Fantastische Welten im 80s Look. Der schwedische Schriftsteller Simon Stålenhag hat 2013 mit seinen zwei Büchern über alternative, phantastische Welten im Look der 1980er und 1990er Jahre von sich sprechen gemacht. Nun werden diese Parallelwelten, inspiriert von Stålenhags Fantasma einer Kindheit, von Amazon in eine Serie umgewandelt. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, lest ihr hier.
von Susanne Gottlieb
2. April 2020: Irgendwo, im Nirgendwo, hat die Regierung unter der Erde den größten Partikelbeschleuniger der Welt gebaut. Sein Sinn: Die Mysterien des Universums zu entschlüsseln und zu erforschen. Dinge zu erschaffen, die eigentlich unmöglich sind. Der Effekt: auch überirdisch geht nicht immer alles mit rechten Dingen zu. Die Bevölkerung wird in in dieser nostalgisch-fremdartigen Welt aus 80er Jahre und futuristischer Technologie Zeuge von übernatürlich-metaphysischen Begebenheiten. Und lernt dabei die eine oder andere Morallektion.
Künstler Simon Stålenhag hat mit seinen Büchern Ur varselklotet (2014) und Flodskörden (2016), in denen er Bilder von wundersamen Welten schuf und den Jugendlichen, die im Schatten dieser phantastischen Maschinen leben, weltweit Anerkennung bekommen. Amazon Prime hat sich von diesen bizarr nostalgisch und doch so weltfremden Universen inspirieren lassen und eine Anthologie Serie über die Bewohner des Ortes gedreht. Das ist dem Studio abseits von ein paar Längen auch gut gelungen.
Lest Details hier unser Review zur Serie, die am 3. April auf Amazon Prime startet. Übrigens: Hier haben wir für euch die 22 besten Prime-Serien aller Zeiten in einer Liste.
Angelegt als Anthology Serie erzählt Tales from the Loop die verschiedenen Geschichten der Einwohner von Mercer, Ohio. Dem Ort an dem fantastische Dinge passieren, beeinflusst durch einen unterirdisch gelegenen Partikelbeschleuniger, dem Loop. Uns wurden vorab die Geschichten drei seiner Bewohner gezeigt. Als Zuschauer lernt man unter anderem Loretta (Rebecca Hall) kennen. Sie zeigt ihrem eigenen jüngeren Ich, dass Verlassenwerden nicht unbedingt bedeutet, dass man den Rest seines Lebens allein sein muss. Da ist der junge Cole (Duncan Joiner), dessen Großvater Russ (Jonathan Pryce) ihm lehrt, dass nicht alles ewig währt und man sich auf Veränderungen im Leben einlassen muss. Oder Security Guard Gaddis (Ato Essandoh), der erkennen muss, dass Fantasien und Projizierungen einen nicht immer in der Realität glücklich machen.
Angesiedelt sind diese Lebenslektionen zwischen den übernatürlichen Phantasmen von Zeitreisen, schwarzen Löchern oder riesigen Robotern. Die Figuren leben in einer Welt zwischen 80er Jahre Realität und phantastischer futuristischer Tech. Die vertraute alte Welt in Kombination mit dieser bizarren, einzigartigen Atmosphäre schafft eine Welt, die sowohl seltsam vertraut und geerdet, als auch faszinierend fremd und übernatürlich wirkt.
Diese fremdländische, phantastische Realität, die Stålenhag mit seinen Zeichnungen geschaffen hat, wird mit viel Liebe zum Detail in der Serie zum Leben erweckt. Den Serienschöpfern gelingt es, eine magisch wirkende Welt entstehen zu lassen, der man als Außenstehender nur zu gerne einen Besuch abstatten würde. Gemäß ihrer Amerikanisierung wurde die Handlung vom schwedischen Land ins rurale Ohio in den USA verlegt.
Die Macher halten sich auch an die Idee, hier die Erfahrung des Erwachsenwerdens einzubauen. Es geht, ungleich anderer Serien, weniger um den technischen Fortschritt und die Herausforderungen, die diese übernatürlichen Phänomene mit sich bringen. Vielmehr wird diese fantastische Welt als Alltag porträtiert, deren Mysterien dienen als Mittel zum Zweck humane Probleme aufzugreifen die Zeiten und Universen transzendieren. Wie fügen wir uns als Mensch in unser Umfeld ein? Was können wir von ihm lernen? Und welche Lektionen hält das Leben für uns parat? Der Loop verdeutlicht sie mit ein bisschen Sci-Fi zum Drüberstreuen
Um sich auf diese Geschichten einlassen zu können, braucht es aber Geduld. Tales from the Loop entwickelt seinen Reiz nur sehr langsam und nicht immer allzu verständlich. Die Folge mit der jungen Loretta, eine von drei Episoden die vorab zu sichten waren, verlangt vom Zuseher die ersten 15 Minuten auf Weltenbilden und Erklärungen zu verzichten, und einfach das Geschehen als solches hinzunehmen. In Momenten des Kummers von Cole über seinen Verlust wirkt die Handlung manchmal fast lethargisch, und kann sich nicht recht zuspitzen. Und auch Gaddis muss mit sehr vielen passiven Momenten kämpfen bevor seine persönliche Erleuchtung eintritt.
Das alles macht Tales from the Loop nicht zu einer schlechten Serie, verlangt aber vom Zuschauer sich mit wenig Action oder ausgefuchsten Handlungsbögen zufrieden zu geben. Die Sci-Fi ist nur Mittel zum Zweck einer Geschichte. Sie dominiert sie nicht und kommt nur sehr sporadisch vor. Im Zentrum stehen stets die Figuren und ihre Erfahrungen. Letztendlich sind diese Mysterien, die Jonathan Pryce zu Beginn der Serie anspricht, nicht unbedingt immer in den unendlichen Weiten des technologischen Fortschritts und dem Universum begründet. Oft finden wir sie schon in unserem zwischenmenschlichen Alltag und der Suche nach dem persönlichen Glück.
Tales from the Loop ist ein transzendierendes Erlebnis zwischen Nostalgie und futuristischer Fremdartigkeit, das universell gültige, berührende Geschichten erzählt. Das langsame Tempo und die dezent genutzten Sci-Fi Elemente sind jedoch Vorgaben, auf die man sich als Zuschauer einlassen muss.
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Alle Fotos: (c) Amazon Prime
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.