Das neue Pratermuseum bietet einen kultigen kompakten Querschnitt durch die wilde Geschichte der Wiener Institution. Wir zeigen dir, was es im Museum zu entdecken gibt – inklusive Video mit spannenden Eindrücken und einem Interview mit Kurator Werner Michael Schwarz.
von Patrick Meerwald, Christoph König und Kirstin Kriz
Ein Besuch im Pratermuseum ist ein bisschen wie eine Runde mit der Liliputbahn. Das Ganze dauert nicht allzu lang. Du bekommst einen kurzweiligen Einblick in den Freizeitpark und den Grünen Prater – und von allem ein bisschen zu sehen. Der Wiener Prater lebt schon immer von seinem bunten Mix an Attraktionen und Lokalen – von alt und kultig bis modern und schrill zieht er das unterschiedlichste Publikum an.
Diese Vielfalt gibt es nun seit 15. März 2024 komprimiert auf 400 Quadratmetern im neu eröffneten Pratermuseum zu bestaunen. Wir haben vor der Wiedereröffnung einen Rundgang gemacht. Dazu hat uns Historiker Werner Michael Schwarz, der die Dauerausstellung zusammen mit der Vorarlbergerin Susanne Winkler kuratiert, einiges über die Besonderheiten der einzelnen Stücke und die Faszination des Prater verraten. Schaut euch hier das Video dazu an:
Nach langer Zeit als eher graues Mäuschen beim Planetarium platziert, wurde mit dem ersten Spatenstich im Herbst 2022 an einem neuen Standort ein paar Meter vom Riesenradplatz eine neue Ära eingeleitet. Architektonisch und ganz im Sinne der Nachhaltigkeit setzte man beim Gebäude auf Innovation. Die Holz-Glaskonstruktion ist ein echter Hingucker, sticht ab dem Betreten des Pratergeländes sofort ins Auge und hebt sich sichtlich von den restlichen Gebäuden in dessen Umkreis ab.
Eindrucksvoll ist der ebenerdige Eingangsbereich, der für jede:n frei zugänglich ist. Ein riesiges Wimmelbild des deutschen Wahl-Wieners Olaf Osten fängt die über 250 Jahre alte Geschichte des Praters ein. Die Detailverliebtheit und die räumliche Offenheit laden zum Verweilen ein. Diese 110 m2 können außerdem unabhängig vom Museumsbetrieb für Veranstaltungen genutzt werden. Insgesamt hat das Museum 400 m2 Nettonutzfläche.
Die oberen Stockwerke offenbaren den tatsächlichen Museumsbereich. Hier gibt es einen Querschnitt aus all dem, was der legendäre Vergnügungspark zu bieten hatte und hat. Aufgeteilt ist die Dauerausstellung auf drei Stockwerke in mehrere Kapitel: Ort für alle?, Natur und Technik, Der Prater und das Kino, Hall of Fame, Großes Theater, Körper und Lust und abschließend Die Pratersammlung. Eine Struktur, die diesem doch sehr wilden Mix gut tut.
Die Reise durch die Welt und Historie des Freizeitparks gibt es sowohl in Form von originalen Exponaten vergangener Tage, als auch in Form von Gemälden zu erleben. Die Auswahl der Stücke ist so bunt, wie der Prater selbst. Auch die eher düsteren Kapitel, wie der Nationalsozialismus oder der heute sehr fragwürdige frühere Umgang mit Tieren, bekommen ihren Platz. All das gibt es in kleineren Appetithäppchen, die sich nicht überbordend zeigen. Das sorgt auf angenehme Art für eine Vermeidung einer möglichen Reizüberflutung. Denn oft ist die Mischung doch etwas wild – steht da neben dem kultigen Watschenmann gleich ein Modell der riesigen alten Rotunde und ein altes Tenniskleid neben einer Faust die ein Brett durchschlägt.
Kuratiert wird die Ausstellung vom Wien Museum. Wer das neue Wien Museum schon kennt, wird schnell Parallelen finden – siehe hier unser Erfahrungsbericht mit Video. Ein schöner heller Eingangsbereich, oben ein großer Raum mit Stiege und zwei Ebenen – ähnlich der Eingangs-Halle im Wien Museum. Und ebenfalls mit einem großen Eyecatcher: Statt des Praterwals zieht hier die riesige sich drehende Fortuna Statue die Blicke auf sich. Alte Museumsstücke werden hier jetzt auch modern und barrierefrei in Szene gesetzt.
Wer sich aber, ähnlich wie beim Wien-Museum, einen chronologischen und sehr ausführlichen Trip durch die gesamte Geschichte erwartet, wird enttäuscht sein. Um diesen Anspruch zu erfüllen ist das Pratermuseum einfach viel zu klein – für eine kurzweilige Zeitreise als Ergänzung zu einem Praterbesuch ist es aber perfekt und mit 6 oder 8 Euro Eintritt – bzw. freiem Eintritt bis 19 Jahren, jeden ersten Sonntag und für das Foyer – auch absolut kein teurer Spaß.
Helden-Tipp! Der Kinosaal im obersten Geschoß zeigt alte Filme, die über das Pratertreiben aber auch mit dem Prater als Filmkulisse gedreht wurden. Sehr stimmig präsentiert sich generell das Spannungsfeld zwischen Komik und Grusel. Stichwort Kasperl, der völlig regungslos eher wenig mit der für Kinder sonst so lustigen Traditionsfigur gemein hat. Diese verschiedenen Blickwinkel und Interpretationsspielräume sorgen für einen wertvollen Mehrwert im gesamten Museum.
Das neue Pratermuseum bietet einen Rundumblick darüber, was der legendäre Vergnügungspark ist und war. Die vielen originalen Teile vergangener Tage sorgen für einen Urwiener-Charme. Viele Themen bekommen ihren Platz, wenn auch nur als kleine Teaser. Was aber nicht weiter schlimm ist. In etwa 45 Minuten hat man großzügig bemessen die wichtigsten Parts gesehen, kann aber freilich bei Audiostationen auch noch etwas ausführlicher in die Materie eintauchen. Echte Praterfans und Nostalgiker kommen mit dem Kinoraum auf ihre Kosten. Hier gibt es mehrere Videoaufnahmen längst vergangener Tage aus dem Vergnügungspark.
Factbox Wien Museum:
Adresse: Prater 92, 1020 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11:00 – 18:00 Uhr
Eintritt: € 8,00 / ermäßigt € 6,00. Freier Eintritt für alle unter 19 Jahren und jeden ersten Sonntag im Monat
Noch mehr Ausstellungs- und Pratertipps für dich
10 Dinge, die du im Prater machen musst
15 tolle Ausstellungen im Sommer in Wien
Die Welt der Sissi-Film-Macher im Theatermuseum
So einmalig ist das neue Museum Hundertwasser
Die 50 besten Museen in Wien
Wiener Kriminalmuseum
Fotos und Videos: (c) heldenderfreizeit.com
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.