Nach langer stilistischer Unsicherheit scheint DC sich mit Shazam! endlich für eine Tonlage entschieden zu haben. Nachdem bereits Aquaman mehr auf Humor setzte, geht Shazam! diesen Weg konsequent weiter. Ob die leichte Superhelden-Komödie auch wirklich so lustig ist, wie sie sich gibt, lest ihr in unserer Kritik.
In Shazam! dreht DC an der Humorschraube. Anstatt eines erfahrenen Weltenretters muss das Pflegekind Billy Battson sich einer magischen Bedrohung stellen. Gleichzeitig versucht er sich in eine neue Familie einzufügen und seine verschwundenen Mutter zu finden. Eine große Aufgabe für einen pubertierenden Jungen. Ähnlich herausfordernd erscheint es, diese Stränge zu einer stimmigen Geschichte zu verweben. Und das gelingt Regisseur David F. Sandberg (Annabelle: Creation) nicht immer.
Wir konnten den Film, der gerade im Kino gestartet ist, für euch bereits im IMAX-Format sichten. In unserer Kritik erfahrt ihr, wie sich Shazam! von der großen Superhelden-Konkurrenz abhebt.
Billy Battson ging seiner Mutter als Kleinkind auf dem Karneval verloren. Weil sich die beiden nie wieder finden konnten, wird Billy von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht. Dabei reißt er immer wieder aus, um jede Person mit dem Namen Battson ausfindig zu machen und um zu sehen, ob er seine Mutter auf eigene Faust finden kann. Leider schlägt der Versuch fehl. Er kommt zu netten neuen Pflegeltern, die bereits für fünf andere Kinder sorgen. Eines Tages flieht Billy vor einer Gruppe Schulhofschläger in die U-Bahn, denen er entgegengetreten ist, um seinen Zimmerkollegen Freddy zu schützen. Plötzlich findet er sich in einem mysteriösen Tempel wieder.
Dort erwartet ihn ein uralter Zauberer, der jemandem mit gutem Herzen seine Magie weitergeben will, um die Welt vor den sieben Todsünden zu bewahren. Dazu muss Billy nur die Hand auf seinen Stab legen und seinen Namen sagen – Shazam! Billy tut das verwirrt und widerwillig. Zu seiner Überraschung verwandelt er sich prompt in eine muskulöse und erwachsene Version seiner selbst (komplett mit Superheldenkostüm) und der Zauberer zerfällt zu Asche. Fortan muss er nur laut “Shazam!” rufen, um zwischen seiner Kinder- und Superheldenform zu wechseln. Zurück auf der Erde wendet er sich an Freddy, um herauszufinden, wozu er mit seinen neuen Kräften fähig ist. Als aber Dr. Sivana (Mark Strong) auftaucht – ein ehemaliger Kandidat des Zauberers, der für unwürdig befunden wurde und sich auf die Seite der Todsünden geschlagen hat – muss Billy beweisen, dass er mit seinen Kräften umzugehen weiß.
Natürlich: Die Prämisse von Shazam! ist verrückt. Das wissen Schauspieler und Regisseur sehr wohl und haben ihren Spaß mit der abgedrehten Situation. Der Film nimmt sich nicht allzu ernst und geht von einem sketchartigen Witz zum nächsten über. Diese Szenen treffen zwar nicht immer ins Schwarze und regen hin und wieder zum Fremdschämen an, funktionieren aber vor allem durch die tolle Chemie zwischen Shazam! (Zachary Levi – Billys erwachsene Version) und Freddy (Jack Dylan Grazer – Eddie aus Es: Hier unser Review). Dass der Film die Handlung des Bösewichts Sivana in der erste Hälfte strikt von der Coming-Of-Age-Geschichte Billys trennt, hilft ungemein, das Ganze stimmig zu halten.
Während Billy und Freddy herumblödeln und dabei fast unabsichtlich hin und wieder Straftaten vereiteln, ist Sivanas Story recht blutig. Auf seiner Suche nach Billy mordet er sich mithilfe der Todsünden (die als monströse Verkörperungen in seinem Auge leben) nur so durch Philadelphia. Erstaunlicherweise ist dieser Teil des Films stilsicherer inszeniert als der andere. Wie schnell und innig sich Freddy und Billy anfreunden und wie das Leben innerhalb der Pflegefamilie sich gestaltet, ist zwar gut, aber auch sehr gehetzt skizziert. Da fühlt es sich nicht ganz rund an, wenn der Film im letzten Drittel sehr zügig auf sein Finale zueilt und sich so manche zwischenmenschliche Beziehung mehr wie eine Behauptung anfühlt.
Nichtsdestotrotz kann man bei Shazam! oft herzlich lachen. In der Dichte der Gags finden sich viele gelungene. Auch die Leistungen der Schauspieler (selbst der ganz jungen Kinder) sind höchst überzeugend. Lediglich bei den Effekten hapert es ein wenig. Die dämonenhaften Todsünden sehen in so mancher Einstellung aus, als stammten sie aus einem zehn Jahre alten Film und auch Shazam! ist während seiner Flugeinlagen hin und wieder doch arg eindeutig eingeblendet.
Andere Effekte wie zum Beispiel die Magie des alten Zauberers sind dann wieder so schön gelungen, dass man das Gefühl hat, zwei unterschiedliche Filme zu sehen. Überhaupt sollte man Shazam! nicht wegen der Action besuchen. Die ist lustig und zweckdienlich, kann sich aber nicht mit anderen Superheldenfilmen messen.
Shazam! ist keine absolute Neuheit. Superhelden-Komödien gab es bereits viele. Erst in den letzten Jahren kam mit Deadpool 1 und 2 ein Lachgarant ins Kino. Shazam! ist so etwas wie die jugendfreie Variante (FSK: ab 12 Jahren). Kleineres Budget, kleiner angelegte Handlung und dabei sehr charmant. Der Film besticht durch seine erzählerische Stimmigkeit trotz der vielen verschiedenen Ansätze und Charaktere. Die Macher hatten sichtlich Spaß beim Drehen und das spürt man in jeder Szene.
Shazam! ist kein Meisterwerk, kein Action-Spektakel, aber ein guter, in sich geschlossener Popcorn-Film ohne zu großen Anspruch an sein Publikum – und: Man muss sich dabei nicht an die Handlung 20 vorhergehender Filme erinnern. Shazam! ist ein erfrischender Streifen, den jeder genießen kann. Vorausgesetzt man erwartet sich nichts zu Atemberaubendes. (ph)
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Alle Fotos: © Warner Bros. Pictures
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.