Sticknadeln, Kleiderbügel und kochheißes Wasser: um eine Schwangerschaft abzubrechen, gehen Frauen bis heute an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Wir haben für dich die ON ABORTION Ausstellung von Laia Abril im Foto Arsenal im Wiener Museumsquartier besucht und erzählen dir hier, was dich erwartet.
von Verena Fink
Shuai ist in der 33. Woche schwanger und will ihr Kind nicht behalten. Sie unternimmt einen Selbstmordversuch mit Rattengift, stirbt allerdings nicht daran und bringt ihr Baby mit Not-Kaiserschnitt zur Welt. Anschließend verbringt die 36-Jährige 435 Tage im Gefängnis, die Gründe sind Fötus-Mord sowie versuchte Unfruchtbarmachung. Ein Bericht aus dem 20. Jahrhundert? Nein, wir schreiben das Jahr 2011 in Indiana, USA.
Das Thema Abtreibung geht uns alle etwas an. Die katalanische Künstlerin Laia Abril dokumentiert und konzeptualisiert die Gefahren und Schäden, die entstehen, wenn gebärfähige Personen keinen legalen, sicheren und kostenlosen Zugang zur Abtreibung haben. „Was verbindet das Bild eines Kleiderbügels, ein paar an einem Bettgestell fixierte Handschellen und ein unscharfes Porträt einer Frau miteinander?“ (Auszug aus Pressetext) Die Ausstellung schockiert, macht traurig, regt auf.
Wütend macht es einen außerdem, wenn man daran denkt, dass in Österreich immer noch das Vokabular der 1975 eingeführten Fristenlösung gilt, die einen Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche „straffrei“ macht. Allein das Wording sagt viel darüber aus, wie es um das Thema Abtreibung im eigenen Land steht. Dabei zeigen aktuelle Beispiele wie Frankreich, das das Recht auf Abtreibung gerade in die Verfassung schreiben will, wie es besser ginge.
Nach einer Einführung zu historischen Verhütungsmittel-Methoden zu Beginn der Ausstellung nimmt ON ABORTION Bezüge auf die Gegenwart, führt durch Einzelschicksale aus der ganzen Welt, zeigt diverse Gerätschaften wie eine gynäkologische Untersuchungsliege aus dem Jahr 1950, die für sich alleine spricht. Besonders die erzählten Einzelschicksale berühren und wühlen auf. Ich bleibe hängen bei einem verpixeltem Bild einer Frau aus China, deren Kind im Rahmen der Ein-Kind-Politik 1995 mit einer Sticknadel durch den Bauch getötet wurde. Durchgeführt von der Familienplanungs-Kommission des Landes in einem Lieferwagen, in den sie gedrängt worden war.
Die Wände bei der Ausstellung sind grau gestrichen, die meisten Abbildungen sind in schwarz-weiß gehalten. Entstanden ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Museum für Verhütung- und Schwangerschaftsabbruch beim Mariahilfergürtel. Not so funny fact: auch diesem Museum habe ich schon einmal einen Besuch abgestattet und wurde von einer Männergruppe mit Pro Life Transparent empfangen.
Laia Abril stellt im Rahmen der Foto Arsenal Ausstellung ihre erste Serie aus dem Zyklus Eine Geschichte der Frauenfeindlichkeit vor. Die Künstlerin gilt als wichtige zeitgenössische Stimme in der Auseinandersetzung mit Fotografie, Archiven und Kulturgeschichte.
ON ABORTION arbeitet nicht unbedingt mit verstörenden Bilder, es werden hauptsächlich symbolträchtige Abbildungen mit Erklärtexten dazu gezeigt, die Bilder werden im Kopf erzeugt. Die Ausstellung ist keine leichte Kost, allerdings absolut sehenswert und nicht zu missen. Sie läuft noch bis zum 10. März – Dienstag bis Sonntag von 11 bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet 10 Euro bzw. ermäßigt 5 Euro.
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