Ein Alien landet unabsichtlich auf der Erde und muss sich von nun an als Mensch ausgeben, um seine Mission zu erfüllen. Klingt schon dagewesen, ist schon dagewesen, macht aber trotzdem Spaß. Wir verraten euch, warum sich Resident Alien lohnt.
von Susanne Gottlieb
Ein Alien, das auf der Erde landet, sich anpassen muss und dazu übergeht Mordserien und Rätsel zu lösen. Klingt etwas verrückt, aber darum geht es in der Comicbuch-Reihe Resident Alien von Peter Hogan und Steve Parkhouse. Unter dem Banner von Dark Horse Comics, denen auch die IPs Hellboy und die Umbrella Academy gehören, verspricht das Ganze daher auch amüsant düster und ziemlich kompromisslos zu werden.
Bereits seit 8. April 2021 ist die Serie hierzulande auf SYFY (empfangbar über Sky oder Kabel-TV) zu sehen. Seit 1. März 2024 läuft Staffel 1 auch auf Netflix. Wir verraten dir in unserem Review, warum sich das reinschauen richtig lohnt.
Ein Außerirdischer (Alan Tudyk) muss bei einer Mission auf der Erde notlanden. Da sein Raumschiff und der Cargo, der für die Mission so wichtig ist, quer verstreut über die Colorado Rocky Mountains liegen, taucht er erst einmal in dem beschaulichen Ort Patience unter. Um nicht aufzufallen, nimmt er die Identität des Arztes Harry Vanderspeigle (ebenfalls Tudyk) an. Zunächst verbringt Harry noch seine Zeit damit, in den Bergen nach den Bruchstücken zu suchen. Doch der Kontakt mit den Menschen lässt nicht lange auf sich warten.
Die örtliche Sheriff Mike Thompson (Corey Reynolds) zieht den vermeintlichen Arzt in eine Untersuchung hinein, als der Dorfarzt Sam Hodges stirbt. In Ermangelung eines Ersatzmanns wird Harry zum neuen örtlichen Arzt befördert. Er baut zögerlich eine Freundschaft zur Krankenschwester Asta (Sara Tomko) und der lokalen Barkeeperin D’arcy Bloom (Alice Wetterlund) auf und muss sich mit den Anliegen des jungen Bürgermeisters Ben (Levi Fiehler) herumschlagen.
Doch abgesehen von dem Drang seine Mission zu beenden, warten auch andere Herausforderungen auf ihn. Zum einen ist Bens Sohn Max (Judah Prehn) der Einzige, der ihn in seiner wahren Form sehen kann und immer wieder versucht, der ganzen Stadt zu verraten, wer Harry wirklich ist. Zum anderen beginnen andere Wanderer in den Bergen über seine Schiffsteile und Technologie zu stolpern. Und dann ist da noch der Leichnam des echten Harry, der nur darauf wartet, aus dem See wieder aufzutauchen.
Man muss der Serie zugute halten, dass sie eine alte und erprobte Formel nicht nur originell, sondern auch unterhaltsam umzusetzen versteht. Hier treffen sich die Klassiker von “Außenseiter lässt sich in einem kleinen Ort nieder und lernt dort etwas über wahre Werte” und “Alien landet auf der Erde und muss so tun, als wäre es ein Mensch”.
Es ist jedoch nicht immer der Humor, der so brillant zündet. Das Ganze steht und fällt mit der Dedikation Alan Tudyks, die er in die Rolle einbringt. Tudyk kann bereits auf eine lange Karriere als Comic Relief oder Voice Actor zurückblicken, und hier kann er beides zu seinem vollen Vorteil in einer Hauptrolle entfalten. Sein Fake-Harry ist Parade-Exzentriker, ein hintertriebenes Alien, das die Menschheit auslöschen will, gleichzeitig aber auch überrumpelt ist von menschlichen und sozialen Signalen.
Die Serie unterwandert auch viele der klassischen Genre-Klischees, in denen der Humor nur rein auf dem “Anders sein” basiert, und zeigt auch, wie herausfordernd es sein kann, sich in eine Gesellschaft oder einen neuen Körper einzufügen. Zwar besitzt Harry fast zu schnell ein ausgereiftes Wissen über amerikanische Health Care oder medizinische Fachtermini. Aber die Serie nimmt sich auch die Zeit zu zeigen, wie sich das Alien erst mit Gehübungen, Essübungen und verzweifelten Zahnputzversuchen an die Physiognomie eines Körpers gewöhnen muss. Ebenso ein Klischee neu interpretiert – das Erlernen der englischen Sprache und der Kultur über Fernsehen. Wenn Harry versucht Jerry Orbach in Law & Order zu imitieren, um seine Stimmmuskeln zu trainieren, dann ist das wirklich witzig.
Dass das hier aber nicht eine weichgespülte Kinderserie ist, zeigt die Bereitschaft, vor Gewalt nicht zurückzuschrecken. Ob nun der Original Harry, der unabsichtlich von Fake Harry getötet wird, ein zerfetzter Fuß, der beim Angeln im See aus dem Wasser gezogen wird, oder auch eine erfrorene, ausgemergelte Leiche in den Rockys. Das hier will und versucht nicht ein Sonntagmorgen Programm zu sein. Wäre aber auch überraschend gewesen, immerhin reden wir hier von Dark Horse Comics.
Resident Alien ist für unkomplizierte, morbide Unterhaltung genau das Richtige und erfreut mit einem grandiosen Alan Tudyk in der Hauptrolle.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.