Mit seinem Regiedebut Get Out (2017) wurde Komiker Jordan Peele sofort zu einem der gefragtesten Horror-Newcomer. Seine Mischung aus Sozialsatire und Mystery wurde sowohl zum Kassenschlager, als auch zum Kritikerliebling. Mit Nope will er jetzt alten Scifi-Horror mit bösen Aliens wiederbeleben. Zumindest scheint es so. Der neue Horrorstreifen steckt aber voller Überraschungen – mehr dazu in unserer Kritik.
Von Klaus Kainz
10. August 2022: Nach den ersten Trailern haben wir uns gefragt, ob Jordan Peele das mit Nope ernst meint. Fliegende Untertassen und Cowboys – wie soll das denn 2022 noch funktionieren? Die Antwort hat uns aber überrascht. Unter der Oberfläche verpasst Nope dem alten Alien-Horror nämlich einen frischen Anstrich.
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Die Story scheint zuerst wie aus einem völlig veralteten SciFi-Schinken. Irgendetwas stimmt nicht auf der Pferde-Ranch der Geschwister OJ (Daniel Kaluuya) und Emerald (Keke Palmer). Seltsame elektro-magnetische Phänomene häufen sich und die Tiere spielen verrückt. Schnell scheint beiden klar, irgendwo im Himmel über der Farm versteckt sich ein UFO. Das wollen sie natürlich beweisen und auf Film fangen. Und zwar mit einem Video, das Oprah würdig wäre – eine schlechte Idee.
Fliegende Untertassen, die Farmtiere entführen – kann das noch gruselig sein? Ja. Und nein. Nope ist fesselnd. Allerdings ist es spannend, weil hinter den Raumschiffen nicht ganz das steckt, was man erwartet. Die Story hat viele Twists, die wir aber nicht verraten wollen. Ganz bewusst spielt Nope mit alten Horror-Klischees und -bildern wie Marsmännchen, fließendem Blut an der Wand oder Donnergewitter und macht daraus etwas Neues, Unerwartetes. Ein paar lahme Jumpscares konnte sich Peele nicht verkneifen, aber Nope ist definitiv kein Standard-Horrorfilm.
Genauso absurd wie die vermeintlich altbackene UFO-Story ist der Genre-Mix von Nope. Dank Peeles Comedy-Wurzeln ist klar, dass ein paar flotte Sprüche und Gags nicht fehlen dürfen. Durch die kecke Attitüde von Emerald haben wir zuerst plumpen Humor erwartet. Tatsächlich wirken die Witze aber nicht aufgesetzt und harmonieren gut mit dem stoischen Gehabe von OJ.
Auch ein bisschen Cowboy-Action darf in der kalifornischen Wüste nicht fehlen. Daneben überrascht Nope auch abseits des Main-Plots. Mindestens genauso eigenartig wie faszinierend ist die Geschichte rund um einen Ex-Fernsehstar, die seltsam verstörend endet. So viel sei verraten: Fans eines bestimmten Zootiers werden es nach Nope mit anderen Augen sehen.
Aber am absurdesten ist, wie gut die Mischung funktioniert. Eben noch über einen Gag geschmunzelt, ist man bereits – bevor man es überhaupt merkt – wieder an den Kinosessel gefesselt. Alle Elemente funktionieren nämlich nicht nur für sich alleine, sondern auch im gemeinsamen Zusammenspiel. Peele weiß der kalifornischen Pampa ein mulmiges Gefühl zu verpassen, noch bevor die Gefahr greifbar ist. Die Komik ergibt sich wiederum aus den Situationen, nicht durch billige One-Liner wie in Marvel Filmen.
Andere Absurditäten sind nicht ganz greifbar und irritierend – aber im positiven Sinne. Endlich wieder ein Mainstream-Film, in dem eine klare und eigenständige Handschrift zu spüren ist. Erst kürzlich funktionierte mit Sandman auf Netflix (unser Review) eine ähnlich wilde Genre-Mischung nicht so überzeugend wie Nope. Manche könnten lediglich enttäuscht sein, dass die Sozialkritik weniger greifbar ist als in Get Out.
Nope ist definitiv kein gewöhnlicher Gruselfilm – und das ist gut so. Egal ob man schaudert oder nicht, er ist einfach unterhaltsam. Es ist ein gelungener Mysteryfilm genauso wie ein gelungener Western und nette Genre-Komödie. Sogar für Anime-Fans ist ein Easter-Egg dabei (Fans von Akira (1988) werden Bescheid wissen). Es macht aus alten Klischees und Genres etwas Neues, das uns definitiv länger in Erinnerung bleiben wird als der nächste Jump Scare- oder Ekel-Horrorfilm.
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Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.