Was ist ein Packraft? Welche Ausrüstung braucht es im Wildwasser und wo bekomme ich sie? Wie fahren sich die einfacheren Abschnitte auf der Soca? Ist ein Guide oder Kurs notwendig? Was musst du noch beachten? Wir haben eine herrliche Packraft-Tour auf dem wahrscheinlich schönsten Fluss der Alpen unternommen und geben dir aus eigener Erfahrung ein paar nützliche Tipps für einen schönen sicheren Bootstrip im türkisen Wildwasser-Wonderland. Übrigens: Hier gibts noch 9 tolle Reisetipps für den Sommer.
von Christoph König
Die Ankunft der Aliens! Vier junge Menschen, die sich am Ufer bei Tolmin gerade in der Nachmittagssonne entspannen, reiben sich verdutzt die Augen. Denn wir steigen direkt an ihnen vorbei in kompletter Wildwasser-Montur aus der Soca – knallrot bzw. knallblau mit Trockenanzug, Helm, Schwimmweste, Paddel und geschultertem Packraft. Es ist das Ende unserer Tour auf einem der schönsten Flüsse der Alpen. Ein Moment, in dem wir uns durchaus als Helden fühlen. Denn wir sind erstmals ohne Kurs und Guide mit unseren ultraleichten Rucksackbooten am Wildwasser gefahren. Ohne zu kentern, aber um viele Erfahrungen reicher.
Welche Ausrüstung braucht es für dieses Abenteuer? Was muss man am Fluss beachten? Was sind die Schlüsselstellen auf verschiedenen Streckenabschnitten? Fragen, auf die man im Netz nur bedingt Antworten findet. Daher wollen wir euch in unserem Packraft Soca Anfänger-Guide ein paar nützliche Tipps und Antworten geben. Eines vorweg: Wir können hier großteil nur Anstöße geben, viele Infos müsst ihr euch direkt vor Ort holen, um selber den für euch idealen Weg zu finden. Denn viel hängt von Können und Wasserstand ab. Was ihr auf alle Fälle braucht, ist ein River Pass (Preis: 3 Euro pro Tag), mit dem ihr die Soca befahren dürft.
Ein Packraft ist ein ultraleichtes, aufblasbares Boot, das du easy in einem großen Rucksack verstauen kannst und somit im Gegensatz zu einem Kajak nicht auf ein Auto angewiesen bist. Denn es lässt sich damit auch wandern. Zwar ist ein Packraft nicht ganz so wendig wie ein Kajak, dafür zumeist gutmütiger zu fahren (du kippst und kenterst weniger leicht). Dennoch gibt es Modelle, die ausgesprochen gut auf Wildwasser zu fahren sind. Mit dem klassischen Plastikbooterln aus dem Baumarkt haben sie nix zu tun, denn die Ausführung ist qualitativ sehr hochwertig und die Spitzenmodelle fahren sich auch sehr komfortabel.
Am Wildwasser empfehlen wir das auf jeden Fall. Wir haben als Vorbereitung ein Jahr vor unserem Packraft Trip einen einwöchigen Kajakkurs auf der Soca belegt – wie es uns dabei ergangen ist, kannst du hier im Detail nachlesen. Dabei erlernst du die Basics zur Sicherheit, die richtige Paddeltechnik und den Fluss besser zu lesen. Außerdem kannst du dich mit Streckenabschnitten vertraut machen, die du später vielleicht alleine abfährst. Zusätzlich sind wir noch einen Tag mit einem Guide und unseren Packrafts auf der Salza gefahren. Für die erste Ausfahrt empfehlen wir zumindest einen Guide, der den Fluss gut kennt und euch eine gute Linie für Anfänger zeigt.
Ein Packraft – im Idealfall mit aufblasbarem Sitz, Schenkelgurten und Spritzdecke. Dazu eine Schwimmweste, Helm, ein mehrteiliges zusammensteckbares Paddel und einen großen Rucksack zum Verstauen deines Equipments. Optional: Wasserdichte Taschen und Neoprensocken. Achtung: Auch bei 30 Grad Lufttemperatur ist die Soca 10 Grad kalt. Daher empfehlen wir zum Fahren einen Neoprenanzug mit Wildwasserjacke oder einen Trockenanzug zu tragen.
Eine solche Ausrüstung taugt viel, ist aber nicht billig. Beim Anfibio Packrafting Store findest du alles zu einem starken Preis-Leistungsverhältnis. Hier unsere Empfehlung für ein vergleichweise günstiges wildwassertaugliches Setup:
Vor unserer Soca-Fahrt, sind wir erstmal auf dem nahegelegenen Predilsee gecruist. Der ist nicht nur extrem schön, hier kannst du auch schon einmal deine ganze Ausrüstung testen, auf dich einstellen und in Ruhe an deiner Paddeltechnik feilen. Beim Grundschlag stichst du weit vorne mit dem Paddel ein und ziehst es steil nahe am Boot bis zu dir (nicht weiter nach hinten). Außerdem haben wir kentern geübt, um zu sehen, ob wir uns schnell auch mit Spritzdecke aus dem Boot befreien können. Das gibt einem gleich ein sichereres Gefühl – und dann weiß man auch gleich, ob die wasserdichten Ausrüstungsteile (wie beispielsweise der Trockenanzug) eh so wasserdicht sind, wie sie sein sollten.
Am Fluss eignet sich die Einstiegsstelle “Napoleonov Most” unterhalb der Napoleon Brücke auch sehr gut für die erste Feuertaufe, weil die Soca hier bei normalem bis niedrigem Pegelstand so langsam fließt, dass du in ganz ruhigem Wasser üben kannst.
Als Anfänger mit wenig Übung haben wir uns ausschließlich auf die leichteren Abschnitte der Soca, die mit Wildwasser I und II angeführt sind, konzentriert. Ganz nach dem Motto: Safety First – auch weil wir erstmals ohne Guide unterwegs waren. Mehrmals sind wir vor Kurven und unübersichtlichen Stellen ausgestiegen, um die Strecke vorab zu besichtigen. Die extrem leichten Packrafts haben im Gegensatz zu Kajaks den Vorteil, dass man schwierige Stellen einfacher umtragen kann. Auch empfiehlt es sich vor der Fahrt flusskundige Menschen oder Kajaklehrer nach den Bedingungen und möglichen Hindernissen zu befragen.
Sehr hilfreich ist die river-app, die euch mit Infos zum aktuellen Pegelstand versorgt. Aber aufgepasst! Auch aus leichteren Strecken kann bei starkem Regen schnell ein reißender Fluss werden und euch vor große Schwierigkeiten stellen. So hat an unserem Abreisetag ein Unwetter die Soca innerhalb von nur einer halben Stunde auf die doppelte Pegelhöhe anschwellen lassen. Deshalb lässt sich nie generell sagen, wie leicht ein Abschnitt zu befahren ist. Das hängt immer von der aktuellen Situation ab. Auch verändert der Fluss über die Jahre seinen Lauf. Somit ist Erfahrung nicht immer das einzige Kriterium. Auch wenn es manchmal mühsam erscheinen mag: Aussteigen und sich zu Fuß selbst ein Bild machen, ist wenn man unsicher ist, immer zu empfehlen.
Hier unsere Erfahrungswerte vom Sommer 2021. Natürlich kann sich wie erwähnt jederzeit etwas an den Bedingungen ändern (alle Angaben daher ohne Gewähr).
Beim flachen einfachen Einstieg müsst ihr mit einigem Verkehr rechnen, denn hier gehen auch viele Kajak-Anfänger ins Wasser. Auf der Wiese oberhalb der Einstiegstelle könnt ihr neben dem Parkplatz in Ruhe euer Packraft aufbauen. Zuerst geht es eine gemütliche Gerade entlang. Bei der ersten Linkskurve wartet der erste Schwall. Beim langen Abschnitt nach Boka ist die Soca dann sehr breit und das Wasser relativ flach. An der Flussfarbe könnt ihr die tieferen Stellen gut erkennen, um zu vermeiden, dass euer Packraft bei Flachwasser an Steinen radiert. Umrahmt von einem unglaublich schönen Bergpanorama bietet die Soca hier in den Kurven einfach zu fahrende Schwälle. Freilich muss man auch hier die Felsen im Wasser umfahren.
Ungefähr bei der Hälfte könnt ihr in einer Linkskurve zwischen einem linken und rechten Flussarm wählen. Ganz rechts wurde man bei unserer Fahrt von der Strömung zu Holzgestrüpp getrieben. Eine Kollision mit Geäst sollte man gerade mit dem Packraft vermeiden. Danach liegt in der Mitte gleich ein Baumstamm, den man aufmerksam umfahren sollte (Stand: August 2021). Ohne größere Schwierigkeiten geht es bis zur Ausstiegsstelle bei der Boka Brücke. Es empfiehlt sich eine kleine Wanderung zum mächtigen Boka-Wasserfall.
Hier ist ein guter Platz für eine kleine Jause. Die Strecke beginnt gleich mit zwei amüsanten Schwällen. Besonders ab dem zweiten sollte man bei Flachwasser mit dem Packraft auf die Felsen knapp unter der Wasseroberfläche achten. Nach einem flachen Mittelabschnitt wird der Fluss gegen Ende wieder etwas lebendiger. Nach einer S-Kurve mit Schwall und größerem Felsen links erreicht man den Ausstieg Srpenica 1, wo im Hochsommer wegen der vielen Raftingboote, die hier einsteigen, reges Treiben herrscht. Die Strecke bis Srpenica 2 und bis Trnovo 1 (“Friedhofsstrecke”) lassen wir als Anfänger ohne Guide aus.
Dafür fahren wir am nächsten Tag gleich noch einmal die Strecke von Cezsoca bis Srpenica 1. Dass sie leider den abfälligen und sexistischen Spitznamen “Hausfrauenstrecke” trägt, lässt uns bei unserer Entscheidung kalt. Zumal sich zeigt, dass wir unsere Fahrt beim zweiten Mal mit ausreichend Streckenkenntnis (bis auf einer kleinen Schrecksekunde beim Gestrüpp) noch viel mehr genießen können. Besonders das Wellenfahren macht mit den biegsamen Packrafts viel Spaß.
Eigentlich wollten wir an unserem letzten Urlaubstag ja nur eine kleine Tour machen: Am Ende wurden es dann doch drei Stunden. Als Einstieg empfehlen uns erfahrende Kajaker die Hängebrücke oberhalb der Napoleon Brücke. Bei einer Wanderung zum nahegelegenen Kozjak Wasserfall, der wunderschön in eine Höhle fließt und uns einen guten Überblick über die Strecke ermöglicht, entscheiden wir uns wegen der Wucht des Wassers aber dagegeben. So geht es bei der Einstiegsstelle ein wenig unterhalb der Napoleon Brücke los. Für Anfänger sehr gemächlich fließt die Soca hier extrem breit. Ehe sie in den Kurven dann doch mehr Schwung aufnimmt. Hier gilt es je nach Wasserstand eine gute Linie zu wählen. Wir entscheiden uns hier meistens für außen, weil unsere Packrafts sonst im Flachwasser stecken bleiben. Kurz vor Kamno – ein magischer Moment: Direkt vor uns überquert ein Reh durch den Nebeldunst den Fluss. Die erste Ausstiegsmöglichkeit bei Kamno lassen wir rechts liegen und auch bei Volarje und Gabrje haben wir noch Lust auf mehr.
Wir nutzen jetzt die “Ententaktik”. Heißt: Wir folgen einem versierten italienischen Kajaklehrer, der zwei Anfänger gerade durch den Fluss lotst. Das erweist sich als goldrichtig, denn kurz vor Tolmin wird es noch einmal wilder als erwartet. Zwischen Felsen muss man die Linie genau halten. Die Stromschnellen und Wellen machen hier richtig viel Spaß. Die Italienerin vor mir kommt dem Felsen zu nahe und macht den Anfänger-Fehler sich von ihm weg zu lehnen statt zu ihm hin. Sie kentert – ist aber Gott sei Dank rasch wieder am Boot. Mir gelingt es erstaunlich problemlos ihr auszuweichen. Und so steigen wir nach dem anspruchsvollsten Abschnitt unserer Packraft-Tour in Tolmin stolz aus dem Wasser, ohne ein einziges Mal gekentert zu sein.
Ein freundlicher Slowene nimmt mich als Autostopper nach Kobarid mit, wo ich das Auto hole, während meine blaue Packraft-Kumpanin inzwischen unsere zwei Boote samt Equipment zusammenpackt. Für die jungen Zaungäste, die uns wie Aliens angestarrt haben, ist das dann auch nicht mehr so aufregend. Sie schlafen längst wieder als wir wieder abreisen und träumen vielleicht selber von einer kleinen Bootsausfahrt auf der wunderschönen Soca. Slowenien du siehst uns bald wieder.
… findest du hier in unserem Sportler-Bereich. Hier ein paar Artikel, die dich besonders interessieren könnten:
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Aufmacherfoto: (c) heldenderfreizeit.com
Advertorial-Hinweis: Dieser Guide ist im Zuge einer Kooperation mit dem Anfibio Packrafting Store zustande gekommen.
Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.