Netflix verquirlt in Sierra Burgess Is A Loser den berühmten Stoff von Cyrano de Bergerac mit einer Teenie-Romanze. Warum das sehenswerter ist als es zunächst scheint? Unser Review.
von Paula König
9. September 2018: Eine High School Dramödie, die ein Theaterstück von 1897 wieder aufwärmt. Und dann auch noch von Netflix, das sich bei seinen Film-Produktionen schon mal – diplomatisch formuliert – gerne von bewährten Ideen und Konzepten inspirieren lässt. Kann das gut gehen?
Seit Freitag ist Sierra Burgess Is A Loser beim Streaminganbieter online. Der Film hievt die Geschichte des Cyrano de Bergerac (hochintelligenter Dichter mit Riesennase hilft einem Schönling mit seinen Texten das Herz seiner Angebeteten zu erobern. Es endet natürlich tragisch.) in die typische Welt einer Teenie-Romanze.
Warum ihr dem Streifen trotzdem eine Chance geben solltet, lest ihr in unserer Kritik:
Sierra Burgess (Shannon Purser, bekannt als Barb aus Stranger Things) hat zwar nicht die typischen Modelmaße, lässt sich davon aber nicht klein kriegen. Obwohl sie stolz ist auf die Person, die sie ist, muss sie oft Sticheleien über ihr Aussehen oder Gewicht über sich ergehen lassen. Und dann auch noch ausgerechnet von Cheerleaderin Veronica (Kristine Froseth), dem Mädchen das sowieso auf jedem Magazincover sein könnte. Im Gegensatz zu Sierra, die für die meisten unsichtbar ist, hat Veronica eine Schaar Verehrer um sich und nimmt deren Annäherungsversuche gelassen hin. So auch als Jamey (Noah Centineo, zuletzt auch in der Netflix Produktion To All The Boys I Loved Before – unser Review dazu gibt es hier) nach Veronica’s Nummer fragt. Ein schneller Blick zu seinen Freunden genügt Veronica, um für sich zu entscheiden, dass sie kein Interesse an dem Burschen hat. Deshalb jubelt sie ihm statt ihrer eigenen Nummer, die von Sierra unter.
Am gleichen Abend bekommt Sierra noch eine SMS von Jamey. Nach ein paar Nachrichten merkt sie, dass es sich wohl um eine Verwechslung handelt, findet den noch Unbekannten aber zu interessant und sympathisch, um ihn gleich wieder aufzugeben. So gibt sie sich weiterhin als Veronica aus – und es beginnt eine Scharade, die irgendwann natürlich auffliegen muss und bei der Feindin Veronica plötzlich zur Verbündeten wird.
Natürlich ist alles auf den ersten Blick ziemlich klischeehaft gestrickt. Das Schulentlein, die schöne Cheerleeaderin, der Quarterback, der schwarze Freund, der nur dazu da ist, unsere Heldin zu unterstützen. Überhaupt sind einige Nebencharaktere etwas gar eindimensional gezeichnet – Sierras Autoren-Überpapa nervt mitunter mit seinen großen Weisheiten. Dazu kommt die klassische Story einer typischen Teenie-Romanze, die natürlich bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar ist.
Doch gerade die Hauptdarsteller schaffen es durch ihre starke Performance dem Film etwas mehr Tiefe zu geben. Shannon Purser und Kristine Froseth begeistern in verschiedensten Facetten. Auch Noah Centineo kann – wie schon bei seiner Rolle in To All The Boys I Loved Before (hat er die nun bei Netflix abonniert?) – überzeugen. Und eine der wenigen starken Nebenfiguren ist Sierras Lehrerin, die ihre Klasse weniger mit scharfem Regiment als mit ihrer Schlagfertigkeit führt und Sierra mit viel Einfühlungsvermögen immer dann unterstützt, wenn sie es am meisten braucht.
Außerdem freuen sich Fans von Stranger Things wieder über den gelungenen 80er-Synthie-Sound.
Auf emotionaler, moralischer und intellektueller Ebene ist Sierra Burgess Is A Loser durchaus gelungen. Wenn man den Film mehr als nur nebenbei schaut, kann sogar die eine oder andere Träne kullern. Zwar lässt sich die Handlung erahnen, aber durch verschiedene Handlungsstränge wird der Film nie langweilig – auch wenn man der Geschichte insgesamt nun wirklich keinen Kreativpreis verleihen kann.
Doch obwohl Story und Figuren klassische Teenie Dramedy Kost sind, kann der gute Cast den Streifen über den Durchschnitt heben. Daher gibt es von uns eine Empfehlung für diejenigen, die sich gern mal wieder in eine Tennie-Romanze reinträumen wollen. Und wir wünschen uns jetzt irgendwie, dass uns auch jemand eine Sonnenblume schenkt (Auflösung im Film).
(pau)
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To All The Boys I’ve Loved Before – Kritik: Teenie-Kitsch der guten Sorte
Alle Fotos: (c) Netflix
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.