Staffel 3 der Netflix-Erfolgsserie The Crown hält die Qualität ihrer Vorgängerstaffeln. Das ist nicht selbstverständlich, spielt doch ein ganz neuer Cast die mittlerweile gealterten Royals. Warum sie mit Claire Foy und Co. mithalten können, lest ihr im Review.
15. November 2019: Wer hätte gedacht, dass ein Drama über die britischen Royals so ein großer Erfolg werden könnte? Die simple Antwort: Peter Morgan. Der brachte schon 2006 den Film Die Queen auf die Leinwand – übrigens hatte er auch beim Drehbuch von Bohemian Rhapsody seine Finger im Spiel. Beim Pitch von The Crown dürfte er sehr überzeugend gewesen sein. Denn Netflix macht für jede neue Staffel enorme Summen locker. Für die aktuelle sind es fast 60 Millionen Euro. Mutig ist das vor allem, weil der Cast diesmal komplett gewechselt hat, um den in die Jahre gekommenen britischen Adel darzustellen.
Ab 17. 11. läuft Staffel 3 auf Netflix mit 10 neuen Folgen. Wir durften sie bereits sichten. Ob das Risiko für Netflix aufgeht, erfahrt ihr im Review von den Helden der Freizeit. The Crown hat es übrigens auch in unsere Top-44 der besten Netflix-Serien aller Zeiten geschafft – gegen welche anderen Formate sich das Drama durchsetzen kann, lest ihr hier in unserem Ranking.
Update! Inzwischen sind schon alle Staffeln erschienen, die wir auch für euch gesichtet haben:
Hier unser Review zu Staffel 4
Hier unser Review zu Staffel 5
Hier unser Review zur finalen Staffel 6
Queen Elisabeth II (Olivia Colman) hat während ihrer Amtszeit bereits viel miterlebt. Premiers sind gekommen und gegangen, sie sitzt weiter unerschütterlich auf dem britischen Thron. An ihrer Seite ist nach wie vor Prinz Philipp (Tobias Menzies), zu dem das Verhältnis um einiges ausgeglichener geworden ist. Doch trotz Beziehungsglück bahnen sich in den Sechzigern und Siebzigern neue Herausforderungen an.
Von tragischen Minen-Unglücken bis zu misslungenen BBC-Dokumentationen über das Königshaus – die Queen wird mit immer neuen Problemen konfrontiert. Doch die britische Krone wäre nicht die britische Krone, würde sie die Krisen nicht routiniert bewältigen.
Wesentlich schwerer tut sich Elisabeth mit ihrer Familie. Ihre Kinder sind zu jungen eigenwilligen Erwachsenen herangereift. Am meisten Probleme macht ihr der potenzielle Thronfolger Prinz Charles (Josh O’Connor). Denn der ist wenig daran interessiert, die seit Jahrhunderten etablierten Regeln des Königshauses weiter aufrechtzuerhalten.
Schon während die vertraute, wie geniale Eröffnungsmusik von Hans Zimmer läuft, ahnt man, dass die Qualität von The Crown unmöglich abgenommen haben kann. Und wirklich, auch in der dritten Staffel begeistert das Netflix-Format. Ganz wie zuvor kann man Queen Elisabeth und ihrer Familie wieder dabei zusehen, wie sie politisch taktieren und in ihren Rollen wachsen. Die Krone scheint der Queen mittlerweile viel besser zu passen. Souverän meistert sie eine Herausforderung nach der nächsten und mag die Vorzüge ihres Status mittlerweile.
Spielte in den vorigen Staffeln noch Claire Foy eine junge und unerfahrene Queen, übernimmt jetzt Olivia Colman (ebenfalls brillant als Königin im Film The Favourite – hier unser Review) die Rolle. Und meistert sie absolut bravourös. Schon nach Folge 1 ist klar: Ihre Art ist identisch mit der von Foy. Es hätte keine bessere Wahl für den Part von Elisabeth II gegeben. Colman versprüht mit ihrer Mimik und Gestik die selbe Atmosphäre des In-Sich-Ruhens und der aristokratischen Arroganz, wie sie schon Foy vermittelte. Da stört es auch nicht weiter, dass ihre Augen braun und nicht blau sind.
Dabei bleiben ihre Dialoge pointiert wie eh und je. Trocken und mit wenigen Worten weiß die Queen noch immer ihre Zu- wie Abneigungen zu kommunizieren. Auch andere Charaktere haben ihren Charme behalten. Tobias Menzies trägt als Prinz Philipp noch immer seine Witzchen vor, die allerdings von den meisten entweder nicht verstanden oder schlichtweg übergangen werden. So ist Season 3 im Endeffekt ein Wiedersehen mit alten Freunden – die schnell gealtert sind.
Zentrales Thema von Staffel 3 von The Crown ist das Überschreiten der Lebensmitte und das Gefühl des Stillstands. Während Elisabeth II in ihrer bürokratischen Routine gefangen ist, plagt sich Prinz Philipp mit einer Midlife-Crisis. Tobias Menzies interpretiert den Prinzen ausgeglichener und weniger temperamentvoll als die aufbrausende und risikofreudige Version von Matt Smiths. Trotzdem lässt Menzies ab und zu den alten Hitzkopf durchblitzen.
Ebenfalls in einer tiefen Lebenskrise steckt Prinzessin Margaret (Helena Bonham Carter – auf Netflix auch in der wunderbaren Puppenfilm-Serie Der dunkle Kristall – Ära des Widerstands zu sehen). Nicht länger sehen die Menschen sie als feierlustige, etwas überschwängliche junge Frau. Denn ihr exzessiver Lebensstil hat nicht nur ihrer Psyche und ihrem Körper, sondern auch ihrer Ehe geschadet. In der dritten Staffel von The Crown porträtiert Bonham Carter daher überzeugend das Bild einer verlebten Lady, die auf Partys nicht länger für Belustigung, sondern Beschämung sorgt.
Insgesamt vergönnt die neue Staffel ihren Nebencharakteren viel mehr Spielzeit. Ganze Folgen werden Charles und Philipp gewidmet. Gleichzeitig verdeutlicht sich, was unterschwellig schon früher klar war: Das Leben als Queen ist monoton und selten ereignisreich.
Trotzdem schafft es The Crown in dieser eintönigen Routine von Queen Elisabeth, Aufregung und Dynamik zu erzeugen. Die Serie zehrt von den zwischenmenschlichen Interaktionen des Königshauses. Dabei sind es oft die unausgesprochenen Dinge, die die meiste Tiefe erzeugen. Geschickt spielt man hier mit den Emotionen der Zuschauer und lässt sie genau das nachfühlen, was die Charaktere in eben jenem Moment empfinden. Mal ist es Trauer, mal peinliche Betretenheit.
Diese stillen Augenblicke lassen sich perfekt dazu nutzen, die detaillierten Sets der Serie zu bewundern. Vom luxuriösen Prunk des Buckingham Palace bis zum abgelebten Studentenheim in Wales, jeder Ort wurde mit unfassbarem Perfektionismus für The Crown umgesetzt. Man fühlt sich in der Zeit zurückversetzt.
bekritteln könnte man, dass sich diese Staffel weniger an der Queen orientiert als am restlichen Königshaus. Es ist eine ungewohnte Abkehr von den ersten beiden Staffeln, die sich so sehr auf Claire Foys Elisabeth II konzentriert haben. Auch deswegen würde man sich ein bisschen mehr Screentime für die brillante Olivia Colman wünschen.
The Crown Staffel 3 kann das hohe Level der ersten zwei Staffeln der Serie halten. Erneut begegnet man lebendigen Charakteren, die fantastisch entwickelt sind. Das liegt auch daran, dass der neue Cast (allen voran Colman) die Rollen gekonnt umsetzt. Dabei wechselt diesmal der Fokus von der Queen auf ihr Umfeld. Es wird offensichtlich, dass nicht nur Elisabeth II ab und an mit ihrer royalen Position hadert. The Crown Staffel 3 bietet ein ausgewogenes Maß an Drama, ohne je dem Kitsch zu verfallen. (sn)
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Better Call Saul (Erste 33 Folgen)
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Bilder: ©Des Willie/Netflix, Sophie Mutevelian
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.