die Massen anziehen. Vielleicht nicht ob seiner Brillanz, aber dafür für seinen Unterhaltungswert. Mehr in unserer The Nun 2 Kritik.
von Susanne Gottlieb
20. September 2023: Wenn die Helden des Conjuring-Universums, das paranormale Ermittler-Ehepaar Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) eines geschaffen haben, dann eine große Fülle an übernatürlichen Bösewichten anzusammeln, denen sie sich stellen müssen. So hatte schon die böse Puppe Annabelle drei eigene Filme, nun bekommt die Nonne, ein Gegner aus dem zweiten Conjuring-Film, ihren zweiten.
Während Marvel, DCEU, Indiana Jones, Fast & Furious und andere Franchises dieses Jahr eher taumelten, wird sich noch zeigen, ob dieses Schicksal bald auch das Conjuring-Universum ereilen wird. Einerseits unwahrscheinlich, weil The Nun 2 erst der achte Film in zehn Jahren ist. Ermüdung entsteht eher durch Übersättigung. Zum anderen, weil der Film nicht eine leblose Fortsetzunggeschichte wie die meisten Franchise-Vertreter heutzutage ist. Und drittens, weil er durchaus unterhaltsame Momente hat. Trotz offensichtlicher Schwächen. Was noch September ins Kino gekommen ist oder noch kommt, liest du hier in unserer Monatsübersicht. Und hier unsere Kritik zum gerade gestarteten ScFi-Spektakel The Creator.
Dämonen lassen sich nicht leicht abschütteln. Sie kehren wie die Jahreszeiten immer wieder. Diese Grundregel des Horrorfilm-Genres muss auch die Nonne Schwester Irene (Taissa Farmiga) lernen, als sie erfährt, dass der Dämon Valak, der in der Form einer gruseligen Nonne (Bonnie Aarons) erscheint, von ihr, Maurice (Jonas Bloquet) und dem Priester im ersten Film nicht in die Hölle zurück verbannt wurde, sondern noch immer quer durch Europa wandelt.
Was sie jedoch noch nicht weiß ist, dass er sich im Körper von Maurice eingenistet hat, der gegenwärtig an einem französischen Mädcheninternat als Handwerker angestellt ist, die dort arbeitende Lehrerin Kate (Anna Popplewell) anschmachtet und sich mit deren Tochter Sophie (Katelyn Rose Downey) gut versteht, die immer öfter seltsame Visionen einer düsteren Gottesfrau hat. Auf ihrer Reise mit Schwester Debra (Storm Reid) versucht sie herauszufinden, was der Dämon plant. So kreuzen sich die Wege aller Figuren bald. Ein letzter Showdown steht bevor.
In jüngeren Jahren hat sich wohl selten ein Franchise so gemütlich und ohne großen Bombast entwickelt wie das Conjuring-Universum. Auf dem Leben und den Fällen der echten Ermittler Ed und Lorraine Warren basierend 2013 entstanden, hat es unter der Federführung von Saw-Mitschöpfer und Horrorexperte James Wan sein treues Horror-Publikum gefunden. Mit einem 2,1 Milliarden Dollar Einspielergebnis für alle bisherigen Filme ist es gegenwärtig die umsatzstärkste Horror-Reihe, wenn auch nicht alle Filme immer von den Kritikern begeistert aufgenommen wurden.
Dieses Miteinander von mässigen kritischen aber dafür umso größeren finanziellen Erfolg spiegelt sich auch in The Nun II wieder. Auch dieser ist, streng genommen, inhaltlich nicht besonders herausragend, wenig originell und auch leider sehr vorhersehbar. Aber gleichzeitig gelingt es Regisseur Michael Chaves, diese vertrauten Eckpfeiler und Wendungen eines Horrorfilms so zu verpacken, dass man sich in den besten Momenten noch immer an dem Film erfreuen kann.
Der Overkill an Gruselmomenten, in denen die Nonne einem Unschuldigen erscheint, ist zwar ungemein hoch, und stiehlt auch viel Zeit von der, für einen Horrorfilm obligatorischen, investigativen Recherche Irenes. Aber wenn die Nonne in einem Moment Sophie erscheint, um mit dem plötzlichen Lichtstrahl nur ein Schatten einer vergilbten Tapete an der Wand wird, dann schaut das schon ziemlich gut aus. Ebenso atmosphärisch: eine Vision Irenes an einem Zeitungsstand, in dem die wehenden Magazine sich zum Bild der Nonne formieren. Taissa Farmiga begeistert erneut als die übernatürlich begabte Irene und steht ihrer Schwester Vera, Miss Lorraine Warren persönlich, um nichts nach.
Trotzdem verzettelt sich der Film wie bereits erwähnt zu oft in Schockmomenten mit gewöhnlichen Jump Scares und nutzt zu wenig die Mythologie, die Hintergrundgeschichte oder die scharfe Kombinationsgabe der Schwestern um wirklich tiefer zu gehen. Ebenso wirkt der Film in manchen Momenten, als wäre das Budget für Darsteller ausgegangen. Von der großen Schulklasse ist im letzten Akt nichts mehr zu sehen, wenn die scheinbar einzige Lehrerin im Haus, Kate, gerade mal mit fünf bis sieben Mädchen vor dem Bösen flieht. Ein wenig mehr dämonisches Chaos wäre hier nicht schlecht gewesen.
The Nun 2 hat seine Horrorschocker-Momente, ist aber fast schon ein wenig zu generisch, um wirklich ein solider Horrorfilm zu sein. Für Fans des Conjuring-Universums aber definitiv ein Muss.
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Alle Fotos: (c) WArner Bros
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.