Wieder eine Krise für den kleinen Franz, der mit seinen Freunden Gabi und Eberhard alle Herausforderungen des Lebens meistert. Herausgekommen ist ein spaßiger Film für Groß und Klein.
von Susanne Gottlieb
7. September 2023: 1984 erdachte die große österreichische Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger den Franz, einen Volksschüler in Wien, der der Kleinste in seiner Klasse ist und bei Aufregung eine hohe Fiepsstimme bekommt, und schrieb ihm bis 2011 zahlreiche Abenteuer. Bis zu den Verfilmungen dauerte es im Gegensatz zu anderen Adaptionen der Kultautorin, doch etwas länger. 2022 erschien Geschichten vom Franz und begeisterte mit seiner humorvollen Umsetzung und geglückten Adaptierung an moderne Zeiten.
Grund genug, 2023 einen zweiten Film nachzulegen. Wwohl auch, weil die Kinderdarsteller sonst gleich zu alt werden. Warum auch der zweite Teil durchaus sehenswert ist, das erfährt ihr hier. Alle weiteren Kinostarts im September (inklusive Vorschau auf die Highlights) findest du hier in unserem Kino-Monatsüberblick.
Endlich Sommerferien! Und eigentlich hatte sich der Franz (Jossi Jantschitsch) auch voll gefreut. Doch nun folgt die Ernüchterung. Pünktlich zur Zeugnisvergabe verkrachen sich seine besten Freunde Gabi (Nora Reidinger) und Eberhard (Leo Wacha) und wollen nichts mehr miteinander zu tun haben. Und anstatt sich fein aus der Sache rauszuhalten, wird der Franz da auch noch mit reingezogen. Jede Partei will, dass er sich nur mehr exklusiv mit ihr trifft!
Da der Franz keinen Konflikt kreieren will, und auch nicht nein sagen kann, versucht er, gemäß alter Komödien, beide heimlich oder gleichzeitig zu treffen. Doch das geht natürlich nicht lange gut und der Bub muss sich etwas Neues überlegen, um den Sommer zu retten. Da kommt ihm ein Juwelendieb, der gerade in Wien sein Unwesen treibt, gerade recht. Franz hatte doch gerade beobachtet, wie sich seine ältere Nachbarin Frau Berger (Maria Bill) sehr verdächtig verhält. Und dann war da auch noch der ganze Schmuck in ihrer Tasche! Also kann er einen Waffenstillstand zwischen Gabi und Eberhard erwirken und die drei nehmen die Ermittlungen im Fall Frau Berger auf.
Nach einem zweifelhaften Influencer kommt nun also Detektivarbeit. Kinder, die als Detektive ermitteln, und dabei den Erwachsenen immer eine Nasenlänge voraus sind, gibt es wie Sand am Meer. Umso spannender ist es, dass Neue Geschichten vom Franz genau nicht diesen Weg einschlägt. Die Ermittlungen sind eigentlich stets nur Nebensache. In erster Linie werden Fragen von Freundschaft, Loyalität und Selbstbewusstsein aufgegriffen. Was bedeutet es, zwischen den Freunden zu stehen? Wie navigiert man Konflikte? Wann muss man auf sich selbst schauen? Fragen, die selbst Erwachsene noch oft vor Herausforderungen stellen, werden hier kindergerecht aufgearbeitet.
Dadurch, dass die Handlung die Ermittlungen eher als Sprungbrett für andere Thematiken verwendet, und die Beschattungen der Frau Berger nie allzu ernst nimmt, gelingt es dem Film, hier eine realistisch anmutende Welt zu inszenieren, die nicht in kindischer Simplizität und allzu erzwungenem Wohlgefallen kumuliert. Allzu oft reduzieren Kinderfilme ihre Konflikte auf einfache Lösungen und an den Haaren herbeigezogene Charakterumschwünge. Neue Geschichten vom Franz fühlt sich wie eine gelebte Kindheit an, die sowohl bei jungen Leuten, aber auch älteren Semestern anknüpfen kann.
Großes Lob muss man auch den Kinderdarsteller:innen aussprechen, die ihre Rollen mit dem nötigen Elan und freudigen Spiellaune ausfüllen. Aber auch Maria Bill als tragische Frau Berger mit trauriger Vergangenheit begeistert. Ihre Szenen mit Jossi Jantschitsch gehören zu den Höhepunkten des Films. Parallel dazu laufen noch die Sorgen und Nöte von Franz Eltern, erneut verkörpert von Ursula Strauss und Simon Schwarz. Deren Frage, ob der Vater einen neuen Job in Berlin annehmen soll, wird nicht unnötig dramatisiert, sondern widmet sich unaufgeregt dem durchaus erwachsenen Thema Work-Life-Balance.
Es ist der geschickte Mix aus Humor, die Tricks alter Screwball Komödien, aber auch die durchaus seriöse Sicht auf Kinder- und Erwachsenenrealitäten, die den Film durch die Bank für alle Altersklassen unterhaltsam machen. Der Verzicht auf trottelige Bösewichte und Autoritätsfiguren, der Fokus auf komplexe Nebencharaktere und das Vermeiden allzu bereitwilliger Klischees heben auch das neue Franz-Abenteuer aus der Masse von Kinderfilmen heraus.
Neue Geschichten vom Franz überzeugt erneut mit seiner tiefgründigen Botschaft und spaßigen Handlung und lässt hoffen, dass, solange die Kinderdarsteller noch im richtigen Alter sind, auch weitere Abenteuer noch folgen werden.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.