Der neueste Ableger von Monster Hunter hat eingeschlagen wie eine Bombe – allein auf Steam startete die neue Jagdsaison mit mehr als einer Millionen Spielern. Diesmal setzt das Coop-Spektakel auch auf Open World und Storytelling. Aber was taugt der Monster Hunter Wilds Singleplayer Modus?
von Klaus Kainz, 3. 3. 2025
Die Monsterhatz von Capcom konnte seit jeher als Coop-Gaudi oder entspannt im Alleingang gespielt werden. Allerdings war der Singleplayer Modus schon immer etwas abgespeckter. Endgame-Content war oft für große Spielergruppen ausgelegt und in den ältesten Ablegern teilweise sogar nur online zugänglich. Mit viel Storytelling und einer Open World bietet die Kampagne von Monster Hunter Wilds theoretisch mehr Elemente für klassische Solo-Spieler.
Monster Hunter ist kein gewöhnliches Metzel-Game. Statt Button-Mashing muss jeder Schlag mit den gigantischen (und teilweise langsamen) Waffen überlegt sein, jedes Ausweichmanöver benötigt rasche Reaktionen und Geschick. Denn die Urzeit-Ungetüme sind gnadenlos und oft viel flinker und gigantischer als ihr. Als Jäger könnt ihr aber etliche Tools und Fallen aus den natürlichen Ressourcen um euch herum basteln, um die Biester zu bezwingen. Danach gilt es, aus den Bestandteilen der erlegten Monster neue Rüstungen zu bauen, um sich für noch größere und fiesere Gegner zu wappnen. Die Komplexität beim Tunen eurer Stats wirkt dabei oft fast schon wie eine Steuererklärung.
Beim Gameplay trumpft auch Wilds wieder mit den gewohnten Stärken auf. Alle neuen Monster sind grandios designt, vom Riesengockel über fiese Kraken bis zu Klassikern wie dem Drachen Rathalos. Wie üblich gibt es für alle Waffen neue Moves, um auch Veteranen bei der Stange zu halten. Das größte neue Feature hier sind sogenannte Fokus-Attacken. Während einem Kampf fügt ihr den Bestien langsam kleinere Wunden zu, die ihr für eine besonders deftige Attacke anvisieren könnt – allerdings sind Treffer nicht garantiert.
Grafisch ist der Sprung zu Monster Hunter World oberflächlich nicht riesig. Als Open World Game ist es größer und daher an manchen Stellen der Detailgrad etwas niedriger. Macht aber nichts. Zum einen ist der Stil der urzeitlichen Monster Hunter Welt auch in Wilds unverwechselbar. Andererseits erwecken die wundervoll detaillierten Waffen und Monster die Welt zum Leben. Die Animationen ergeben wiederum eine perfekte Symbiose aus abwechslungsreichen Angriffsmustern und einer natürlich wirkenden Lebhaftigkeit – jeder Dino und Drache wirkt wie ein natürlicher Bestandteil dieser pompösen Dschungel und Wüstenruinen und sorgt gleichzeitig für einen befriedigenden Gameplay-Flow.
Storys und Cutscenes gab es dabei schon immer. Allerdings war das üblicherweise Nebensache – das ändert nun Wilds. Als Teil einer Forschergruppe findet ihr diesmal den jungen Nata, der aus einem im Untergrund lebenden Volk im Verbotenen Land stammt. Nachdem das sagenumwobene Monster White Wraith sein Dorf zunichte macht, liegt es an euch, die Wahrheit über das Auftauchen dieses Biests zu erfahren und ihr begebt euch mit eurer Schmiedin und Quest-Geberin durch die brach liegenden Länder, die ihr langsam mit Camps und Siedlungen erschließt.
Wir sind ehrlich: So ganz will das nicht funktionieren. Denn sowohl der Plot als auch die Dialoge sind etwas lahm. Tatsächlich unterscheidet sich der Inhalt der Story kaum von den Vorgängern. Ein Monster verursacht Naturkatastrophen wie Fluten oder Feuer – ihr müsst es erlegen. Ihr sucht ein wichtiges Item und kurz vor dem Zielt taucht (wenig überraschend) ein Monster auf – ihr müsst es erlegen. Die Story-Sequenzen sind lediglich in die Länge gezogen und die Charaktere labern deutlich mehr. Allerdings geben die Dialoge wenig her und fühlen sich wie eine lose Aneinanderreihung von Anime-Klischees an.
Im Grunde wäre das egal, immerhin sind die Cutscenes überspringbar. Allerdings ist die rund sieben bis zehn Stunden lange erste Hälfte der Kampagne vollgestopft mit langwierigen Laber-Abschnitten. Zwischen vielen Quests müsst ihr nun mehrere Minuten lang automatisierte Dialog-Abschnitte auf euren Reittieren abwarten. Manchmal darf man Materialien sammeln, wird aber oft wieder zurück in die lineare Bahn der Dialog-Sequenz geschoben. Gameplay oder freie Erkundungen der Open World gibt es hier quasi nicht. Ironischerweise war die Map in Monster Hunter noch nie so groß. Zum ersten Mal sind alle Gebiete außerdem vollständig miteinander verbunden – aber die Kampagne war noch nie so linear.
Obendrauf brauchen die Quests weniger Vorbereitung. Eigentlich dauern die Kämpfe in etwa so lange wie in älteren Monster Hunter Spiele. Im Alleingang kann es durchaus mehr als zehn Minuten dauern, um die Monster zu bändigen. Das ein oder andere KO werden auch Veteranen einstecken.
Aber: Euer Reittier kann jedes Monster sofort und automatisch aufspüren, um euch automatisch wie ein Taxi zu chauffieren. Gleichzeitig überhäuft euch das Game mit Heilmöglichkeiten. Es gibt während der Kampagne wenig Gründe, sich mit der Welt auseinanderzusetzen oder Material zu finden. Stattdessen fährt euch der Reitvogel Seikret automatisiert von einem Boss und einer Story-Sequenz zur nächsten.
In der zweiten Spielhälfte, dem High Rank, öffnet sich Monster Hunter Wilds. Wie gewohnt tauchen hier dieselben Monster vom Anfang unter leicht erschwerten Bedingungen neu auf und droppen bessere Items. Hier und da schleichen sich auch ganz neue Biester in die Quests ein. Um das Story-Finale freizuschalten, gilt es hier nun den Hunter Rank zu erhöhen. Wie ihr das macht, welche Sidequests ihr erledigt oder Monster ihr jagt, ist euch überlassen. Hier geht es auch endlich in die Wildnis, wo ihr ein paar Monster aufspüren müsst und die Map mit Notfall-Camps erschließen. Übrigens ist die Auswahl an Monstern leider etwas geringer als in den direkten Vorgängern.
Trotzdem will die Open World nicht so wirklich funktionieren. Die Map zeigt euch immer an, welche Monster gerade unterwegs sind und der Seikret bringt euch weiter problemlos zum Ziel. Und selbst die stärkeren High-Rank-Monster verlangen nicht unbedingt viel mehr Vorbereitung in der Open World. Geht ihr einmal drauf, könnt ihr in der Hubwelt sofort neue Items in den Shops abgreifen und euer Reittier erhält während den Kämpfen automatisch immer wieder neuen Vorrat. Obendrauf könnt ihr wie in World per SOS andere Spieler rufen. Zockt ihr allein, werden euch diesmal stattdessen drei mächtige NPCs zur Hilfe geschickt – das fühlt sich fast schon wie Cheaten an.
Dieser Test klingt deutlich negativer, als es das Spiel ist. Monster Hunter Wilds brilliert, wo es wichtig ist: intensive Kämpfe, wuchtige Waffen, kreative Monster und ein einzigartiges Artdesign. Allerdings fällt der neue Fokus auf Story und Open World flach. Statt Monster Hunter auf das nächste Level zu hieven, macht beides die Kampagne weniger komplex. Selbst als Solo-Spieler fühlt es sich also wie ein leicht abgespecktes Monster Hunter World 2 an. Der Kern des Spiels liegt weiterhin im Endgame nach der Kampagne, das vor allem von Online-Play und künftigen Updates mit deftigeren Bossen leben wird.
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Alle Bilder © Capcom
Der Redakteur (APA, Helden der Freizeit) und Videospiel-Blogger reviewed für uns vor allem Games, Serien und Filme - ist aber auch so manchem Naturausflug nicht abgeneigt.