Das Finale der Planet Festival Tour der Saison 2019/20 ging nach mehreren Covid-bedingten Verschiebungen endlich im Gasometer über die Bühne. Sieger sind Elephant Planet. Wir waren als Mitglieder der Jury mittendrin statt nur dabei. Was das Grande Finale hergegeben hat, wie sich die elf Bands geschlagen haben. Alles und mehr in unserem Nachbericht zum Finale.
von Patrick Meerwald
11. Oktober 2021: Endlich, aber wirklich endlich, konnte das große Finale der Planet Festival Tour der Saison 19/20 gespielt werden. Österreichs größter Musiker-Wettbewerb stand wegen der Pandemie lange Zeit auf Standby. Rund einieinhalb Jahre nach dem ursprünglich angesetzten Termin war es am vergangenen Samstag (9. Oktober) endlich soweit.
Unser Musik-Ressortleiter Patrick Meerwald war da natürlich mit von der Partie. Er ist seit mehreren Jahren Teil der Hauptjury der Veranstaltungsreihe. So auch im Finale. Wie der große Big Bang ablief, wie sich die Acts machten, womit sie aufzeigten. Abgerundet mit dem einen oder andere Helden-Tipp für künftige Teilnehmer. Alles in seinem großen Rückblick!
Vorab, jedes der elf Talente, das an diesem Abend aufspielte, hat zweifellos viel Klasse und einen Top-Platz verdient. Nicht umsonst haben sie sich in den Playoffs und den Qualifyings davor erfolgreich behaupten können.
16:30 Uhr, Ankunftszeit für die Jury im Gasometer Wien. Der erste Stimmungscheck bei den Bands. Es ist zwar ein Wettstreit, aber von einem Konkurrenzdenken oder gar einer negativen Anspannung ist beim Betreten des Backstage-Bereichs nichts zu spüren. Hier singen sich die Sänger ein, draußen wird noch die eine oder andere Entspannungszigarette geraucht und in einer anderen Ecke an der Setlist final getüftelt.
Als erster Step begrüße ich viele mir bekannten Gesichter: von Bands, über die Veranstalter, bis zu Securities, Licht- und Tontechnik. Schon geht es in die Halle den Platz einrichten, Laptop anschließen und die Running Order begutachten. In rund zehn Minuten geht es auch schon los.
Pünktlich um 17 Uhr betritt Moderator Titus Vadon mit seinem Signature-Sound und seinem berüchtigten”Yo Yo Yo” die Stage und heißt das Publikum willkommen. Der musikalische Reigen startet mit den Austropopern von Echt Guad. Auch deren Fans haben sich mit leuchtenden Armbändern für ihre Favoriten schick gemacht. So lässt es sich bestens in den Contest starten.
Die Band spielt ein sehr solides Set und schließt ihre Performance mit einem spielerisch gelungenen Cover des Bon Jovi Super-Hits Runaway würdig ab. Und hier schon der erste Tipp für Musiker, die sich auch an der Planet Festival Tour versuchen wollen. Allgemein, Covers dürfen rein regeltechnisch maximal 45 Prozent eurer Setlist einnehmen. Wenn ihr euch dazu entschießt, macht es mit vollstem Einsatz und ja nicht einfach so nebenher. Ein besonders gut gespieltes fällt sehr positiv auf, ein missglücktes entsprechend weniger gut. Das Original kennt man schließlich schon. Was von Beginn an eine hohe Grunderwartung bedeutet. Also überlegt euch genau, was, wie und ob ihr covern wollt.
Kurze Umbaupause für die wohl härteste Band von heute. Neckbreak machen sich bereit. Hier hämmern und dröhnen Drums, Gitarre und Bass bestens. Dazu fegt der gutturale Gesang ordentlich über die Bühne. Für Freundinnen und Freunde der härteren musikalischen Gangart ein echtes Highlight. Diese Truppe beweist an diesem Abend, wie gut ihr Sound für so ein Setting passt. Etwas mehr Stagetalk wäre für künftige Konzerte sicher wünschenswert. Wenn nicht der Moderator vor dem Set den Namen der Band genannt hätte, wüsste ihn keiner.
Anmerkungen notiert und schon am kurzen Austausch mit den anderen Kollegen und Kolleginnen, wie sie den Start in den langen Abend empfanden. Euphorisch oder doch eher zurückhaltend. Die Meinungen gehen auseinander. Ein Blick zurück in das Geschehen in den Saal beweist: Die Halle füllt sich immer mehr. Das kann der Stimmung einfach nur gut tun. Der nächste Act steht schon in den Startlöchern.
Und zwar die Loop-Künstlerin Marionetta. Größten Respekt für den Mut auf so einer großen Bühne alleine aufzutreten. Die Sängerin legt los und schon kommen Gänsehaut-Schübe. Eine wahnsinnig starke und kraftvolle Stimme, gepaart mit Texten, die heikle Themen behandeln, aber mit so viel Feingefühl ausgestattet sind. Einfach großartig. In einem Moment zwischen den Songs verrät uns die Sängerin, dass sie versehentlich ihre restlichen Loops durch ein doppeltes Drücken an der Maschine gelöscht habe. Ein kleiner Fauxpas, der sich überhaupt nicht in Nervosität äußert. Marionetta zieht weiter mutig ihr Ding durch und wird zum Schluss mit wohlverdientem Applaus von der Bühne begleitet. So können Live-Pannen gelöst werden.
Jetzt aber schnell nach hinten und an die frische Luft. Das Wissen, an diesem Abend noch mehrere Stunden zu sitzen, macht es notwendig, sich auch ein bisschen zu bewegen. Am Weg nach draußen noch ein paar Musiker begrüßt und den kurzen Intermediate ausgekostet. Flotten Schritt nun zurück zum Platz. Die nächste Band ist schon ready.
Los geht’s mit Nummer vier von elf. Travel To Paradise. Sie liefern eine tolle Song-Auswahl, die sowohl rockige Parts beinhaltet, aber genauso sich auch an Rap-Passagen bedient. Dieser bunte Mix weiß zu gefallen. Was diese Burschen aber besonders stark macht: Sie haben für den Auftrit ein eigenes Intro einspielen lassen, das die Band vorstellt und die Crowd einstimmt. Außerdem zeigen sie während der Show eine Interaktion mit dem Publikum, stellen jeden Member einzeln und sehr sympathisch selbstbewusst vor. Ein Merkmal, das für diesen Rahmen und allgemein für tollen Wiedererkennungswert sorgt.
Die nächste Umbauphase wird genutzt, um schnell ein Getränk zu schnappen und die Beine zu vertreten. Bevor noch der Platz in der Halle angesteuert werden kann, steht Planet.tt Boss Josef “Muff” Sopper vor mir. Er begrüßt mich äußerst freundlich, wir unterhalten uns über die Planet Festival Tour, wie ich meine Rolle in der Jury sehe und mehr. Beeindruckend: Muff strahlt eine enorme Ruhe aus, trotz eines sicher stressigen Abends als Veranstalter des ganzen Events. So kann es weiter gehen.
Simple Mindset, der folgende Act des heutigen Abends der Planet Festival Tour ,liefert auch eine solide Show ab. Die Band habt sich offensichtlich viele Gedanken um die Abfolge ihrer Titel gemacht. Hier stimmt der Spannungsbogen von Anfang bis Ende. Angefangen mit einem catchy Lied, gefolgt von einem Teil mit Mitsing-Charakter. Die später einsetzende balladen-artige Nummer passt auch perfekt. Es sind eben nicht nur die einzelnen Tracks, die ein Konzert unvergesslich machen, sondern auch ein Plan, wie die Setlist aufgebaut wird! Simple Mindset sind darin sehr stark.
Thanks 4 Nothing betreten die Bühne, haben von dem ersten Augenblick den vollen Fokus on Stage. Sie haben sichtlich Spaß. Dieser Funke springt auf die mittlerweile angewachsene Crowd über. Auftrag: “In die Hocke gehen und nachher springen!” Erstmals an diesem Abend funkioniert das Zusammenspiel mit Band und Publikum durchgehend perfekt. Das zeigt auch eine später initiierte Wall of Death oder ein Handy-Lichtermeer.
Hochklassig geht es mit Perfumed Garden weiter. Diese Truppe beweist eine tolle Eingespieltheit, die Musiker interagieren und reagieren mit und aufeinander. Das ist wirklich top. Aber der Gesang, wow. Da ist so viel Kraft und Diversität drinnen. Sowohl wenn es rauer als auch wenn es einmal sanfter zur Sache geht. Auch nutzt die Band die Größe der Bühne bestens mit tollen Einlagen und generell viel Bewegung on Stage. Aber alles im richtigen Maße. Wenn dann auch noch der Sänger ins Publikum zum Moshpit springt, dann sagt das schon vieles aus.
Teilweise gibt’s den einen oder anderen Rap-Part in den sonstigen Classic Rock Nummern. Ein Versuch, der nicht immer perfekt aufgeht. Trotzdem ein mutiger Schritt, sich aus der eigenen Komfortzone zu bewegen, der gewürdigt gehört.
Die nächste Band am Programm ist schrill, crazy und einzigartig. Musikalisch geht es zwischen psychodelisch und progressiven Rock-Soundshochklassig zu. Textlich ist es zum Teil sozialkritisch, mal sehr abstrakt. Zu Beginn wird widerum eine ganze Menükarte eines italienischen Restaurants zitiert. Für Irgendwiens ganz besondere Form der musikalischen Performancekunst gebührt ihnen der allergrößte Respekt. Diese Band hört man sich nicht nur an, man bekommt eine Show für alle Sinne.
Nun aber mal rasch wieder in den Backstage. Die ersten acht Bands haben absolut gezeigt, was in ihnen steckt. Die Interpreten sorgen dafür, dass die Zeit durchaus schnell vergeht. Ein kleines Jauserl in der Kantine muss trotzdem sein. Am Weg dahin laufen mir Acts über den Weg, die es schon “hinter sich haben” und voll Begeisterung auf ihre Shows zurückblicken. Das motiviert auch mich. Aber nun zurück zu meinen Jury-Kollegen.
Nun sind aber wirklich schon echt viele Leute da. Sowohl auf den Sitzplätzen, als auch im Stehbereich. So etwas beflügelt hundert Pro die restlichen Künstler.
Weiter geht´s mit Elephant Planet. Mit ihren pinken T-Shirts und dem Elefanten darauf sind alle Blicke sofort auf sie gerichtet. Ein toller Wiedererkennungswert. Solche Tools sind absolute Pluspunkte für Bands. Aber nicht nur äußerlich holen sie viel heraus. Elephant Planet haben eine durchaus komplexere Struktur in den Arrangements der Titel. Doch sind da einige Kniffe eingebaut, die dafür sorgen, dass die Songs zugänglich bleiben. Ein weiterer Pluspunkt: Sie machen als erstes von sich aus darauf aufmerksam, wie das Voting-System funktioniert! Was bei den anderen eher peripher zur Sprache kommt.
Die Glazed Curtains sind die vorletzte Band an diesem Abend. Seit ich hier bin strahlen die vier Burschen eine tolle Ruhe und Gelassenheit aus. Diese bewahren sie auch nun on Stage. Ergänzt um eine wirklich stabile Teamleistung. Lead-Gitarre und Bass beflügeln sich gegenseititg sehr stark, während sie auch beim Singen bestens aufeinander abgestimmt sind. Die Rolle des ruhenden Fels in der Brandung füllt der zweite Gitarrist imponierend aus. Die Drums liefern für alle drei Saiten-Instrumente eine tolle Unterlage, geben eine Richtung vor und sind trotzdem für sich selbst stehend toll gespielt. Dieser gelebte Zusammenhalt ist echt vorbildlich.
Jetzt ist der Moment für die letzte Band. The Attic aus Niederösterreich stürmen nun die Bühne. Sie spielen mit so einem Fokus, obwohl der gesamte Planet Festival Tour Abend schon über vier Stunden dauert. Diese lange Wartezeit hat bei ihnen keine Spuren hinterlassen. Die Songs sitzen, auch die Publikumsinteraktion gelingt bestens. Wirklich stark, wie lange The Attic diese Spannung halten und durchziehen können. Der gesunde Variantenreichtum in ihren Titeln ist ein toller Drüberstreuer. Ein Abschluss, der dafür sorgt, dass man die Show in guter Erinnerung behält.
Nun haben alle Acts ihre Pflicht getan und können nun etwas durchschnaufen. Auch das gesamte Jury-Team kann nun etwas entspannen. Wir holen uns Essen, spekulieren wer denn gewinnen könnte. Während die Veranstalter die verkauften Tickets zählen, die 50 Prozent der finalen Punkte ausmachen, und diese mit den Juroren-Wertungen gegenüber stellen, sorgen Mind Control (die Sieger 2019) für eine tolle Ablenkung. Ein cooles Programm, um die Wartezeit zu überbrücken.
Nach dem rund 30 Minuten dauernden Set erscheint Moderator Titus auf der Bühne. Mittleweile ist es fast 1 Uhr in der Früh. Doch das kümmert uns nicht. Zuerst geht es an die Verlosung der Tombolapreise, deren Gewinner Titus nach und nach aus dem Publikum auf die Bühne holt. Doch gleich im Anschluss wird es ernst. Wer wird der Sieger sein. Wer gewinnt Festivalslots oder Instrumente oder doch Studiotage. Und wer ist der Sieger? Titus verliest Act um Act und nach einigen Minuten erfahren wir es. Der Sieger der Planet Festival Tour mit äußerst knappen Vorsprung auf die Plätze zwei und drei ist Elephant Planet! Wir gratulieren den Siegern herzlich zu dem Coup!
Dieses Finale der Planet Festival Tour war einem Musiker-Wettstreit würdig. Jeder Act hat absolut abgeliefert, sich im Vergleich zu früheren Auftritten gebessert, Feedbacks von früheren Runden umsetzen können. So macht Live-Musik Spaß. Vielen Dank an alle Beteiligten!
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Alle Bilder: (c) Yan Bululukov
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.