In den letzten sechs Folgen von The Crown erholt sich das Drama langsam von seiner Diana-Faszination, kippt aber doch wieder in eine flache Story rund um ihre Söhne. Warum eine der besten Netflix Serien (hier unsere Top 44 aller Zeiten) mit Staffel 6 nur bedingt ein würdiges Finale hinkriegt.
von Susanne Gottlieb
15. Dezember 2023: Nach sieben Jahren ist nun endgültig Schluss, wir sind bei der letzten Staffel von The Crown angekommen. Jahrelang hatten uns die Geschicke von Queen Elizabeth II. begleitet. Nun hat sie die Welt im Vorjahr nicht nur als reale Person verlassen, auch in Peter Morgans Serie wird sie ihre letzte Audienz halten.
Diana (Elizabeth Debicki) ist tot, aber das Leben am Hof muss weiter gehen und auch ohne die Prinzessin von Wales gibt es Herausforderungen zu meistern. Prinz Charles (Dominic West) sieht sich mit der Wut und den Anschuldigungen seiner Söhne, vor allem von William (Ed McVey) konfrontiert, er hätte ihre Mutter im Stich gelassen. Elizabeth II. dagegen hat erneut Sorge, die Monarchie könnte bald ein Ende finden – sie wirke alt und verstaubt, während ein Premierminister wie Tony Blair (Bertie Carvel) die internationalen Sympathien trage. Prinzessin Margarets (Lesley Manville) Gesundheit macht dagegen schon bald wegen ihrer jahrelangen Trinkerei und Raucherei Probleme. Und Mohamed Al-Fayed (Salim Daw) beginnt gegen die Royal Family in den Krieg zu ziehen, da sie ihn nach Dianas und Dodis Tod verschmäht hatten.
Auch abseits der familiären Dramen gibt es wieder einiges an Weltgeschehen abzuhandeln. Die Bombadierung Serbiens durch die NATO im Kosovokrieg, die Anschläge vom 11. September 2001, der anstehende Irakkrieg sowie das Goldene Thronjubiläum Elizabeths werden ebenso aufgegriffen. Im späteren Teil der Staffel hat auch erstmals eine junge Kate Middleton (Meg Bellamy) ihren Auftritt. Eine Erinnerung daran, dass die Krone immer wieder auf Anfang geht, von einer neuen Generation getragen wird und, zumindest im Vereinigten Königreich, noch einen festen kulturellen Bestand hat.
Staffel 6 hätte es eigentlich gar nicht geben sollen. Einst wollte Morgan nur eine letzte fünfte Staffel drehen, bevor er erklärte, er könne das, was er erzählen wolle, gar nicht nur in eine Staffel packen. Das, was ihm da vorschwebte, war eine minutiöse Ausschlachtung des Diana-Themas. Sämtliche anderen Figuren der Serie, vor allem die jüngeren Kinder Elizabeths, verschwanden hinter dem Vorhang. Wachsame Augen dürften merken, dass der Darsteller von Prinz Edward seit der letzten Staffel ausgetauscht wurde. Ist aber vielleicht auch gar nicht so relevant, weil stumm bleibt die Rolle trotzdem.
Leider scheint Morgan nur bedingt die Lektionen, die Kritikpunkte aus der letzten Staffel, gezogen zu haben. Während die Diana aus Staffel 4 noch ein Vehikel war Veränderung, Traditionskritik und starre Konventionen zu hinterfragen, spielte sich ihre Geschichte seit Staffel 5 nur mehr als ein in die Länge gezogenes “Best of” der Yellow Press ab. Die ersten vier Folgen, die schon am 16. November veröffentlicht wurden, erzählten die Verquickungen der Zufälle und Entscheidungen, die zu ihrem Tod führten. Es fühlte sich erst wie ein Prequel zu Morgans The Queen an, dessen Thematik, die Weigerung der Royal Family Trauer zu zeigen, der Autor Gott sei Dank nur kurz aufgriff. Die bestechendste Neuerung der Story mag sein, dass Blair bei Morgan nun nicht mehr so gut wegkommt.
Die letzten sechs Folgen können mit dem Tod Dianas nun endlich wieder etwas Luft zum Atmen bekommen, sich auf breitere Themen konzentrieren und endlich den Fokus auf andere Kaliber, wie etwa Manvilles süffisante Margaret legen. Newcomer Ed McVey gibt den schüchteren William, der sich Ende der 90er und Anfang der 2000er plötzlich unfreiwillig als Teenie-Schwarm wiederfindet. Die Fackel, sich mit seiner Rolle abzufinden, wird nach Elizabeth in Staffel 1 und Charles in Staffel 3 an ihn abgegeben. Newcomer Luther Ford ist Harry, dessen rebellische Phase am Rand angerissen wird, und dessen spätere Attacken gegen seine Familie hier bereits mit Frust angedeutet werden.
Aber sonst schient The Crown nicht mehr viel einzufallen. Wie in fast jeder Staffel gibt es in einer Folge die Hiobsbotschaft seitens eines Zivilisten, die Monarchie wäre überholt und müsse restrukturiert werden, einen internationalen Konflikt gilt es zu lösen, Elizabeths Selbstwert muss gestreichelt werden und eine Katastrophe hält die Welt im Atem. Obwohl, geschichtliche Traumata wie der Kosovo-Krieg und der Irakkrieg eher am Rand angerissen, als behandelt werden. Morgan verrennt sich in Beziehungsdramen, ins leere laufenden Ideen oder peinlichen Meet Cutes zwischen einem jungen Will und einer jungen Kate an der Uni. Die Krone hat Bestand. Der Kreis schließt sich, will dieser abschließende Fokus auf Will und seine Großmutter sagen. Aber irgendwie bewegen tut das nicht mehr.
The Crown Staffel 6 Teil 2 kann sich aus seinem Diana-Problem lösen, weiß aber auch irgendwie nicht mehr so recht, was es noch erzählen will.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.