Stefanie Kloß und Johannes Stolle von Silbermond vor ihrem Wien-Konzert über heroische Momente, Karriereschritte, die Tränen kosten, ihr neues Album. Plus: Das Duo im Helden-Wordrap.
3. Jänner 2020: Diese deutschen Musikstars tragen ihr Herz defintiv auf der Zunge. Das spürt man bei ihren Songs, die einen mitunter zu Tränen rühren und das ist auch im Gespräch mit ihnen nicht anders. Am 11. Februar spielen Silbermond das letzte Konzert ihrer Schritte-LIVE Tour in der Wiener Stadthalle.
heldenderfreizeit.com traf Frontfrau Stefanie Kloß und Bassist Johannes Stolle zum Interview im Sony Headquarter auf der Mariahilfer Straße. Statt belanglosen Smalltalk bekamen wir dabei tiefe Einblicke in die Bandseele serviert. So erfuhren wir einiges über ihre glückliche Beziehung zu Wien, heroische Lebensmomente, wichtige Entscheidungen in ihrer Laufbahn, die Kraft und Tränen kosteten und wieviel Herzblut in ihrem neuesten Album steckt.
Zum Aufwärmen gab es aber erstmal unseren Helden-Wordrap. Im Video erfahrt ihr die Antworten auf so essentielle Fragen wie: Krügerl oder Spritzer? Bilderbuch oder Wanda? Und was ihnen zum Thema Freizeit, Österreich und Musikhelden ihrer Kindheit einfällt:
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Mehr InformationenJohannes Stolle: Weil wir schon so viele Auftritte in Wien hatten, ist es jetzt schwer einen hervorzuheben. Spontan würde ich sagen, unser Konzert in der Stadthalle 2016 während der Leichtes Gepäck Tour. Das ist schon krass, wenn du als deutsche Band in der größten Location in Wien spielst. Das war schon wow! Wir haben vor 20 Jahren in Bauzen angefangen und jetzt stehen wir in Wien in der Stadthalle.
Stefanie Kloß: Wie Johannes schon gesagt hat: Dass wir einfach in der größten Halle von Wien spielen dürfen. Da wo bei euch die größten Acts spielen; das ist einfach absurd. Richtig crazy. Und es ist auch das erste Mal, dass wir hier einen Abschluss feiern. Und Tour-Abschluss ist immer kompletter Abriss. Dass wir das in Wien machen können, ist schon auch etwas Besonderes.
Stefanie: Für uns ist das als deutsche Band ein riesen Privileg im Ausland zu spielen. Wenn wir hier herkommen, werden wir empfangen wie eine internationale Band. Das ist für uns einfach wahnsinnig schön, wenn wir uns überlegen, wo wir eigentlich herkommen. Wir sind eine kleine Band aus dem Osten Deutschlands.
Dass wir es überhaupt so weit geschafft haben, das Glück hatten einen Plattenvertrag zu bekommen, die Leute uns so damit beschenkt haben unsere Songs zu mögen und sich das Ganze dann noch auf Österreich ausgeweitet hat, war für uns am Anfang ja gar nicht denkbar. Es ist einfach wahnsinnig schön. Wir sind hier gerne unterwegs und die Menschen haben eine ganz eigene Art wie sie uns begegnen. Das macht es einfach wertvoll.
Stefanie: Donauinselfest war schon immer gigantisch. Und schon auch crazy, wie oft wir dort gespielt haben und zu gleichen Zeit Fußball kam. Unsere Jungs immer so: „Neeeein, da spielt grad Deutschland, wenn wir beim Donauinselfest spielen.” Es war dann immer sehr spannend, weil wir zwischen Bühne und Backstage hin und her gesaust sind.
Stefanie: Also was ich ziemlich abgefahren und genial fand war das Live-8 Konzert 2005 in Berlin. Es war einfach so ein Riesen-Konzert. So viele Menschen habe ich in meinem Leben noch nie gesehen . Von der Siegessäule bis zum Brandenburger Tor und alles drumherum. Es war einfach alles voll. An diesem Tag haben die Toten Hosen gespielt, wir damals mit Juli zusammen, Herbert Grönemeyer – alle waren da. Und alle sind aus sämtlichen Himmelsrichtungen nur für diesen Gig gekommen. (Anm. über 200.000 Zuschauer waren dabei)
Dass man es geschafft hat, in so einer Live Übertragung dabei sein zu können. Das war einfach so absurd: Du bist hoch auf die Bühne, hast zwei, drei Songs gespielt und bist auch schon wieder runter. Ich so: „Hab ich das jetzt irgendwie geträumt oder was?“ Und da dachte ich mir im Nachhinein auch, dass wir uns das wahrscheinlich nur getraut hatten, weil wir damals noch so jung waren. Heute würde mir der Arsch da schon auf Grundeis gehen, was wir damals ziemlich lässig runtergespielt haben.
Johannes (lacht): Das war also heldenhaft? Ich würde von mir jetzt nicht sagen, dass ich etwas Heldenhaftes getan habe. Mir würden da jetzt eher andere Leute einfallen. Deshalb kann ich dazu jetzt nichts sagen.
Stefanie: Ich sag jetzt vielleicht noch eins: Ich habe ein Kind auf die Welt gebracht und das ist wahnsinnig heldenhaft. (Anm. Steffi und Schlagzeuger Thomas Stolle haben einen einjährigen Sohn).
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Mehr InformationenStefanie: Also, wenn ich mit unserer Bandgeschichte anfange, würde ich sagen: Der schwerste Schritt war die erste Single. Der damalige Chef von BMG hat gesagt, wenn wir die nicht rausbringen, dann wird das mit dem ganzen Plattenvertrag auch nichts. Das war ein Song, in der englischer Originalversion geschrieben von dem Gitarristen von Kiss. Und wir haben dann einen deutschen Text draufgemacht und der Chef von BMG hat gemeint: “Das ist ein tolles Lied, bringt das raus.”
Stefanie: Wir haben uns damals gedacht „Okay, das sind die erfahrenen Leute und die wissen schon, wie das so ist.“ Naja … dann ist das Ding komplett durchgefloppt und die wollten dann den Plattendeal droppen. Dann haben wir gesagt „Ey, kommt Leute! Ihr habt uns zur ersten Single überredet – gebt uns noch eine Chance. Lasst uns entscheiden, was die nächste Single wird und wenn das nicht läuft, dann könnt ihr uns rausschmeißen und seht uns nie wieder.“
Auf den Deal haben die sich eingelassen und wir haben Durch die Nacht rausgebracht. Das war erfolgreich. Und dann kam das Album raus und das war sehr erfolgreich. Danach kam Symphonie und das war noch erfolgreicher. Das war wirklich einer der wichtigsten Schritte, dass wir uns damals durchgesetzt haben und getraut haben, was zu sagen und zu kämpfen.
Stefanie: Wir haben uns als Band in dem ganzen Pop-Business nicht verloren. Auch als Freunde nicht. Dass wir hier jetzt stehen als eine Band, wo es viele Kollegen von uns gibt, die sich aufgelöst haben und wir eigentlich so die Einzigen sind, die noch da sind. Dabei haben wir aber trotzdem noch unfassbaren Bock aufeinander: Sowohl musikalisch als auch menschlich. Das ist nicht selbstverständlich und auch sehr viel wert in der heutigen Zeit. Das war auch ein sehr wesentlicher Schritt für uns.
Stefanie: Eindeutig die Phase vor Leichtes Gepäck. Da haben wir halt gemerkt nach den ersten vier Alben mit den ganzen Erfolgen. Das ging wahnsinnig schnell bei uns. Wir haben dann innerhalb unseres Teams einfach gemerkt, dass sich Wege auseinander dividieren, wir verschiedene Ansichten haben und es uns auch einfach nicht mehr gut tut in dem Rahmen, in dem wir zusammen gearbeitet haben weiterzumachen. Wir mussten dann wirklich einen radikalen Schritt gehen und sagen, “Wir trennen uns von unserem gesamten Umfeld, unserem Produzenten und von unserem Management.” Das ist für so eine sehr familiäre Band wie Silbermond schon der krasseste Schritt gewesen, den wir für uns menschlich gegangen sind.
Stefanie: Wir wussten, wenn wir wieder Freude, Spaß und Unbeschwertheit am Musikmachen haben wollen, dann müssen wir unser Umfeld einfach so umstellen, dass wir die Möglichkeit dazu haben. Das war sehr krass, hat mich sehr viel Kraft und Tränen gekostet. Trotzdem hat diese Entscheidung uns auf der anderen Seite unglaublich nah zusammengebracht, dass wir diese Zeit gemeinsam als Band überstanden haben und dann in einem letzten Schritt bis jetzt diese Platte geschrieben haben. Und ohne arrogant zu wirken: Schritte ist nach der Meinung von uns vieren die rundeste und homogenste Silbermond Scheibe, die wir je geschrieben haben.
Johannes: Also da tu’ ich mir persönlich besonders schwer einen Song von den 10 rauszusuchen. Wir haben noch viel mehr als bei den anderen Platten darauf geachtet, kein Lied zu viel drauf zu packen. Also nicht, weil wir faul waren, sondern einfach weil jeder Song eine absolute Berechtigung auf dem Album haben sollte. Sowohl thematisch als auch musikalisch. Da sind am Ende dann diese zehn Songs auf der Platte gelandet und das wäre den neuen Liedern gegenüber total ungerecht, wenn ich mich auf einen festlegen würde. Ich liebe jeden einzelnen Song davon, wir haben in alle unser Herzblut reingesteckt die letzten drei Jahre.
Stefanie: Es ist genau so. Was uns besonders leicht fiel an der Platte war, dass wir vor Leichtes Gepäck diese Trennungen durchgemacht haben. Somit haben wir für das Album schon genau das Umfeld geschaffen, das wir damals wollten: Wir wollten den Rucksack neu packen, abwerfen was uns belastet und ein gerades Feld haben, um da wieder drauf aufzubauen. Wir wollten wieder mehr zu uns als Instrumentalisten zurück. Wieder mehr zum Bandsound.
Kein programmierter Scheiß drumherum, nichts Künstliches. Wir wollten wieder zu den echten Instrumenten. Wir wollten den Songs erstmal immer nur die Basics geben, wie wir sie spielen können. Deshalb haben wir sie zusammen im Proberaum gespielt. Und wollten dann erst gucken, was der Song dazu braucht. Das haben wir mit “Leichtes Gepäck” für unseren Geschmack super cool hingekriegt. Das wollten wir für das Album nach 2019 mitnehmen und konnten schon mal einen großen grünen Haken dahinter machen.
Stefanie: Wir stellten uns der Herausforderung: Was ist das Add-On? Was ist das Silbermond von 2019? Und das ist diese Kirsche auf der Sahne, die letzten 20 Prozent, die am schwierigsten sind. Und da haben wir wirklich lange gesucht, lange getüftelt. Das ist der Grund, warum bei dem einen Song eine Mandoline dazukam, bei dem anderen eine Ukulele oder mal ein aufwändiges Akustik-Gitarren-Arrangement. Das war für uns der Moment, in dem wir gesagt haben „Das ist dieses bestimmte Add-On, das wir gesucht haben und was die Platte für uns so homogen und rund gemacht hat.
Interview: Patrick Meerwald & Julian Ebermann
Wordrap-Video: Christoph König
Bei den Helden der Freizeit lest ihr spannende Interviews und Storys zu Helden aus den unterschiedlichsten Bereichen. Der Musikheld im Jahrhundertfußballer, Cordula Grün-Star Josh., und viele mehr. Ein Abstecher in unsere Rubrik Helden der Helden lohnt sich:
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Steve Hogarth: “Über John Lennon geht nichts!”
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Aufmacherfoto: (c) Jens Koch
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.