Die Welt steht in Moonfall wieder einmal vor dem Untergang. So weit alles beim Alten bei Roland Emmerich. Die Quelle allen Übels diesmal? Der Mond. Der droht nämlich auf die Erde zu stürzen. Ein irrsinniger Wettlauf gegen die Zeit, der dann doch etwas zu lange dauert.
von Susanne Gottlieb
10. Februar 2022: Wenn man an Roland Emmerich denkt, steht die Welt nicht mehr lange – den mindestens so oft ist wurde sie schon zumindest teilweise ausgelöscht. Der Schwabe mit dem Hang zu großem humorvollen Actionkino und Endzeitstimmung hat wieder einmal zugeschlagen. Das Resultat? Ein besonderes Schmankerl von zwei Jahrzehnten Emmerich. Vielleicht nicht so legendär wie viele seiner alten Filme, kombiniert sich hier der Stargate und Independence Day – Science Fiction Emmerich mit dem The Day After Tomorrow und 2012 – Naturkatastrophenfilm Emmerich.
Das Resultat? Moonfall ist eindeutig bessere Unterhaltung als sein Versuch, Independence Day mit einem Sequel wieder zu beleben. Wir verraten euch, was ihr von Moonfall erwarten dürft.
Im Jahr 2011 sind die Astronauten Brian Harper (Patrick Wilson) und Jo Fowler (Harre Berry) mit einer Satellitenreparatur im Weltall beschäftigt, als ganz plötzlich alle Geräte an Bord ausfallen, und ein mysteriöser Schwarm auf sie zugeschossen kommt. Der dritte Mann auf der Mission kommt um, Jo wird beim Ruck gegen den Kopf bewusstlos. Nur Brian erkennt, dass dieser Schwarm eine außerirdische Intelligenz scheint, die sich auf einem Krater im Mond niederlässt.
Doch zurück auf der Erde will ihm niemand glauben, dass das Shuttle von Außerirdischen angegriffen wurde. Er verliert nicht nur seinen Job, sondern auch seine Reputation. Seine Ehe und die Beziehung zu Sohn Sonny (Charlie Plummer) stehen am Tiefpunkt. Zehn Jahre später findet in einer anderen Ecke von Los Angeles der Hobbyastronom und Verschwörungstheoretiker K.C. Houseman (John Bradley) heraus, dass der Orbit des Mondes immer näher an die Erde rückt. Seine Theorie besagt, dass der Mond gar kein natürlicher Satellit aus Gestein sei, sondern eine außerirdische Superkonstruktion. Dass er nun der Erde näher komme, lasse Böses erahnen.
Da er aber nur ein kleiner Fast Food Laden Angestellter ist, will ihm zunächst niemanden glauben. Doch die NASA, nun unter der Leitung von Jo, erkennt den Ernst der Lage bald selbst. Mit nur mehr ein paar Tagen Reaktionszeit und ohne einer Ahnung, womit sie es hier wirklich zu tun hat, muss Jo bald auf ihr noch fremde, sowie in Ungnade gefallene Experten zurückgreifen.
Es wirkt, als hätte Roland Emmerich wieder seinen Hang zu ein bisschen Spaß in seinen Katastrophenfilmen entdeckt. Oder er hatte diesmal einfach bessere Hauptdarsteller. Patrick Wilson, der zufällige Filmstar aus dem Film, den du kennst. Halle Berry, die in den letzten Jahren filmisch eher unter dem Radar geflogen ist (vor kurzem auf Netflix im durchaus gelungenen Bruised als MMA-Kämpferin zu sehen). Und John Bradley, der zwar wie einst in Game of Thrones den gutmütigen Sidekick spielt, wenn auch kompetenter und weniger weinerlich. Den Spaß an der überdrehten Absurdität der Handlung merkt man dem Cast an. Er ist es auch, der den Film bei seiner viel zu langen Laufzeit von zwei Stunden frisch hält.
Denn die Länge bekommt man dann früher oder später doch etwas zu spüren. So dauert es über eine Stunde, bis der Weltrettungsplan zusammen kommt, und fast nochmals so lange bis sich, wie gewohnt, alles in Wohlgefallen auflöst. Dazwischen hat der Film immer wieder Fokus und Timing Probleme. Figuren, wie ein durchaus verschwendeter Donald Sutherland, werden eingeführt, nur um in der nächsten Szene wieder zu verschwinden. Und der Umschwung von Unglauben der Regierung hin zu Massenpanik auf den Straßen wird dagegen etwas zu hektisch und plötzlich umgesetzt.
Die Einflüsse sind offensichtlich. Wer Battlestar Galactica, Terminator oder 2001: Odysee im Weltraum mochte, der wird hier einiges wiedererkennen. Inwieweit, soll aber noch nicht verraten werden. Aber die Ideen, die Emmerich hier aufgreift, sind kaum besonders neu oder außergewöhnlich. Vielmehr ist es sein Spin einer alteingesessenen, populären Science Fiction Thematik. Es ist kein kritisches Hinterfragen, das hier provoziert wird. Ein einfaches honorierendes Nicken, ob des Wiedererkennungswertes, ist die oberste Maxime.
Wer also gute alte Old School Action mag, mit all ihren altbekannten Klischees und Storylines, der ist hier gut aufgehoben. Egal wie viele Gerard Butlers oder sonstige neumodische Actionhelden es da draußen gibt. Emmerich ist immer noch der King, der die gleiche Geschichte immer wieder auf eine neue Art erzählen kann. Es sind eher die Kleinigkeiten (wie etwa, dass die Frauen mit auf Mission gehen dürfen und nicht irgendwo in einem Bunker warten), die zeigen, dass wir uns zumindest nicht mehr in den 90ern befinden. Das Ende lässt wie einst bei Independence Day 2 erahnen, dass Emmerich abermals mit dieser Geschichte noch nicht ganz durch ist. Viel schöner wäre doch zu sehen, welche verrückte Idee er als nächstes umsetzt.
Moonfall macht trotz gewisser Längen und alter Schauwerte eine Menge Spaß und zeigt, dass der Meister des gigantomanischen Popcorn Kinos sein Handwerk nach wie vor beherrscht.
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Fotos: (c) Constantin Film
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.