Ocean’s 8 ist ein Ba-Ba-Ballüberfall, der keinem weh tut und gerade deshalb sein Publikum hat! Ob man sich damit diebisch gut amüsieren kann? Unser Urteil.
20. Juni 2018: Ocean’s 8 hat mit dem EAV-Hit Banküberfall einiges gemein – auch wenn es sich in diesem Fall um einen Ba-Ba-Ballüberfall handelt: Man wird damit leicht unterhalten und Verletzte gibt es auch keine. So viel darf man bei einer Altersfreigabe von 0 auf alle Fälle schon spoilern. Auf gut Deutsch: Der Film tut keinem weh! Aber lohnt sich der Kinobesuch?
Hat Ocean’s 8 das Potenzial in diese Kategorie der besten Gaunerfilme aufzusteigen oder fühlt man sich nach dem Ansehen selber ausgeraubt? Bevor er ab 21.6. im deutschsprachigen Kino läuft, haben wir uns ein Bild gemacht:
Die Handlung ist so schnell erklärt wie sie einfach gestrickt ist. Debbie Ocean (Sandra Bullock) hat fünf Jahre lang im Häf’n den perfekten Coup geplant. Nicht irgendeinen. Sie will ausgerechnet beim größten Gala-Event der Welt, der Met-Gala in New York, dem Superstar Daphne Kruger (Anne Hathaway) eine 150 Millionen Dollar schwere Halskette stehlen. Und stellt dabei ein weibliches Spezialistenteam zusammen. Warum weiblich? Antwort im Film: Frauen fallen halt weniger auf. Aha.
Ihre Crew aus “Unauffälligen” ist ein Spezialistenteam – angeführt von Freundin Lou (Cate Blanchett). Wie Bullock überzeugt sie als lässig, coole Gaunerin. Im Gegensatz zu ihr ist sie ist aber meistens nur dabei statt mittendrin und verkommt so ein bisschen zur Nebenfigur, die oft nur Schmiere stehen und Debbie in wichtigen Momenten unterstützen darf. Rihanna gibt die abgebrühte kiffende Hackerin Nine-Ball mit Reggae-Beanie. Ein bisserl gar viel Klischee, funktioniert aber. Ebenfalls gut besetzt ist Helena Bonham Carter als die crazy Mode-Designerin Rose Weil. Mindy Kaling (als Juwelierin Amita), Sarah Paulson (als Tammy, die alles beschafft) und Rapperin Awkwafina (als Trick-Diebin) spielen ihren Part solide, aber unauffällig.
Sehr zu überzeugen weiß Anne Hathaway als Star-Barbie und Society-Prinzessin, scheinbar geboren für jeden roten Teppich.
Spaßkino ohne viel Anspruch. Ocean’s 8 macht für das, was es sein will, einiges richtig. Die rein weibliche Startruppe ist in den richtigen Rollen besetzt. Ihr Gauner-Ding sorgt für etwas Nervenkitzel. Da und dort fällt ein lässiger oder lustiger Spruch. Und Sandra Bullock packt im englischen Original sehr gelungen ihr bestes Deutsch aus. Die Kostüme und der Soundtrack sind stylisch und sitzen. Solides Unterhaltungskino.
Und doch fehlt das gewisse Etwas. Obwohl es eine Gauner-Komödie ist, ist es ein sehr braver Film geworden – und das nicht nur, weil er gewaltfrei und familienfreundlich ist. Die acht Ganovinnen verstehen sich alle bestens, keine große Konflikte, kein gegenseitiges Austricksen. Dabei leben doch gerade Streifen dieses Genres von solchen “Liebenswürdigkeiten”. Schön ist die Rolle jedes Einzelnen beim Raub ausgearbeitet. Dass es beim Coup selber aber kaum zu unterwarteten Hindernissen kommt – als die erste Hürde auftaucht, ist man als Zuseher richtig froh darüber – drückt auf die Spannung. Nachdem der Überfall vorbei ist, wird die Story zwar noch etwas weiter geführt, es ist aber etwas die Luft draußen.
Was neben dem Fehlen von Überraschungsmomenten besonders nervt, ist das sehr aggressive Product-Placement. Statt Marken dezent zu platzieren, wird auch noch in Logos hineingezoomt. Läuft der Film dann mal im Free-TV müsste man fairerweise den Schriftzug “Dauerwerbesendung” einblenden. Zielgruppe: Weiblich, konsumorientiert. Ocean’s 8 kann perfekt im Hintergrund laufen, während man sich auf der Couch die Zehennägel lackiert und mit dem Löffel von der Nuss-Nougat-Creme nascht. Aber hoppla, das machen ja auch die Figuren im Film.
Dass Ocean’s 8 trotz seiner knapp zwei Stunden relativ kurzweilig zu schauen ist, liegt am starken Cast und der locker, leicht erzählten Geschichte. Kreativpreis gibt es dafür keinen. Sein Erfolgsgeheimnis: Leichte Unterhaltung, die keinem weh tut. Hübsche Frauen in hübschen Kleidern, viel Society (dank Cameo-Auftritte von Klum, Kardashian und Co.), ein Plan, der perfekt aufgeht – das alles hat schon was von einem netten Märchen.
Wer sich fragt, warum dieser Film beim Publikum so gut ankommt (eroberte in den USA auf Anhieb die Kinocharts), braucht sich auch nicht über den Erfolg von Shades of Grey, Sex in the City oder boulevardesken Frauenzeitschriften wundern. Für einen entspannenden Wohlfühl-Kinoabend taugt Ocean’s 8 allemal. Aber entschuldigt uns. Wir haben jetzt irgendwie Lust auf einen Cosmopolitan. (ak)
Ocean’s 8 hat am 21. Juni seinen Kinostart in Österreich und Deutschland. Wir haben den Film bei einer Pressevorführung im English Cinema Haydn in englischer Originalfassung gesehen.
Alle Fotos: (c) 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
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