Das Wiederbeleben der alten Franchises geht in die nächste Runde. Dieses Mal an der Reihe ist der 90er Jahre Erfolg Men in Black, der bereits 2002 und 2012 in die Verlängerung ging. Doch 2019 ist alles neu. Nicht nur der Regisseur ist mit F. Gary Grey ein anderer, auch der Cast. Diesmal verteidigen Thor Ragnarok Leinwand-Duo Chris Hemsworth und Tessa Thompson die Erde gegen Aliens. Eine Mission, die sie sich sparen hätten können. Mehr in unserem Review zu Men in Black International.
14. Juni 2019: Das Tentpole Kino kann es nicht lassen. Nach den durchwachsenen Erfolgen des jüngsten Godzilla (unsere Kritik) und X-Men (unsere Kritik) wird auch hier ein emeritiertes Franchise zwangswiederbelebt. Das ist per se nichts Schlimmes. Nur leider ist Men in Black International ein weiterer Beweis, dass man auch wissen muss, was genau man da tut und wie und wieso der Vorgänger funktioniert. Das alles schafft diese neueste Inkarnation leider nicht. Fairerweise muss man festhalten, nicht jeder kann ein Mad Max Fury Road sein. Aber man muss auch nicht so unglaublich fad daherkommen.
Gerade im Kino gestartet, verraten wir euch in unserer Filmkritik, warum wir den neuesten Ableger leider nicht empfehlen können.
Darum geht’s: Molly (Tessa Thompson) wird in jungen Jahren Zeuge, wie die Men in Black ihre Eltern blitzdingsen, nachdem diese im Hinterhof ein Alien entdecken. Die Faszination mit dieser geheimen Organisation lässt sie seither nicht mehr los und nach zwei Jahrzehnten der Suche schafft sie es sich ins Hauptgebäude in New York einzuschleusen. Ihre Verbissenheit beeindruckt Agent O (Emma Thompson), und sie wird nach ihrer Rekrutierung als Agent M zu einem Einsatz nach London abbestellt.
Dort hat Agent H (Chris Hemsworth) Jahre nach seinem weltenrettenden Kampf gegen den sogenannten Schwarm gemeinsam mit seinem Partner High T (Liam Neeson) sich im Beruf ein wenig gehen lassen. Doch als ein Mitglied einer außerirdischen Königsfamilie in London tödlich attackiert wird, und M einen mysteriösen Kristall hinterlässt, wird auch H klar, dass hier größere Dinge am Werk sind. Ein Einsatz rund um den Kontinent beginnt.
Leider unternimmt Men in Black International keine besonderen Anstrengungen, ein relevantes Update zu sein. Wie heutzutage üblich bekommt er das internationale Schauplatz Ticket ausgestellt und darf mit ein wenig mehr CGI größere Kawumms in Szene setzen. Der bissige Humor der alten Filme geht in dem weichgespülten Klamauk, der möglichst alle Zielgruppen ansprechen soll, etwas verloren.
Der Regisseur der Original-Trilogie Barry Sonnenfeld ist bekannt für seinen morbiden Humor, der sich nicht nur in den Men in Black, sondern etwa auch den Addams Family Filmen wiederfindet. MiB International dagegen ist massengerechter Slapstick, der aber kein einziges Mal wirklich zündet. Es ist teilweise fast peinlich, wie gerne man lachen würde, aber keine Dialogzeile sich wirklich anbietet.
Durch das internationale Aufblasen geht die humorvolle Verwurzelung in der Umgebung flöten. Die Aliens bedienten bei den vorigen Teilen keine Stereotype wie Gangsterboss oder großspuriger Party-Royal. Sie waren Figuren des Alltags, die aussahen wie New Yorker, klangen wie New Yorker, nur um dann den Kopf abzuklappen oder bizarre Anatomien zu offenbaren. Aberwitzige Szenen wie eine versteckte Waffensammlung im Wohnzimmer einer Familie gibt es nicht mehr. Stattdessen kreiert der Film eine Art Hogwarts der Alienwelt. Vieles spielt sich so häufig in einem Paralleluniversum ab, dass der ganze Spaß an dem Ineinandergreifen der Welten verloren geht.
Doch nicht nur das macht Probleme, der Film bleibt die ganze Laufzeit über eine Antwort schuldig, warum er existieren soll. Die Geschichte hetzt von Schauplatz zu Schauplatz. Die Chemie zwischen Thompson und Hemsworth, in Ragnarok noch so erquickend, ist zur Gänze flach. Und dann ist nach Avengers Endgame und Dark Phoenix hier noch der nächste bemitleidenswerte Versuch, ein feministisches Statement abzugeben. Eine Figur ins Bild laufen zu lassen, die fragt, was mit den Frauen in diesem Franchise ist, ist keine Message, sondern nur schlampige Arbeit.
Das etwas dünne Geplänkel von H und M wird leider auch nicht dadurch aufgelockert, dass hier ein guter Bösewicht vorhanden wäre. Ungleich der Vorgänger verbringt der Zuschauer überhaupt keine Zeit mit den feindlichen Aliens. Zwei von ihnen bekommen sogar nur eine einzige Zeile Dialog und dürfen in erster Linie in kritischen Momenten als kosmischer Nebel auftauchen.
Verglichen mit Vincent D’Onofrios ikonischer Schabe oder Johnny Knoxvilles doppelköpfigen Plappermaul bleibt der Antagonist unterentwickelt. Wie kann der Film unterhaltsam sein, wenn so ein wichtiges Element fehlt? H und M dürfen absurd sein und einen Disney inspirierten Sidekick haben, der Gegner wird aber viel zu seriös und sporadisch inszeniert. Und selbst am Aussehen hapert es. Die abgedroschenen Make-Up und Prothesen der Vorgänger werden durch uninspiriertes CGI ersetzt.
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Regisseur F. Gary Gray und seine Drehbuchautoren haben sich hier eindeutig einem Franchise gestellt, für das ihnen das Feingefühl fehlt. Gray, der sein Talent bei Fast and Furious beweisen konnte, ist nicht abgedreht genug, um die Feinheiten der Filme einfangen zu können. Thompson und Hemsworth werden zu sehr in eine Will Smith – Tommy Lee Jones Dynamik gedrängt, der sie nicht gerecht werden können. Ein Film, den man schneller wieder vergessen hat als man geblitzdingst wird. (sg)
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.