Eigene Texte vor Publikum und Jury auf der Bühne vortragen. So läuft ein Poetry Slam! Ich habe mich getraut anzutreten.
von Lord Volumore
„Insgesamt 30 Punkte! Applaus für den Poeten und nicht für die Wertung!“ Damit endet der erste Akt von Patrick und dem Poetry Slam. Eine tolle und wertvolle Erfahrung. Hups, das war jetzt ein wenig sehr rasch. Ich beginne lieber ganz von vorn.
Beim Poetry Slam eifern mehrere Poeten mit ihren Texten um die Gunst des Publikums. Seinen Ursprung hat der Wettkampf in den USA. Der dichterische Wettstreit hat sich mittlerweile auch im deutschsprachigen Raum etabliert. Es gibt Bundesmeisterschaften, sogar Europameisterschaften. Doch man muss nicht unbedingt bei einem großen Wettbewerb mitmachen. Auch Amateure können sich, wie in meinem Fall, an einem Poetry Slam versuchen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Sieger zu ermittlen: Mit Punkten, die von einem Jurorenteam vergeben werden. Oder es entscheidet die Lautstärke des Applauses über Sieg und Niederlage. Im folgenden Video seht ihr einen der besten Slammer aus Österreich.
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Lass den Poeten in dir raus. Trau dich. Deine Texte wollen auch von anderen als deinen Freunden und deiner Familie gehört werden. Diese Gedanken schwirren durch meinen Kopf als ich mich für den Slam melde. Dazu kommt mir entgegen, dass der Event bei mir ums Eck im Wiener Loft stattfindet. „Beste Voraussetzungen für einen lustigen Abend“, denk ich mir.
… falle mit einem Platsch in die Tiefen der Ernüchterung …
Welchen Text könnte ich vortragen? Sind sie überhaupt gut genug, dass ich sie präsentiere? Ich beginne zu zweifeln, entscheide mich abwechselnd für und gegen Texte. Einmal passt dies nicht, ein anderes Mal etwas anderes nicht. Einmal ist der Text zu kurz, dann passt er nicht zum Anlass. Diese Phase ist die schwierigste beim Projekt Poetry Slam.
… und kämpfe mich auf die Euphorie-Welle zurück
Nach dieser Zeit des Grübelns fällt mir ein Text in die Hände, der aktueller kaum sein kann. Ich denke mir, mit dem steigst du auf die Bühne, mit diesem Text wirst du das Publikum “abholen”. Ich muss ihn auf fünf Sprechminuten erweitern und etwas umschreiben. Das macht aber Spaß. Da ich nun endlich weiß, was ich vorhabe. Ich lasse mich von Impulsen leiten, der Text wird immer besser und besser. Ich bin endlich im Flow.
Mittlerweile habe ich auch einen zweiten vorzeigbaren Text vorbereitet. Für einen möglichen Aufstieg in die Finalrunde versteht sich. Nun geht es an den Feinschliff: Geschicktes Setzen von Pausen. Einsatz von Dialekt oder Hochdeutsch. Der Slam kann kommen.
Auf der Bank der Poeten
Pünktlich betrete ich das Loft. Ich will die ganzen Begebenheiten noch kennenlernen. Spannend wird es schon vor dem Auftritt. Denn es gibt dieses Mal mehr Anmeldungen als Plätze. Das Los entscheidet, wer teilnehmen darf. Glücklicherweise wird mein Name gezogen, also kann ich auf der Bank Platz nehmen, die extra für die Poeten reserviert ist. Ein gutes Gefühl.
Als insgesamt Vierter betrete ich die Bühne. Ich bin etwas aufgeregt. Kann meinen eigenen Text nicht mehr lesen, improvisiere viel. Vollkommen egal, ist das doch auch mein erster Versuch. Es kommt zur Punktevergabe. Mein Name wird gerufen und das sechsköpfige Jurorenteam aus dem Publikum hebt die Punktetaferln. Jeder kann bis zu neun vergeben. Es geht ans Auszählen: „30 Punkte! Applaus für den Poeten und nicht für die Wertung!“ Damit endet der erste Akt von Patrick und dem Poetry Slam.
Stille Post – der Loftslam
Steigt jeden dritten Mittwoch des Monats im Loft Wien
Zwölf Teilnehmer treten gegeneinander an. Nach jeweils drei Poeten vergeben die Publikumsjuroren bis zu neun Punkte. Die beste und die schlechteste Wertung fallen raus. Die besten vier kommen ins Finale. Hier tragen sie noch einen Text vor. Wer den lautesten Applaus des Publikums erntet, gewinnt.
Der Eintrittspreis ist abhängig von der Location, in der der Slam stattfindet. Das gilt sowohl für Zuhörer als auch die Performer. Im Loft ist beides kostenlos.
Eine echt tolle Erfahrung. Fortsetzung folgt. Das ist gewiss.
Fotos: heldenderfreizeit.com
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.