In den 90ern war der erste Space Jam (1996) Film ein Kulthit. Genug, um Warner Bros dazu zu bewegen, eine Fortsetzung mit einem populären Basketballer der Gegenwart zu drehen. Mit LeBron James als NBA-Star, der gemeinsam mit den Loony Tunes ein Basketballspiel gewinnen muss, setzt man wieder auf die gleiche absurde Storyline. Doch wo der erste Film seine Schwächen noch mit Witz und Selbstpersiflage überbrücken konnte, nimmt Space Jam: A New Legacy sich einerseits selbst zu ernst, zum anderen dient der Film Warner nur als Selbstbeweihräucherung.
von Susanne Gottlieb
15. Juli 2021: Begonnen hatte ursprünglich alles mit einer Reihe von Nike Werbefilmchen, in denen NBA Superstar und Legende Michael Jordan mit Bugs Bunny interagiert hatte. Die Idee, Werbesketches für Filme oder Serien auszuschlachten war damals zwar noch nicht ganz so weit verbreitet. Aber mit dem Erfolg der Kampagne kam Warner zu der Erkenntnis, dass die eigenen Toon-Charaktere doch noch Relevanz hatten. Ein Film wurde in Auftrag gegeben. Und obwohl er eigentlich kein Recht hatte, so erfolgreich zu sein, wurde er einer der großen Hits der 90er und zu einem Kindheitsklassiker der Millenials.
Grund genug, all die Jahre später doch noch ein Sequel zu produzieren. Jordan ist zwar längst in Pension, aber die Auswahl an berühmten aktuellen Topspielern auch zufriedenstellend. Von einer Legende zur nächsten übernimmt nun LeBron James, Basketball-Superstar der Los Angeles Lakers. So weit so gut. Doch irgendwie hat Warner Bros in den letzten 25 Jahren wohl verlernt, Spaß mit seinem Material zu haben. Oder verwechselt Spaß mit Popkultur-Zitaten. Details hier in unserer Kritik zu Space Jam: A New Legacy, der ab jetzt im Kino zu sehen ist.
Basketball Star LeBron James (in einer fiktiven Version von sich selbst) hat in seiner Karriere viel erreicht. Nur zu seinem Sohn Dom (Cedric Joe) dringt er nicht durch. Dieser möchte lieber Videospiel-Designer werden, als in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Um ihn mehr für den Sport zu begeistern, nimmt LeBron ihn zu einem Marketing-Termin auf das Warner Bros Studiogelände mit.
Dort herrscht die tyrannische KI Al-G Rhythm (Don Cheadle) über das Warner 3000-Server-Verse. Warner 3000 ist eine Weiterentwicklung des medialen Angebots des Filmstudios, in dem alle ihre Immaterialgüter eingebettet sind. Vollkommen digitalisiert und den neuesten Trends folgend, bietet Al-G der Warner Bros Führungsriege immer wieder neue Ideen an, wie man das Medienimperium noch ausbauen könnte. Eine solche ist es, LeBron als Trickfigur in Filmen auftreten zu lassen. Dieser lehnt diese “blöde Idee” jedoch ab.
In seinem verletzten Stolz entführt Al-G Dom in das Server-Verse. Er stellt LeBron vor die Herausforderung, seinen Sohn und ihrer aller Freiheit zurückzugewinnen, wenn er gegen ihn und sein Team ein Basketball Spiel gewinnt. Dafür muss er sich ein Team aus dem Serververse zusammenstellen. Und wer sich hier noch fragt, wer da dabei ist: Dessen Anführer ist ein graues Häschen mit anarchischen Charakterzügen, weißen Handschuhen und einer Karotte …
Ein Basketball-Star und ein Haufen Cartoon-Charaktere gemeinsam in einem Film klingt so absurd, dass es eigentlich Spaß machen sollte. Und ein vorheriges Mal hat es das bereits. Doch irgendwie ist auch Warner Bros dem neumodischen Trend anheim gefallen, dass sich Spaß anscheinend nur über einen Überfluss an Popkultur-Zitaten einstellt. Und tatsächlich, manchmal vergisst man bei diesem Film wirklich, dass eigentlich die Loony Tunes die Warner-Figuren sind, auf die hier das Rampenlicht scheinen sollte. Im Film als kategorische Loser abgetan, die hier wieder ihren Wert beweisen dürfen, geht dieses Konzept durch diese ständigen Ablenkungen auf andere “stock characters” ultimativ nicht auf.
Wie kann das alles ein Tunes-Film sein, wenn Warner Bros praktisch seine ganze Bibliothek ausschlachtet und so ziemlich jeden Franchise seine paar Minuten Fame gibt? Ob nun die Harry Potter Welt, Games of Thrones, Superman oder sonstige DC Entitäten. Sie alle nehmen Screentime von den eigentlichen Hauptfiguren weg. Nicht zu vergessen, das Basketballspiel. Dabei schüttet Warner wie der Weihnachtsmann so ziemlich jede Filmfigur in ihren Besitz über den Zuschauerrängen aus. Ob das nun King Kong ist, die Agenten der Matrix oder die Droogs aus Ein Uhrwerk Orange. Selbst so gesellschafts- und zeitgeistkritische Entitäten sind letztendlich hier nur eine kommerzielle Marke, die den Tunes zujubeln dürfen.
Kann man über das Ausschlachten der Warner Besitztümer mal hinwegsehen, sollte man zumindest hoffen, dass der Film auch so Spaß macht. Es ist modernen Kinder- und Jugendfilmen nicht vorzuhalten, dass sie auch ausnahmslos immer eine Botschaft vermitteln wollen. Doch während Space Jam der Erste noch subtil auf “Sei dir selbst treu” machte, und das Ganze auch ein Riesengag über Jordans kurzweilige, fatale Baseball-Karriere war, nimmt sich der neue Film einfach zu ernst. Der Vater-Sohn-Konflikt ist zwar ein gutes Vehikel, die Thematik nicht weit hergeholt, doch warum muss alles so düstere Endzeitstimmung sein?
Der Film kann nur dann wirklich aufatmen kann, wenn die Macher sich auf das konzentrieren, was sie offensichtlich gut können. Die Loony Tunes sie selbst sein lassen. Die Anarcho-Slapstick Einlagen sitzen noch immer, und in gewisser Weise setzt Space Jam 2 seine schwer drückende Botschaft von persönlicher Authentizität hier besser um, als mit seinen menschlichen Protagonisten.
Was einem zum letzten Problem in diesem Film führt. Al-G funktioniert als Gegenspieler nur, weil er von dem talentierten Don Cheadle dargestellt wird. Auf dem Papier ist seine Figur uninspiriert und schon zig mal dagewesen. Ein Antagonist der einfach nur böse sein will und die Herrschaft über alles erlangen möchte. Naja. Da waren die obskuren Aliens von Moron Mountain im ersten Film noch nachvollziehbarer. So ein kapitalistischer Vergnügungspark, der neue Attraktionen braucht, macht mehr Sinn, als ein weiteres männliches fragiles Ego.
Ebenso wenig Spaß oder Charakterentwicklung beweist der Film auch beim gegnerischen Team. Im Original Space Jam flossen hier die Aliens und Teammitglieder zusammen. Ein ganzer komödiantischer Subplot ging an die menschlichen Talente, unter anderem Charles Barkley, die von einer Horde an Ärzten untersucht wurden. Hier werden die Gegner in einem Computerspiel generiert. Ihre menschlichen Talentgeber sind ein “Blink and you miss it” Moment in einem Flashback. Das Team, gegen das die Tunes spielen, poppt einfach gegen Ende als Mittel zum Zweck auf. Sie haben keinen größeren Nutzen als dem Handlungsbogen Folge zu leisten, während im Hintergrund der Night King und Agent Smith in Großaufnahme jubeln. Wo der Fokus der Geschichte gelegen hat, ist wohl somit klar.
Was Space Jam 2 ebenfalls nicht ausmerzen kann ist, dass er einfach vom Konzept überholt wirkt. Als der erste Space Jam herauskam, war es gerade einmal sieben Jahre her, dass mit Falsches Spiel mit Roger Rabbit Cartoon-Figuren mit menschlichen Gegenstücken gepaart worden waren. Das Prinzip war somit noch einigermaßen originell. Heute, im Zeitalter des CGI, gewinnt man mit solchen Schauwerten keinen Blumentopf mehr. Vielmehr hätte es dem Film hier genutzt, sich auf die zwischenmenschlichen/spezien Beziehungen zu konzentrieren.
Doch während Teil 1 noch einen starken Fokus auf Michael Jordan und Bugs Bunny hatte, gibt es hier keine Figuren, die wirklich im Verhältnis zueinander aufgebaut werden. LeBron und Dom sind zwar Kandidaten, aber einen Großteil des Films getrennt. Die Tunes werden zu schnell und ohne Fokus eingeführt, bei vielen vergisst man immer wieder, dass sie überhaupt in dem Film sind. Die Frage, auf wen man sich hier konzentrieren soll, greift ins Leere.
Space Jam 2 hat seine Momente an cartoonisher Brillanz. Doch in erster Linie scheint A New Legacy an der unverblümten Selbst-Promotion seines Filmkatalogs interessiert zu sein, statt an einer unterhaltsamen Geschichte.
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Fotos: (c) Warner Brothers
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.