Dumblebore, Grindelwald und Scamander bereits vergessen? Es ist auch eine Weile her. Aber die Geschichte ist noch nicht beendet und Joanne K. Rowling hat gemeinsam mit den Harry Potter Routiniers, Regisseur David Yates und Drehbuchautor Steve Kloves, der Reihe mit Dumbledores Geheimnisse ein weiteres Kapitel angehängt. Ob uns Phantastische Tierwesen 3 nach dem durchwachsenen zweiten Teil noch verzaubern kann, liest du im Review.
von Susanne Gottlieb
7. April 2022: Die Welt rund um Hogwarts ist zurück. Nach einer vierjährigen Pause zieht die Gruppierung rund um Newt Scamander (Eddie Redmayne) erneut in den Krieg gegen Grindelwald. Der wird diesmal von Mads Mikkelsen gespielt. Johnny Depp war nach einem sehr öffentlich ausgetragenen Rosenkrieg gegen Exfrau Amber Heard, in dem er auch wegen vermeintlichen Missbrauch vor Gericht stand, gefeuert worden. Abgesehen von dieser Kontroverse stellte sich aufmerksamen Beobachtern auch die Fragen, wo ist Tina Goldstein (Katherine Waterston)? Die Figur war auffallend abwesend von jeglichen Trailern oder Promomaterial. Zur Beruhigung – sie ist im Film. Aber nicht viel.
Doch die wichtigste Frage überhaupt: Hat Rowling mit diesem Film endlich die Kurve gekriegt? Der erste Fantastic Beasts war ein quasi in sich geschlossenes sympathisches Abenteuer. Der zweite eine überlange Katastrophe. Wie macht sich nun Phantastische Tierwesen 3, mit neuen Darstellern und altem Harry Potter Team? Steve Kloves, Drehbuchautor der Harry Potter Filme ist ja zum Franchise zurück gekehrt. Wir verraten es euch hier. Und: Hier bereits alle neuen Kinostarts im Mai.
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Nachdem Gellert Grindelwald (Mads Mikkelsen) in Paris den Kampf gegen die Muggles ausgerufen hat, setzen Albus Dumbledore (Jude Law) und Newt Scamander (Eddie Redmayne) ihren Einsatz fort, den dunklen Zauberer zu besiegen. Dabei rekrutieren sie nicht nur abermals Newts Bruder Theseus (Callum Turner) und den amerikanischen Muggle Jacob (Dan Fogler). Newts Assistentin Bunty (Victoria Yeates) darf auch erstmals im Vordergrund mitmischen. Auch die neue Bekanntschaft Yusuf Kama (William Nadylam) ist mit von der Partie. Neu im Team ist die amerikanische Hexe und Professorin Lally Hicks (Jessica Williams). Queenie (Alison Sudol) kann nicht helfen, sie ist im letzten Film zu Grindelwald übergelaufen. Ihre Schwester Tina (Katherine Waterston) ist anscheinend zu beschäftigt, das amerikanische Aurorenbüro zu leiten.
Grindelwald versucht es, wie das offensichtliche Vorbild Hitler, auf das hier immer wieder angespielt wird, diesmal über die Politik. Anscheinend werden alle Hexen und Zauberer in Rowlings Welt von einem Supreme Leader angeführt, und dieser Wahl will sich Grindelwald stellen. Das bedeutet aber, dass er erst einmal in Berlin (!) von dem gegenwärtigen Supreme Leader, den deutschen Anton Vogel (Oliver Masucci) als Kandidat akzeptiert werden muss. Weil man in Deutschland auch in der Zaubererwelt anscheinend den Weg des geringsten Widerstands geht, lässt Vogel sich auf Grindelwalds Scharade ein.
Dieser hat nämlich ein seltenes Wesen namens Qilin gefangen. Diese Kreaturen werden immer dann geboren, wenn ein großer Herrscher geboren wird oder stirbt. Er nutzt dessen Blut nicht nur, um in die Zukunft sehen zu können, sondern will auch die kommende Wahl damit manipulieren. Ebenso ist da noch immer sein nicht brechbarer Blutschwur mit Dumbledore. Er setzt das neu entdeckte Dumbledore Familienmitglied Credence/Aurelius (Ezra Miller) auf den Magier an. Was auch Dumbledores Bruder Aberforth (Richard Coyle) auf den Plan ruft.
Dass Rowling nicht mehr die eigenen Drehbücher schreibt, kann wohl als Aufwertung der Reihe gesehen werden. Zu lang, zu literarisch, zu konfus verschachelt war der zweite Film der Reihe. Doch selbst Kloves kann an sich nicht mehr retten, was sich immer mehr zu einer totalen Kapitulation vor ihrem eigenen Werk entpuppt. Vielleicht ist es auch die Tatsache, dass Harry Potter Young Adult Fantasy war und Phantastische Tierwesen hier mehr auf ein älteres Publikum schielt. Aber die Bedrohung von Grindelwald scheint ungleich höher an diesem Punkt als jene von “Voldemort am Hinterkopf eines Lehrers klebend oder ein Jugendsportturnier manipulierend”.
In einer rasanten Fahrt durch die “Mitspieler des jeweiligen Films” werden Figuren wie Nagini (Claudia Kim) aus dem letzten Teil kommentarlos gestrichen, manche Figuren wie Tina treten mysteriöserweise in den Hintergrund (Ist es weil Waterston gerade ein Kind bekommen hat? Mag Rowling sie nicht mehr, weil sie sich gegen deren Trans-Kommentare ausgesprochen hat?). Andere sind bereits tot oder werden wie Yusuf nur mehr zu Stichwortgebern. Auch Credence, der im ersten Film noch die große Bedrohung war, und dessen Abstammung die Ereignisse des zweiten Teils so motiviert hatte, ist inwischen – einfach nur mehr da. Seine Abstammung spielt nur sehr plakativ in die Handlung hinein und lässt die große Katharsis vermissen.
War Harry Potter noch eine vom Bombast kleiner angelegte, sympathische YA-Adaption, in der es darum ging, sich selbst zu finden, weiß Phantastische Tierwesen die halbe Zeit nicht, was es will. Zu sehr hat Rowling hier die moderne Blockbuster Formel von “Truppe reist um den halben Globus um Bösewicht mit Weltherrscher-Ambitionen aufzuhalten” verinnerlicht. Zu sehr hat sie ihre Magierwelt ad absurdum geführt. Warum plötzlich ein mythologischer “Paul der Krake” Verschnitt den Supreme Leader der Zaubererwelt bestimmen soll, das weiß nur sie. Von der Aura eines Voldemort-Todesser Kults in Anlehnung an die Faschisten des 20. Jahrhunderts ist dabei nur mehr wenig übrig geblieben.
Phantastische Tierwesen kann die Magie einfach nicht mehr einfangen. Die Handlung ist inzwischen zu abstrus, die Figuren zu vergessenswert. Zwei Filme könnten theoretisch noch entstehen. Wenn nicht, dann dient aber auch Teil 3 als in sich geschlossenes Finale für die Reihe.
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Fotos: (c) Warner Bros
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.