Spider-Man ist zurück und schließt nach dem bombastischen Avengers: Endgame die dritte Phase des MCU ab. Tom Holland darf in seinem zweiten Soloabenteuer Far From Home mit seiner Schulklasse zu einem Trip durch Europa aufbrechen. Natürlich muss er unterwegs in bester Superhelden-Manier auch wieder mal die Welt retten. Warum der Film trotz kleiner Schwächen durchaus sehenswert ist, verraten wir in unserer Kritik.
Achtung: Dieser Review enthält Spoiler zu Avengers: Endgame.
3. Juli 2019: Wie kann es nach Endgame (hier unser Review) noch weiter gehen? Dieser schier unlösbaren Aufgabe stellt sich Peter Parker (Tom Holland) Monate nach dem sogenannten „Blip“, jenem Schnipsen Thanos‘ indem die Hälfte der Weltbevölkerung einfach verschwand. Und Peters Welt zeigt: Trotz aller Freude über die Wiederkehrer hat sich die Lage noch lange nicht normalisiert, entstehen noch immer bizarre Situationen auf die Antworten gesucht werden.
Doch das Leben geht weiter, und so zeigt Jon Watts‘ Film, dass nach dem heroischen Ende in Endgame trotzdem noch neue Geschichten warten und sich neue Gegner in Position bringen. Das Einzige, worauf der Regisseur vielleicht hätte verzichten sollen, ist seine Tendenz immer wieder Elemente von kitschig-flachen Teenager-Komödien in die Handlung zu verflechten. Unsere Filmkritik zu Spider-Man: Far from Home, der morgen in Österreich seinen Kinostart hat:
Der letzte Kampf der Avengers ist vorbei, auf der Erde ist Ruhe eingekehrt. Die Menschen, die den Blip überlebt haben, und jene, die ungealtert wieder zurückgekehrt sind, versuchen sich mit der Situation zu arrangieren. Darunter auch Peter Parker, der bei dem kommenden Klassentrip nach Europa seiner Schulkollegin MJ (Zendaya) seine Zuneigung gestehen will. Doch er bekommt dabei Konkurrenz von dem inzwischen nachgealterten Brad, der auch ein Auge auf MJ geworfen hat.
Aber nicht nur an der Liebefront hapert es. Happy (Jon Favreau), der inzwischen verdächtig viel Zeit mit Peters Tante May (Marisa Tomei) verbringt, lässt Peter wissen, dass Nick Fury mit ihm in Kontakt treten will. Peter, der noch immer am Tod seines Mentors Tony Stark nagt, versucht sich der Verantwortung zu entziehen. Doch da hat er die Rechnung ohne Nick Fury (Samuel L. Jackson) gemacht. Er und Maria Hill (Cobie Smulders) spüren Peter auf seinem Trip in Venedig auf. Mit im Gepäck: der mysteriöse Quentin Beck (Jake Gyllenhaal), ein Superheld aus einer anderen Dimension, wie es scheint. Er ist gekommen, um jene Wesen zu besiegen, die Peters Klasse auf ihrem ganzen Trip über zu verfolgen scheinen: Die Elementals, zu Monstern gewordene Repräsentationen der vier Elemente.
Peter lässt sich widerwillig in die Aktion einspannen, doch bald wird klar, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Beck scheint nicht der zu sein, der er vorgibt und dann ist da noch das drückende Erbe Tony Starks, das Peter letztendlich annehmen muss oder nicht.
Jon Watts schafft es abermals, einen charmanten Film über den jüngsten MCU-Helden zu drehen. Womit er dieses Mal aber zu kämpfen hat, ist der Umstand, dass er seine Inspiration weniger von John Hughes und mehr von Disney-Channel-Komödien bezieht. Die erste Hälfte von Spider-Man: Far from Home ist gespickt von banalem Teenager Humor und kitschigen Romanzen-Elementen. Der Film leidet extremst darunter, dass Peter plötzlich so ein Dienstverweigerer wird.
Far from Home ist in den Momenten am stärksten, in denen er sich mit Peters Erbe durch Tony Stark auseinandersetzt. Es ist in den Momenten verständlich, dass er Zweifel hat und die Verantwortung von sich wegschieben will. Das Drehbuch stellt diese ganze Problematik aber zu oft in das verhinderte Romanzeneck. Peter zeigt wenig Interesse und Bereitschaft, weil er ja auf dem Trip unbedingt ein Mädchen beeindrucken will. Das mag zwar für einen Teenager durchaus legitim sein, erreicht aber manchmal Ausmaße, die der Qualität des Films schaden. Immerhin soll das ja eine Comicbuch-Adaption sein und nicht an Lizzie McGuire erinnern.
Gerne flirtet das neueste Kapitel über den Spinnenmann auch mit den etwas schwächeren Elementen der alten Sony-Streifen. Die ewige Dramatik zwischen seinem Superhelden-Dasein und der Möglichkeit eine Freundin zu haben, sind althergebrachte Konflikte, die in einem Spider-Man-Film nicht mehr so ausgebadet werden sollten. Gut, dass sich die Geschichte in der zweiten Hälfte doch noch am Riemen reißt und ordentlich Tempo aufnimmt.
Denn letztendlich muss Peter natürlich seine Bestimmung annehmen. Hier beginnt Spider-Man: Far From Home sich aus seinem Netz der jugendlichen Existenzangst und Verhinderung zu befreien und endlich ein wenig Spaß zu machen. Die Action ist stimmig, Gyllenhaal gibt einen süffisanten Bösewicht und vor allem die zweite Riege rund um Happy und Peters Mitschüler trägt dazu bei, dass der Film nicht allzu ernst wirkt. Die wahre Belohnung gibt es dann in der ersten Post-Credit Szene. Diese sind im MCU so oder so obligatorisch. Was in dieser Szene passiert, ist aber ein Geschenk an jeden Spider-Man-Fan und drückt den Unterhaltungswert ganz am Schluss nochmal ordentlich nach oben.
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Spider-Man: Far from Home ist zwar etwas schwächer als sein Vorgänger Homecoming, bietet aber gegen Ende mehr Unterhaltung und bunte Action. Das Europa-Setting ist zwar abermals, wie typisch für die Filme, ein exotischer Backdrop und nicht relevant für die Handlung, doch das tut dem ganzen keinen Abbruch. Das MCU schießt sich offensichtlich auf Holland als neues Gesicht der Marke ein und man kann in dem Film erahnen, dass er diese Rolle ganz hervorragend ausfüllen wird. (sg)
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Fotos: © Sony Pictures
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.