In Staffel 2 der Erfolgsserie The Last of Us wird die Videospiel-Ästhetik wieder in ein tief greifendes Kapitel aus Trauer, Rache und Wut umgewandelt. Eine emotional tiefsinnige Fortsetzung.
von Susanne Gottlieb, 14. 4. 2025
Sie war 2023 einer der großen Überraschungshits: Die Adaption des Zombie-Videospiels The Last of Us, in der Pedro Pascal und Bella Ramsey, zwei Veteranen aus Game of Thrones, die jedoch nie gemeinsam vor der Kamera gestanden hatten, sich gegen einen Haufen Pilz-Infizierte behaupten mussten. Doch ganz so unerwartet hätte das auch gar nicht sein müssen: Immer hatte einer der Co-Showrunner, Craig Mazin, einige Jahr zuvor die hochbeachtete Serie Chernobyl geschaffen, und sich nach ein paar Jahren als Drehbuchautor für seichte Komödien einen ernsthaften Namen gemacht.
Die erste Staffel konnte Kritiker und Publikum durch die Bank begeistern und gewann zahlreiche Preise, darunter acht Emmys. Nun legen Mazin und Co-Autor Neil Druckmann (Macher der Games) noch einmal nach. Warum sich auch die zweite Staffel lohnt, die gerade auf Sky gestartet ist, das erfahrt ihr hier. Zuerst erklären wir euch die Ausgangslage nach Staffel 1 – wer sie oder die Games noch nicht kennt und nicht gespoilert werden will, überspringt einfach die folgenden drei Absätze.
Wir erinnern uns: Die Welt und die Menschheit wurden von einem sich weiterentwickelten Pilz, dem Cordyceps, fast ausgelöscht. Jene, die der Pilz befallen hat, werden zu dessen willenlosen Sklaven. In einer der letzten Bastionen kommt der Schwarzhändler Joel Miller (Pedro Pascal) mit der jungen Ellie Williams (Bella Ramsey) in Kontakt, die anscheinend immun gegen den Pilz ist.
Er soll sie aus einer Quarantänezone zu einem Geheimversteck der Untergrund-Organisation Fireflies bringen, wo mithilfe ihres genetischen Codes ein Gegenmittel gegen die Pilzmutation gefunden werden soll. Doch die Konfrontationen mit dem Militär, feindseligen Menschen und Infizierten ist nichts gegen das, was am Ende auf sie wartet: Die Ärzte wollen das Heilmittel in Ellies Gehirn finden. Das hätte aber ihren Tod bedeutet. Joel, der inzwischen zu einer Vaterfigur für Ellie herangewachsen ist, will sie nicht sterben lassen und schlachtet stattdessen alle im Lager ab. Darunter auch die einzigen Ärzte, die die Menschheit retten könnten. Ellie lügt er an, dass es Raider waren.
Die zweite Staffel setzt fünf Jahre später ein und wird zunächst von der neuen Figur Abby Anderson (Kaitlyn Dever) bestimmt. Sie ist die Tochter eines unschuldigen Chirurgen, den Joel ermordet hat, um Ellie zu retten. Zudem ist sie Mitglied der in Seattle ansässigen WLF (Washington Liberation Front), einer militanten paramilitärischen Organisation. Joel und Ellie wohnen inzwischen in dem großteils wieder zivilisierten Jackson, Wyoming, ihre Beziehung liegt zu diesem Zeitpunkt bereits in Brüchen. Um sie zu retten, will Joel seine alten Dämonen bei Therapeutin Gail (Catherine O’Hara) austreiben. Diese hegt aber auch einen Groll gegen Joel. Ein anderer neuer Charakter ist etwa Ellies beste Freundin Dina (Isabela Merced), zu der sich zarte romantische Bande entwickeln. Als es zur Tragödie kommt, setzen sich auch die Figuren, darunter Ellie, wieder in Bewegung, diesmal Richtung Seattle.
Vergeltung, Kummer, Verrat – auch in Staffel 2 haben sich wieder einige altbekannte Rezepte eingeschlichen. Doch der Kern der Handlung, und die emotionale Komponente die sie treibt, ist die Entfremdung zwischen Joel und Ellie. Je mehr er versucht sie zu beschützen, desto weiter treiben sie auseinander. The Last of Us funktioniert, weil es hinter all dem Apokalypse-Drama stets ein menschlicher Faktor bleibt. Statt reiner Infiziertenherden-Bekämpfung wird auch die Frage gestellt, wer eigentlich die größeren Monster sind. Sie, oder wir.
Pascal und Ramsey brillieren. Vor allem Ramsey bietet im Sarah-Connor-Stil eine reifere, abgebrühtere Ellie, der die letzten fünf Jahre zugesetzt haben. Neuzugang Dever kann ihr als Abby aber durchaus das Wasser reichen. So wie die erste Staffel dem ersten Spiel folgte, und die zweite dem ersten Teil des zweiten, so ist zu erwarten, dass ihre Figur in der dritten Staffel eine noch größere Rolle spielen wird. Ihr Schicksal eint und trennt sie von Ellie. Auch sie wurde jung einem Trauma ausgesetzt und muss entscheiden, ob sie den Pfad der persönlichen Vergeltung oder die Bedürfnisse anderer in den Vordergrund stellt.
Auch sonst hat sich die Serie optisch noch gesteigert. Die Action und der Horror sind visuell noch präziser mit Effekten, Kameraführung und Schnitt nachgeschärft, viele Actionszenen und Schauplätze sind wieder nahe dran am Spiel. Dennoch, die zweite Staffel hat auch das Zeug, das Publikum zu spalten. Nicht nur bleibt die Geschichte in vielen Facetten (vorerst) unvollständig, auch die moralischen Entscheidungen sind diesmal schwerer zu verteidigen. So wie Joel einst heldenhaft seine Ziehtochter retten wollte, so wird er doch unweigerlich und nachvollziehbar zum Bösewicht für jemand anderen.
The Last of Us bietet keinen Eskapismus. Schon die erste Staffel erinnerte in vielem sehr schmerzhaft an die Corona-Pandemie. So hängt in der zweiten die Weltordnung und das menschliche Miteinander am seidenen Faden. In Zeiten wie heute, erneut eine allzu aktuelle Parallele. Hier schleicht sich auch beizeiten etwas Schlampigkeit ein: Denn so sehr Mazin und Druckmann auf ihre Charaktere schauen, so ungenau sind sie anderswo in ihren Allegorien: Praktisch jede Gesellschaft außerhalb Jacksons ist entweder autoritär, oder besteht aus Sekten oder Kannibalen. Doch hier bleibt zu hoffen, dass die Showrunner in der nächsten Staffel nicht die Zügel verlieren, und dem Weltenbilden mindestens ebenso viel Raum geben wie dem Zwischenmenschlichen.
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Mehr InformationenGelungene Fortsetzung der Serie, die den Zuschauer herausfordert, aber auch einige Schwächen offenbart.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.