Auch wenn einen die aktuellen Energiekosten zum Bibbern bringen, schafft es die österreichische Musikszene einzuheizen. Sie verwöhnt uns mit brandneuen Alben, EPs und Singles in allen Genre-Farben, so bunt wie der Herbst. In unserer Quartalsübersicht präsentieren wir dir, welche neue Musik aus Österreich von September bis November erscheint – inklusive Playlist am Ende des Artikels. Und hier gibt es auch bereits die besten Winter-Releases.
von Patrick Meerwald
Hörvergnügen der bunten Sorte liefern uns Österreichs Musikerinnen und Musiker. Funk, Austropop, sogar Cyborg Folk und Tagada Rock stehen da auf dem Menüplan der Releases der kommenden drei Monate. Die Helden der Freizeit liefern dir den großen Überblick. Wem das noch nicht ausreicht, kann auf unserer Seite auch die besten Veröffentlichungen vom Frühling, Winter oder aus dem Sommer 2022 nachhören.
Bananz holt den Vibe des vermeintlich verstorbenen Wienerlieds zurück und zeigt, wie gut das auch 2022 funktioniert. Mit bluesigen und jazzigen Untermalungen, inklusive seinem echten Wiener Dialekt, holt er einen ab. Die Bläser laden zum Verweilen ein. Wer neben der titelgebenden Single von Bananz mehr hören möchte, muss dieses Phänomen entweder live erleben oder die Vinyl davon kaufen. Denn: Diese Veröffentlichung gibt es nur auf diesem Wege zu kaufen. Helden-Meinung: Es lohnt sich!
Florian Horwath ist im Filmmusik-Bereich eine echte Größe. Mit G-String, seinem ersten Solo-Album seit mehr als zehn Jahren, brachte er ein rockiges Piece heraus, das nicht nur beim Namen mit mehreren Deutungsebenen spielt. Da gibt es Überraschungsmomente, spontane Ergüsse und doch alles mit einem roten Faden. Richtig stark an der Scheibe ist, dass jeder einzelne Titel darauf in nur einem Take eingespielt wurde und dadurch sehr an Purismus gewinnt. Für Horwath zählt generell das Momentum, was er hier einmal mehr unterstreichen konnte.
Auf diesem Album gehen Austropop und das Wienerlied eine gelungene Beziehung ein. Nachdenklich, aber doch nicht zu sehr in Gedanken versunken sind einige der Nummern. Diese bleiben auf Maunches Moi frog i mi besonders hängen und markieren die stärkeren Parts davon. Sie sind mit einer gewissen Schwere ausgestattet, die aber nicht zu sehr runterzieht. Vielmehr holen sie ab, wecken Neugier und das Mitgefühl. Der Einsatz von Klarinette oder auch dem Saxophon sorgen für einen tollen Mehrwert!
Aymz zeigt mit dem Debütalbum Pyrolyse eindrucksvoll, wie bewegend Musik tatsächlich sein kann und schafft damit eine Punktlandung. Unausgesprochenes wird angesprochen, Aufwühlendes zur Sprache gebracht. Kurz: Ein echter Soulstrip, der von Anfang bis Ende nicht nur begeistert, sondern auch wirklich unter die Haut geht. Die eine oder andere Träne darf und wird sicher beim Hören vergossen werden. Und doch beendet man das Lauschen von Pyrolyse mit einer Aufbruchsstimmung und einer fast nicht in Worte zu fassenden Power. Selten hat die Phrase, “ein Album hat viel Message” mehr zugetroffen.
Grunge und Popmusik können doch harmonieren. Zwei grundverschiedene Genres, die einander sogar bereichern können. Den Beweis dafür liefern Oxyjane mit ihrer Debütscheibe. Über das gesamte Album ziehen sich Themen wie Gleichgültigkeit oder Traurigkeit. Die Grunge-Passagen bieten den Liedern eine Schwere, während der gekonnte Einsatz von Pop-Elementen, vor allem durch die Gitarren-Riffs, eine gewisse Leichtigkeit zurückgeben. So hat 0 2 9 eine Zugänglichkeit, die immer wieder staunen lässt.
Die österreichischen Rock ‘n’ Roller haben Ende September ihr neuestes Album gebracht. Doch nachdem Keyboarder Christian Hummer leider verstarb (diesen Mai haben wir ihn noch interviewt – hier gehts zur Geschichte), wurde die geplante Promo anders sehr spät erst so richtig gestartet. Zum Album selbst: Textlich sind viel (Herz-)Schmerz und Pathos Eckpfeiler des Neulings. Gegossen in Wanda-typische Arrangements, dazu ordentlich Groove und das Spiel mit eher unkonventionellen Rhythmen.
Rap und Poesie sind zwei Bereiche, die gerade bei dieser Truppe rund um Yasmin Hafedh (Yasmo) bestens matchen. Sozialkritisch, Tabus brechend und das sowohl subtil als auch mit Klarheit. Ein sehr starker Vorgeschmack auf das neue Album bietet uns der Titel 100k, der außerdem mit Feature-Artist Mira Lu Kovacs aufwarten kann. Diese Nummer zerstört förmlich das Narrativ von Goldkette tragenden Sprechgesangskünstler:innen, die ihren Werdegang inszenieren bzw. durchaus auch schon überspitzen.
Bei dieser neuen Musik aus Österreich treffen Klänge mehrerer Kulturen aufeinander, die sich mit dem heimischen zu einem großen Ganzen vereinen und nicht ausschließen. Daraus entsteht eine spannende Erweiterung des musikalischen Horizonts und der klassischen Genregrenzen. Das sich gegenseitig zuhören ist auch den Musikern von Belle Fin a coustic ein wichtiger Punkt, den sie mit Aus Ländern blendend hervorheben.
Punk ist keinesfalls tot. Der Burgenländer Ellyster zeigt das. Er holt Problemherde hervor, an denen er seine klare Kritik äußert. Missstände, Ungleichheiten und andere tagesaktuelle Themen kommen da zur Sprache. Der Sound ist brachial, donnert und ist ohne Zurückhaltung. Wäre das nicht dabei, wäre das sonst überhaupt noch Punk Musik?
Ein weiteres feines Schmankerl neue Musik kommt aus dem Hause Candlelight Ficus. Die Funk Popper machten bereits im August von sich reden, als sie mit der Single Furniture Store einen starken Vorboten auf ihr kommendes Album rausbringen konnten. Ihre musikalische Heimat hat die Band im Funk. Wobei sie gerade im Live-Setting ihre wahre Qualität unter Beweis stellen. Wer sich davon überzeugen möchte, sollte am Release-Tag ins Porgy & Bess schauen, dort präsentieren sie das gesamte Album in voller Länge.
Elf ist die Glückszahl der gebürtigen Oberösterreicherin Li. Diese Ziffer bekommt in ihrem künstlerischen Werk auch eine wesentliche Rolle. Nicht nur, dass ihr Album am 11. 11. das Licht der Welt erblickt und auch so benannt ist. Auch kamen alle weiteren Veröffentlichungen an einem elften heraus. Musikalisch ist die Künstlerin eleven sehr vielfältig. Li hat Violine, Keyboard und Kalimba selbst eingespielt, Bass, Drums und Co. alleine programmiert.
Dieses Album macht dem Namen ihrer Schöpfer alle Ehre. Es ist ein echter Pflichttermin für eure Gehörgänge. Mit ihren zwölf sehr vielfältigen Nummern nimmt uns die Band auf ein rockiges Abenteuer mit. Das berüchtigte Nervös-Sein vor jedwedem Auftritt bekommt nicht nur mit dem Albumtitel Lampenfieber einen wichtigen Part. Die gleichnamige Single zündet gerade da besonders. Allgemein gilt für das Album: In den Lyrics betonen Pflichttermin mal mit mehr, mal mit weniger Anspielungen, was ihnen taugt oder auch nicht taugt, andererseits bieten die Lieder auch ein Zusammenhaltsgefühl. Da geht es nicht um ein dich oder mich, sondern ein gemeinsames uns. Pflichttermin holen da ihrer Zuhörer super ins Boot.
Wenn als Genre-Bezeichnung Cyborg Folk zu lesen ist, sind die Lauscher von unseren Hörer-Redakteur:innen gleicht gespitzt. Unter diesem Label veröffentlichte The Zew schon vor dem Albumrelease den Song This is. Zu hören gibt es leicht verträumte Melodien, die mit dem futuristisch anmutenden Vocal-Recording untermalt werden. Ergänzt um gut gesetzte Sound-Sample-Passagen, die mehr in die elektronische Richtung gehen. Doch genau letztere sorgen für die Extrawürze bei den Arrangements.
Ein echt feines Piece neue Musik liefern uns im November die Burschen von Butter Bread. Ihre EP bietet bestens ausgecheckte Fusion Jazz und Funknummern, die größtenteils auch instrumental daherkommen. Vocals sind eher selten zu hören, doch das ist keinesfalls ein Fehler. So bekommt jedes einzelne Instrument, egal ob Saxophon, Keyboard oder doch die Drums eine ganz eigene wichtige Rolle. Das Ergebnis ist echtes Hörer-Vergnügen.
Dieser Neuling zeigt eindrucksvoll, wie stark harte Rockmusik klingen kann, ohne in die Metalrichtung zu driften. Kann man das Feeling von The Darkness und Muse kombinieren und dabei gut klingen? Ja, das beweisen uns die Burschen von The Roofs. Sie gehen mit einer gewaltigen Ladung Energie ans Werk. Die Riffs sind mit ordentlich Kraft ausgestattet, beim Gesang gibt’s nur Vollgas und die Drums donnern förmlich in unsere Gehörgänge.
Ende November kamen wir endlich in den Genuss nach tollen Single-Releases in das Vergnügen der ersten EP von Zug nach Wien. Dabei zeigt sich die Band gewohnt stark im Lyrics-Sektor. Und nicht nur mit ihrem bekannt guten Schmäh, sondern durchaus hinterfragend und mitunter auch melancholisch. Instrumental geht es nun etwas weg von den poppigeren Melodien. Eine gewisse Härte lässt sich da festmachen. Doch das passt bestens zu der jeweiligen Stimmung der Songs. Außerdem untermauert diese “Veränderung” wie groß das Repertoire von Zug nach Wien ist.
Besonders cool an Combat Beat, ist das fluide Bandgefüge, das sich um Leader Moritz Irion scharrt. Dadurch bekommt er für seine Lieder immer wieder völlig andere Vibes, mit denen er seine musikalischen Visionen vorantreiben und auch erweitern kann. So ist auch sein Genre-Horizont sehr groß. Bei seinem neuesten Stück neue Musik schafft er melodiös eine vermeintlich frohe Nummer zu präsentieren, die aber beim Lauschen des Textes sehr melancholisch und traurig daherkommt.
Blues, Rock, Pop usw. Was kann dieser Gitarrist eigentlich nicht? Stephan Kutscher (Leader von EDGAR), liefert uns mit It’s Not Easy einen tollen Release. Sein Neuling bietet ein buntes Potpourri seiner Qualitäten. Erst startet ein eingängiges Spiel aus Verse und Refrain mit Gesang, der leichte Nino aus Wien Vibes versprüht. Highlight ist später im Song ein richtig starkes Gitarrensolo. Warum dieser tolle Musiker mit seinem neuesten Projekt noch nicht früher durchstartete, hat viel mit dem berüchtigten “C-Wort” zu tun, das uns seit mehr als zwei Jahre begleitet. Doch nun ist er da – und wie!
RIAN hat es schon wieder getan. Er veröffentlicht Nummern, die von der Melodie einfach beste Ohrwürmer zum Abshaken bieten. Doch gleichzeitig haben seine Lyrics immer eine Message, einen Tiefgang, der zündet. Zuvor gab es mehr die Liebesthemen, die er verarbeitete, dieses Mal ist es das Außenseitersein. Der Text mag bestimmt eine persönliche Verarbeitung sein, doch der Selbsterkennungswert ist mindestens genauso gegeben. Übrigens, eine Akkustik-Version davon wurde zum viralen TikTok-Hit.
Eine tolle Veröffentlichung bietet uns Fati Morgana. Ihr Neuling ist eine perfekte Reflexion darüber, wie viel ihr als Sängerin das Musik machen gibt. Das Arrangement samt dem Text lässt einen sofort zumindest lächeln. Je länger die Nummer dauert, desto mehr verwandelt diese Single das Lächeln in ein breites Grinsen. So geht Feeling Good Musik oder, wie der Titel schon verspricht, eine volle Ladung Dopamine Attack. Eine eigene Playlist mit internationalen Gute Laune Songs haben wir übrigens hier für euch.
Wer glaubt, hier geht es um ein Tennismatch, liegt eher falsch. Viel eher geht es um eine Beziehung zwischen Mann und Frau, die sich vor lauter Toxik immer mehr selbst zerfleischt. Da werden große Geschütze ausgefahren. Während es beim Sport einen Sieger oder eine Siegerin gibt, sind hier letztlich beide Protagonist:innen Verlierer. Traurig, aber leider durchaus realitätsnah!
Der Sommer mag zwar zu Ende sein. Doch mit diesem Neuling könnt ihr ihn euch wieder zurückholen. Der Stadt und der Hitze entfliehen und die Abkühlung im Mostviertel finden, das wollen Alpha Romeo & Die Sommerreifen. Musikalisch geht es in Richtung Indie Pop, wobei die Band es selbst mit dem durchaus kreativen Titel Tagada Rock zusammenfasst. Fast schon tranceartig lauscht man der Melodie, die vereinzelte psychedelische Vibes bereithält und einfach relaxen lässt.
KTEE ist auch mit einem neuen Single-Release am Start. The One setzt sich schnell im Ohr fest und bleibt da auch. Was vor allem am gelungenen Aufbau liegt. Der Verse-Part holt sofort ab und wird von einem noch mehr catchenden Refrain abgelöst. Die Bridge sorgt für eine coole Abwechslung und starken Mehrwert. Mit The One sollten somit Freunde von elektronischer, wie auch instrumentaler Musik eine Freude haben.
Feel Inc. haben Ende November einen echten Kracher rausgehaut. Ihr Neuling Einmal glänzt mit einer Vielzahl an Vibes, die darin eingeflochten sind: Melancholie, Enttäuschung, Hoffnung, teilweise auch Hoffnungslosigkeit und trotzdem eine Art Aufbruchstimmung, etwas neu zu starten begleiten den sehr eingängigen Titel. Diese vielen Emotionen berühren, holen ab und sind sehr authentisch. Musikalisch wurzelt der Song auf einem mehr als ins Ohr gehenden Gitarrenbeat, dem ein cooles Wechselspiel von Verse und Hook folgt. Vereinzelte Rap-Parts sorgen für die Extrawürze. Ein sehr starkes Release!
Genug beschrieben! Hört euch hier in unserer Playlist selbst durch die neue Musik aus Österreich. Wir haben auch ein paar Extra-Releases reingepackt. Es zahlt sich aus!
Und wie geht’s weiter? Hier bereits die besten österreichischen Musikreleases im Frühling und hier die Neuerscheinungen im Sommer 2023.
Wir liefern dir Interviews mit Musikhelden, coole Bestenlisten, Vorschauen auf Konzerte und viele weitere tolle Stories rund um das Thema Musik!
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Aufmacher: (c) (c) Caro Pernegger, (c)Tim Breunig, (c) Janush Unterhuber, (c) Elias Hartmann
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.