Sonic Frontiers spendiert der blauen Gaming-Ikone endlich das erste Open World Abenteuer. Eigentlich ist durch seine Highspeed Attitüde kaum ein Maskottchen so prädestiniert für weite offene Welten wie Sonic the Hedgehog. Allerdings hatte es der alte Pixel-Igel mit großen 3D Abenteuern, die oft für ihre Glitches in Verruf gerieten, nie so einfach. Ob der Sprung in die Open World die nötige Abhilfe bringt? Mehr dazu im Sonic Frontiers Review.
von Klaus Kainz
Spätestens seit seinen neuesten Kinohits ist Sonic wieder im Mainstream angekommen. Spielerisch konnte er mit der großen Nintendo Konkurrenz aber selten mithalten – besonders in 3D. Skeptisch waren daher viele, als Sonic Frontiers angekündigt wurde. Die ersten Trailer hatten nämlich Anleihen von Zelda Breath of the Wild und das ist eine mächtige Ansage. Vorweg: Ein Meilenstein wie Zelda ist Sonic Frontiers nicht. Und für einen Platz in unserem Ranking der Top-10-Mario-Alternativen reicht es nicht. Als Totalausfall, wie die berüchtigten Sonic-Glitch-Feuerwerke von früher, kann man das Game aber auch auf gar keinen Fall abtun. Mehr dazu jetzt in unserem Sonic Frontiers Test.
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Zum ersten Mal darf Sonic die linear vorgefertigen Achterbahn-Level verlassen. In Sonic Frontiers düst er stattdessen durch fünf gigantische Biotope, die vollgepflastert sind mit all den serientypischen Loopings und Sprungfedern. Dabei verschlägt es den Highspeed-Igel auf eine riesige Insel, auf der er mit seinen Freunden neue Abenteuer sucht. Allerdings hat sein Widersacher Eggman (alias Robotnik) mal wieder Schabernack getrieben und fiese Roboter aus dem Cyberspace erweckt, die Sonic und den Inselbewohnern das Leben schwer machen.
Stilistisch ist die Open World von Sonic Frontiers ein wenig seltsam. Die Maps könnten auch aus Death Stranding oder Monster Hunter stammen, die Roboter aus Neon Genesis Evangelion, während die Sonic-typischen Rennbahnen und Loopings willkürlich in die Landschaft geklebt wirken. Euch sind beim Titelbild unseres Reviews womöglich die Linien aufgefallen, die wie Gekritzel aussehen. Nein, das ist kein Bildfehler, sondern sind tatsächlich Elemente, auf denen Sonic laufen und grinden kann.
So fühlt sich das Spiel oberflächlich fast wie eine Konzeptdemo an. Spaß macht es – überraschenderweise – aber trotzdem. Denn im Grunde gibt es kein Fleckchen auf der Map, das nicht irgendeine Art von Aktivität bietet. Man kann sich kaum bewegen, ohne dass Katapulte Sonic in luftige Höhen schießen, er durch Sphären grinden darf, oder Schätze ausgraben und Rätsel sowie Geschicklichkeitstests lösen.
In allen Gebieten gilt es die Chaos Emeralds zu finden und Sonics Freunden aus der Patsche zu helfen. Das braucht viele Sammelgegenstände, die durch die unterschiedlichen Aktivitäten in den Sandboxen ganz automatisch zusammenkommen. Die größte Stärke von Sonic Frontiers: durch weite Felder oder gigantische Canyons rasen, sich ja nach Lust und Laune von den unzähligen Speed-Pads, Grind-Schienen und Katapulten leiten lassen. Egal ob man sich auf die Rätsel oder die Geschicklichkeitsaufgaben konzentriert, oder einfach nur mit Highspeed die Landschaften abgrast – die Items hat man irgendwann ganz natürlich zusammen. Wer es ganz gelassen angehen will, kann sich Story-Gegenstände sogar in einem Angel-Minigame beschaffen.
Ein Highlight sind außerdem die versteckten Klassik-Level, in denen rund ein bis dreiminütige Challenges im linearen Oldschool-Stil warten. Dabei ist die Steuerung weniger fummelig als erwartet – wenn auch nicht auf dem Niveau von Mario & Co. Außerdem hat Sonic nun auch einen Skilltree mit Kampftechniken. Gerade das Prügeln ist überraschend wuchtig, dank gutem Treffer-Feedback und leicht durchführbaren Moves.
Perfektioniert hat Sonic Frontiers seine Formel, trotz aller Lobhudelei, aber leider noch nicht. Besonders die großen Bosse sind Spaßkiller. Die sehen spektakulär aus, bringen aber all die typischen Sonic Probleme mit: hakelige Kamera, unzuverlässige Steuerung, seltsame Hit-Detection. Immerhin Bugs und Glitches bleiben aus. Poliert fühlt es sich an solchen Stellen trotzdem nicht an. Auch bei der Story konnte sich SEGA alte Fehler nicht verkneifen und setzt wieder auf komisches Melodrama. Ein kompletter Fehlgriff wie früher ist es nicht – man erinnere sich an Sonics Romanze mit einer Märchenprinzessin. Die Tonalität von Sonic Frontiers will aber trotzdem nicht ganz zusammenpassen.
Technisch ist es auch kein Meisterwerk. Die Texturen hauen einen nicht vom Hocker, viele Bestandteile der Map poppen unschön ins Bild. Hier sei angemerkt, dass wir die PS5 Version testen durften. Auf Konsolen der letzten Generation und Switch dürfte das Spiel also grafisch noch weniger bieten. Und selbst auf den neuesten Konsolen gibt es leider Ladezeiten – trotz mauer Optik. Dafür überzeugt aber der Soundtrack. Auf den großen Oberwelten laufen idyllische Klavierstücke, die der Erkundung fast schon einen meditativen Touch verleihen. Die zuvor erwähnten Klassik-Level fahren wiederum mit Elektropop im feinsten 90er-Jahre-Stil auf, Fans von King of my Castle oder Moby kommen voll auf ihre Kosten. Vor allem weil jedes der Dutzenden Klassik-Level einen eigenen Song bietet.
Sonic Frontiers kann man irgendwie nicht richtig verorten. In seiner Open World steckt definitiv kurzweilige Unterhaltung. Besonders als Nebenbeschäftigung macht es Laune, durch die weiten Landschaften zu düsen und immer mal wieder kleine Aufgaben zu lösen, die nette Belohnungsmomente und gute Musik bieten. Es fehlt aber die letzte Politur, um mit den großen Brechern mitzuhalten. Denn auch an fummeligen Momenten und Spaßbremsen fehlt es leider nicht. Gepaart mit der nicht so prickelnden Technik wirkt es, als wäre es Sonic Frontiers in der finalen Testphase der Entwicklung stecken geblieben, bevor seine Stärken richtig abgerundet werden konnten.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.