Auf Switch könnten Kindheitsträume endlich in Erfüllung gehen. Denn Pokémon Legenden Arceus ist das erste vollständige 3D Abenteuer für die kultigen Sammelmonster, das augenscheinlich Anleihen vom bahnbrechenden The Legend of Zelda Breath of the Wild übernimmt. Den Schritt in Richtung Open World haben Fans lange herbeigesehnt, die Pokémon seit Kindheitstagen als komprimierte Handheld-Abenteuer spielen mussten. In unserem ausführlichen Test erfährst du, wie sehr Pokémon Legenden Arceus sein Potential tatsächlich ausschöpft.
von Klaus Kainz
Alle, die mit Pokémon groß geworden sind, haben sich gefragt, ob man seine Lieblings-Monster je in einer großen, freien Welt fangen wird – wie in Serie und Film eben. Die meisten Pokémon-Ableger behielten die korridor-artigen Welten und Zufallskämpfe der Gameboy-Tage bei, selbst als Handhelds langsam mit 3D ausgestattet wurden. Pokémon Schwert und Schild lieferten erste Ansätze für weitläufige Gebiete neben dem linearen Story-Pfad, gingen aber nicht weit genug. Pokémon Legenden Arceus knüpft jetzt an diese Bausteine an und erweitert sie drastisch.
In unserem Test erfährst du, für wen sich der Kauf auszahlt uns und wie sehr uns Gameplay, Grafik usw. begeistern konnten. Unser Review zum Nachfolger Pokémon Karmesin und Purpur gibt es übrigens hier.
Pokémon kratzte selten an seiner bewährten Erfolgsformel. Angehende Trainer streiften linear zwischen Wanderwegen von Stadt zu Stadt und bauten für rundenbasierte Zufallskämpfe ein Team aus Pokémon, um Meisterschafts-Orden zu sammeln und am Ende das Monster vom Boxart einzusacken. Dazwischen ging es ans Tauschen und Kämpfen mit Freunden. In neuen Editionen wurden – neben Detailänderungen – hauptsächlich die Monster erneuert und ausgetauscht.
Pokémon Legenden Arceus nimmt erstmals radikale Veränderungen am Konzept vor. Das beginnt beim Setting, das Spieler in ein mittelalterliches Pokémon-Japan verfrachtet. Städte und Wanderwege weichen einem großen Wildraum, in dem die Monster erstmals für die Spieler sichtbar herumstreunen – Zufallskämpfe ade. Ganz wie Zelda funktioniert es aber nicht. Bevor es ins freie Feld geht, rüstet man sich in einer Hauptstadt auf und nimmt Quests an. Bei Letzteren geht es, wenig überraschend, meist um das Fangen oder Besiegen spezifischer Pokémon (neben typischen Item-Fetchquests). Steigt man genug Level und besiegt story-relevante Monster, öffnen sich neue Areale. Während den Quests ist die Erkundung innerhalb der zugänglichen Gebiete aber frei und non-linear.
Nun zum Elefanten im Raum: die Grafik. Der erste Trailer machte uns Sorgen. Weit entfernte Pokémon flimmerten im einstelligen FPS-Bereich durch eine Landschaft mit matschigen Texturen und altbackener Geometrie. Ganz so schlimm ist das finale Game nicht geworden. Kleinere Lokalitäten wie Wälder sind manchmal schön bunt und brillieren im Handheld-Modus mit hohen FPS (noch mehr auf der neuen Switch OLED). Gemessen an der Größe der Pokémon-Marke bleibt das Spiel trotzdem weit hinter seinen grafischen Möglichkeiten. Besonders bei weiten Blicken auf die Landschaft wirkt Pokémon Legenden Arceus schlicht unfertig. Je weiter der Ausblick, desto karger sieht das Spiel aus. Hintergrundgrafiken werden oft viel zu spät geladen und einige Farben wirken gebleicht. Nicht nur Zelda Breath of the Wild spielt in einer anderen Liga. Selbst weniger bekannte Sammelmonster-RPGs wie Monster Hunter Stories 2 oder Shin Megami Tensei V sehen auf der Switch deutlich hübscher aus.
Aber wie heißt es doch? Grafik ist nicht alles. Spielerisch ist Pokémon Legenden dynamischer denn je und hat uns tatsächlich das Gefühl eines echten Pokémon-Trainers gegeben. Zum ersten Mal wirft man in Echtzeit Pokebälle, pirscht sich an die Sammelmonster in ihren eigenen Habitaten heran und schickt sie ohne Ladezeiten in den Kampf. Oder zückt sie per Knopfdruck als Tool, um Material abzubauen und natürliche Hindernisse zu überwinden. Das Ziel ist diesmal nicht, eine Meisterschaft zu bewältigen, sondern klassisch, alle Pokémon zu fangen (bzw. auszuforschen). Positiv überrascht hat uns der dezente Schwierigkeitsgrad, der die Monsterhatz zu keiner Banalität verkommen lässt. Biegt man falsch ab, kann man durchaus in Bedrängnis durch besonders starke Spezies oder Gruppenkämpfe geraten. Etwas dröge sind allerdings die langen Tutorials und Zwischensequenzen.
Seit Jahrzehnten ist Pokémon Nintendo’s ungeschlagener Dauerbrenner in den Verkaufscharts. Viele haben bei Legenden also sicher bereits zugeschlagen. Unser Fazit gilt daher Pokémon-Gelegenheitsspielern wie uns. Durchaus hat der Titel lange überfällige Schritte im Gameplay gemacht, die wir sehr begrüßen. Wem seine Vorgänger auf Switch zu altbacken waren und wer seinen Sammeltrieb nur mit Originalen á la Pikachu und Garados stillen kann, kommt hier auf seine Kosten. Allerdings fällt es uns schwer, die technischen Mängel zu ignorieren. Allzu oft haben wir uns vorgestellt, wie toll das Gameplay in eindrucksvolleren Welten wie aus Monster Hunter Stories und Persona (oder dem damit verwandten Shin Megami Tensei) gewesen wäre.
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Alle Screenshots © Nintendo
Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.