Es hat Tradition, dass um Halloween besonders viele Horror-Spiele erscheinen. Remothered: Broken Porcelain kommt also vom Timing gerade richtig, scheitert aber schon von vorneherein an fürchterlicher Steuerung, grauenhafter AI und albtraumhaften Bugs, die das Spielen schlicht unmöglich machen. Bei diesen Stimmungstötern kann die gute Amosphäre wenig retten. Unser bisheriger Eindruck vom Horror-Stealth-Game, hier im Review.
von Sophie Neu
14. Oktober 2020: Für Horror-Fans ist mit dem Oktober die schönste Zeit des Jahres angebrochen. Viele neue Filme, Serien und Spiele versprechen wohliges Gruseln von der kuscheligen heimischen Couch aus. Auch die Fortsetzung vom gefeierten Schocker-Spiel Remothered: Tormented Fathers will da natürlich mitmischen. Leider scheitert Broken Porcelain aber schon an den banalsten Funktionen eines Spiels, sodass spätestens nach den ersten zehn Minuten der Horror nicht mehr in der dichten Atmosphäre, sondern in den frustrierenden Gameplay-Elementen liegt. Besonders kurios sind die Mängel, wenn man bedenkt, dass der Release des Spiels ungewöhlicher Weise sogar noch eine Woche nach vorne – vom 20. auf den 13. Oktober – vorverlegt wurde.
Manche Bugs entpuppten sich beim Test unserer PC-Version schlichtweg als so schlimm, dass uns ein Weiterspielen, selbst nach mehrmaligen Neustarts, unmöglich war. Wir hoffen deshalb, diesen Test aktualisieren zu können, sobald einige Patches diese Probleme beheben.
Remothered: Broken Procelain soll nicht nur die Fortsetzung, sondern auch gleich noch das Prequel zu Tormented Fathers sein. Als junge Waise Jen werden wir nach dem Verweis aus einem Internat als Zimmermädchen ins Ashmann Inn geschickt. Dort sollen wir alles auf die Wiedereröffnung vorbereiten. Aber recht schnell entdecken wir, dass die Charaktere aus Broken Porcelain mit denen aus Tormented Fathers verbunden sind. Und auch im Hotel sind sie mit dem schrecklichen Medikament Phenoxyl in Kontakt gekommen, das mörderische Zustände auslöst. Schnell verwandelt sich Jens neue Anstellung in ein Horrorkabinett, aus dem sie entkommen muss.
An dieser Stelle würden wir gerne näher auf die Story eingehen, das ist aber leider schwer möglich, wenn ein Spiel so viele game-breaking Bugs aufweist wie Remothered: Broken Procelain. Deswegen hoffen wir sehr darauf, dass die in näherer Zukunft vom italienischen Indie-Entwicklerstudio Stormind Games gefixt werden. Bis dahin können und wollen wir kein endgültiges Fazit zur Story abgeben.
Unser Ziel als Jen ist es, durch die staubigen Hallen des Ashmann Inns zu schleichen und einen Ausweg zu finden. Das Problem: Die anderen Bewohner sind uns nicht sonderlich wohlgesonnen und greifen uns an, sobald sie uns entdecken. Wie Zombies wandeln sie durch die Flure des alten Inns. Im Idealfall lassen wir uns also nicht von ihnen sehen. Wir bleiben aus ihrem Blickfeld, schleichen herum und verstecken uns in Truhen oder Schränken. Wenn wir doch erwischt werden, dann wehren wir uns mit den diversen Waffen, die über die Map in Kommoden und Regalen verstreut sind. Einmal benutzt, verschwinden sie allerdings.
Aber schon hier entpuppt sich die Steuerung von Remothered: Broken Porcelain als sehr fummelig und schwerfällig. Wir können bei den vielen im Hotel verteilten Schränken alle Türen und Schubladen öffnen – allein die Auswahl der gewünschten Lade entpuppt sich aber schon als Geduldakt. Hier muss mit dem Controller oder der Maus Millimeterarbeit geleistet werden. Es folgt die gefühlt längste und langsamste Öffnungsanimation der Spielegeschichte – die sich natürlich auch nicht unterbrechen lässt. Besonders viel Spaß macht das übrigens, wenn man eigentlich mit derselben Taste den Boss, der neben dem Schrank steht, angreifen wollte.
Anschließend ist es ein reines Glücksspiel, ob man mit der Taste, die sowohl fürs Schließen der Lade oder Tür als auch fürs Herausnehmen eines Gegenstandes, wie auch fürs Öffnen der danebenliegenden Türen zuständig ist, wirklich die Waffe erwischt, oder sofort wieder zur Schließanimation übergeht. Ähnlich langsam und mühselig fühlt sich auch der Wechsel von der Schleichposition in die gewöhnliche Laufhaltung oder das Angreifen des Gegners an. Hier weicht das Gefühl der gruselgeladenen Anspannung dem der reinen Frustration mit den Spielmechaniken.
Die Atmosphäre des alten Ashmann Inn hingegen ist auf den ersten Blick schon sehr einnehmend. Düstere und massive Möbel säumen die Gänge, die altmodisch tapezierten Wände sind mit ausgestopften Vögeln dekoriert. Die Dielen und Türen knarzen unheilvoll und die visuellen Filter erinnern an alte Horrorfilme. Einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag leistet auch die stimmungsvolle Musik von Komponisten Luca Balboni. Allerdings reißen einen die sporadisch unzusammenhängend wirkenden Dialoge in der englischen Vertonung (es gibt noch keine deutschsprachige) immer wieder aus der immersiven Umgebung von Remothered: Broken Porcelain. Oft wirkt es eher, als würde jeder Charakter einen Monolog führen, als mit einem anderen kommunizieren. Dieser Eindruck setzt sich auch fort, wenn Jen in einer Truhe oder einem Schrank kauert und sich vorm Feind versteckt und plötzlich laut losjammert. Ungeachtet dessen, ob der gerade davorsteht oder nicht. Zum Glück scheinen die Gegner in Remothered: Broken Porcelain taub zu sein.
Die AI der Gegner, die sich im Hotel herumtreiben, ist wirklich faszinierend. Einerseits sind die Feinde angenehm unberechenbar und wechseln oft unvermittelt die Laufrichtung. Dadurch bleibt immer eine gewisse Grundspannung beim Anschleichen. Andererseits erspähen sie uns mit ihrem Röntgenblick sogar durch geschlossene Türen und manchmal Wände hindurch. Dafür, dass sich das Spiel als Stealth-Titel bezeichnet, sind die Versteck- und Schleichfunktionen sehr begrenzt. Und auf laute Geräusche scheinen die Gegner überhaupt nicht zu reagieren – sobald wir aus ihrem Blickfeld verschwinden, können wir fröhlich im Laufschritt herumtrampeln. Besonders frustrierend entpuppt sich das unausgegorene Stealth-System im Bosskampf, wenn man sich von hinten an sie heranschleichen soll.
Hier erwartete uns übrigens der Punkt, an dem es nicht mehr weiterging. Wir versenkten sämtliche Waffen, die zu finden waren, im Rücken des ersten Bosses, besiegen konnten wir ihn trotzdem nicht. Sogar nach mehrmaligen Neustarts und einem neuen Spielstand tat sich nichts. Im Vergleich mit den Gegnern von Remothered wirken plötzlich sogar die Dark-Souls-Feinde handzahm. Vor allem, wenn wir dann schließlich doch mal vom Boss erwischt werden und zwischen Tür und Rahmen bewegungsunfähig festbuggen.
Im aktuellen Zustand stellt Remothered: Broken Porcelain zumindest in der PC-Version, die wir getestet haben, eine ganz neue Form von Horror dar. Selten sind wir einem Spiel begegnet, das zum Launch so unspielbar war. Wir hoffen sehr, dass sich die Entwickler der vielen Bugs annehmen und den Spielern doch noch einen Titel liefern, der seinem Vorgänger würdig ist. In diesem Fall versprechen wir auch ein Update unseres Reviews. Solange das aber nicht der Fall ist, wollen wir das Horror-Spiel an diesem Punkt niemandem empfehlen.
Wenn ihr euch schon dem Horror stellen wollt, dann können wir euch diese Games mehr empfehlen:
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Aufmacher: ©Modus Games/ Stormind Games
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.