Ein Jahr ist es her, dass Netflix mit Sex Education eine der besten Comedys 2019 ablieferte. Für uns sogar eine der Top-10 Netflix-Serien aller Zeiten. Nun geht es in Staffel 2 weiter, und das Leben der Schüler in Moordale ist ernster geworden, genau wie die Serie selbst.
17. Jänner 2020: Während wir ein Jahr warten mussten, scheint an der Moordale Academy nicht ganz so viel Zeit vergangen zu sein. Die Dinge haben sich seit dem Ende der ersten Staffel nicht sehr verändert. Die Schüler befinden sich immer noch auf der Höhe ihres sexuellen Erwachens und kämpfen mit ähnlichen Problemen. Ab heute ist Sex Education Staffel 2 online. Wir durften sie bereits vorab für euch sichten und verraten euch, ob auch die Qualität ähnlich hoch geblieben ist.
Hier findet ihr übrigens unsere Kritik zur ersten Staffel von Sex Education. Und hier unser Urteil zur 4. und letzten Staffel.
Hauptfigur Otis (Asa Butterfield) hat seine Verliebtheit in Maeve (Emma Mackey) inzwischen aufgegeben und in Ola (Patricia Allison) eine Freundin gefunden. Leider ist seine Mutter (Gillian Anderson) aber auch seit neuestem mit Ola’s Vater (Mikael Persbrandt) liiert, was ihm weniger schmeckt. Eric (Ncuti Gatwa) fühlt sich jetzt frei, da seine Familie ihn mehr akzeptiert. Maeve hat die Schule verlassen und arbeitet in einem Fast-Food Imbiss. Adam (Connor Swindells), der Sohn des Direktors, wurde auf die Militärschule geschickt und hat Schwierigkeiten, sich anzupassen, und Schwimmstar Jackson (Kedar Williams-Stirling) hadert mit überwältigendem Erfolgsdruck. Die Dinge sehen halbwegs stabil aus, aber in der Jugend ändern sich die Gegebenheiten ständig und Emotionen sind unvorhersehbar.
Auf der Moordale Academy herrscht Panik wegen eine einer sexuell übertragbaren Krankheit. Zwar gibt es keinen echten Ausbruch, trotzdem versinkt die Schule in Hysterie. Es stellt sich heraus, dass der Sexualkunde-Unterricht ziemlich vernachlässigt wurde. Aus diesem Grund wird Otis Mutter Dr. Jean Milburn zur Überarbeitung des Lehrplans herangezogen. Somit bekommt Otis, der schon in Staffel 1 den Amateur-Sexualberater spielte, von der eigenen Mutter Konkurrenz, weil viele Schüler lieber zu ihr kommen. Zusätzlich kriselt es in so gut wie allen Beziehungen und alle Singles haben es auch nicht leicht.
Absurde Situationen und peinliche Szenen des Erwachsenwerdens gibt es zwar auch noch in Staffel 2, alles in allem steht dieses Mal mehr das Drama im Vordergrund. Das liegt zum einen daran, dass die Serie nicht viel Neues in Sachen Humor findet. Viele der humorvollen Szenen wirken wie Wiederholungen und passen nicht so ganz in den Ton der zweiten Staffel. Das soll nicht heißen, dass sie für sich gesehen nicht lustig sind, aber es fehlt ihnen der Kick, den sie in der ersten Staffel hatten. Die Dialoge sind immer noch witzig und gut geschrieben, aber der Fokus liegt doch eher auf dem Drama. Das nimmt der Serie stellenweise an Tiefe, weil eben der ständige Wechsel zwischen Lachen und Weinen eine ihrer größten Stärken war.
Großes Thema, das über allem steht, ist weniger der Sex an sich als vielmehr Selbstfindung und Akzeptanz. Das war auch in der ersten Staffel schon so und ist dieses Mal noch mehr der Fall. Die Jugendlichen haben viel gelernt und suchen jetzt nach ihrem Platz in ihrer sozialen Umgebung.
In vielen Belangen geht die Serie einfach genauer an die bestehenden Konflikte heran und stellt alle am Ende der letzten Staffel etablierten Beziehungen in Frage. Leider gelingt das nicht immer, ohne konstruiert zu wirken. Die besten Konflikte sind die, die weitergeführt werden, während die neuen eher den Eindruck machen, als wären sie nur da, um den Plot voran zu treiben. Daher entwickeln sie sich sehr vorhersehbar. An dieser Vorhersehbarkeit krankt die gesamte zweite Staffel.
Das Herzstück der Serie sind nach wie vor die Schauspieler. Der gesamte Cast ist wie schon in Staffel 1 großartig und auch die Neuzugänge machen ihre Sache mehr als gut. Der Plot hätte insgesamt ein wenig einfallsreicher sein können, aber die Grundqualität des Geschriebenen passt. Die Dialoge sind dynamisch, die Handlung bleibt nie stehen und ist nie langweilig. Die Kritik bewegt sich also auf hohem Niveau.
Sex Education Staffel 2 wirkt wie der zweite Film einer Trilogie – die Handlung muss bewegt werden, Konflikte auf ihre Lösung im Finale vorbereitet und die Charaktere entwickelt. Diesen Zweck erfüllt die Fortsetzungen des Überraschungshits von 2019 sehr gut, auch wenn sie mit ihrem ernsteren und dramatischeren Ton nicht ganz so überzeugen kann, wie Staffel 1. Es bleibt zu hoffen, dass die nächste Staffel diese Vorlage nutzt.
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Alle Fotos (c) Netflix/Sam Taylor
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.