Pünktlich vor der Weihnachtssaison präsentiert Nintendo mit Mario Kart Live Home Circuit das perfekte Geschenk für alle Fans des kultigen Klempners. Statt nur virtuell im Kart herumzudüsen, bringt das neue AR-Set die Rennstrecken samt lustiger Effekte direkt ins Wohnzimmer. Wie uns das Mini-Rennauto aus der Nintendo-Garage gefallen hat, lest ihr in unserem Test.
von Sophie Neu
19. Oktober 2020: Liebling, ich habe Mario Kart geschrumpft! So oder so ähnlich fühlt man sich in Mario Kart Live: Home Circuit, wenn man mit dem kleinen Kart mit Kamera durch die eigene, plötzlich riesige Wohnung düst. Auf einmal ist die Couch riesengroß und die Hausschuhe erinnern mehr an Riesenlatschen als an die eigenen Füße. Es gilt im neuen Nintendo- und Velan Momentum-Spiel aber nicht nur den Hindernissen des Eigenheims auszuweichen. Auch die typischen Mario-Kart-Hindernisse erwarten euch im neuen AR-Spiel für die Switch. Aber hier hört der Spaß noch lange nicht auf.
Einmal ausgepackt, ist das bunte Nintendo-Set schnell aufgebaut. Das kleine Kart, das man sich entweder in der roten Mario- oder grünen Luigi-Version holen kann, ist stabil verarbeitet und muss nicht weiter zusammengebaut werden. Auch die kleine Figur hinterm Steuer sieht wertig aus. Das ist erfreulich bei einem Preis von über 100 Euro.
Angenehm für den schnellen Spielstart: Das Kart ist sofort einsatzbereit und muss nicht erst geladen werden. Wenn der Akku schließlich leer ist, lässt sich seitlich eine unscheinbare Lade hochklappen, unter der sich ein Anschluss für USB-C versteckt. Ein Kabel zum Laden am Switch-Dock ist im Set dabei. Es kann praktischerweise auch an einen beliebigen Power-Adapter angeschlossen werden. Lustig: Der Akkustand wird im Interface als Benzin im Tank dargestellt.
Nachdem man die Gratis-Software aus dem Nintendo eShop runtergeladen hat, scannt man den in der Software angezeigten QR-Code mit der AR-Kamera ein, die auf dem Kart draufsitzt. Das Ganze geht sehr flott, die Kamera hat keine Probleme beim Erkennen. Gleiches gilt auch für die verschiedenen Rennstrecken-Elemente. Die werden direkt von der AR-Cam des Karts erkannt und auch den Aufprall mit Wänden, Stühlen und ähnlichem registriert das smarte Mini-Mobil sofort. Zu hell sollte es allerdings auf der Rennstrecke nicht werden. Nach Angaben von Nintendo ist es nicht zur Nutzung in der direkten Sonne gedacht. Wir haben bei unserem Test sehr schnell feststellen können warum: Die AR-Kamera hatte manchmal schon beim Licht aus unseren bodentiefen Fenstern Probleme mit Überbelichtung – dann sahen wir auf dem TV vor allem gleißendes weißes Licht.
Beim Aufbau der Mario-Kart-Live-Strecke müssen insgesamt vier Tore platziert werden, die im Paket enthalten sind. Ähnlich wie Nintendo-Labo-Kits sind die aus sehr charmant illustriertem Karton und lassen sich leicht auf- und abbauen. Zusammengeklappt passen sie angenehmerweise ohne Probleme wieder in die Originalverpackung. Es stellt sich aber die Frage, wie langlebig diese Tore vor allem bei öfterem Auf- und Abbauen – vor allem durch Kinderhände – sind. Bemalt oder zugedeckt sollten sie auch nicht werden, weil die AR-Kamera sie sonst eventuell nicht mehr erkennen könnte.
Ebenfalls im Paket sind 2 Wegweiser aus Pappe, die von der AR registriert werden und im Spiel auf der Switch aufleuchten. Hier muss man schauen, dass sie im richtigen Winkel stehen, sonst kann es schon mal vorkommen, dass die Cam sie nicht registriert. Mehr als 4 Tore kann man für eine Rennstrecke leider nicht nutzen. Aber mit genug Fantasie lassen sich die Rennstrecken auch mit selbstgebastelten Toren und Wegpfeilen ausstatten.
Dann kann es auch schon mit dem Fahren losgehen. Zum Registrieren des Streckenverlaufs müssen wir einmal mit dem Kart über die angedachte Route und durch die vier aufgebauten Tore fahren. Das Spiel erkennt die Wege einigermaßen genau. Nur manchmal zeichnet es die virtuelle Route durch unsere Möbel hindurch. Das ist etwas unpraktisch, Zusammenstöße können aber (zumindest im Singleplayer) mit vernünftigem Fahrverhalten vermieden werden. Auch in kleineren Wohnzimmern lässt sich trotz beschränkter Größe eine spannende Strecke aufbauen. Leider wird es aber bei engeren Kurven entsprechend schwieriger, in der Fahrbahn zu bleiben.
Im Multiplayer können bis zu vier Spieler gleichzeitig gegeneinander fahren. Dadurch, dass man sich im Laufe des Spiels immer mehr kosmetische Looks für Mario oder Luigi und deren Karts freispielt, herrscht keine Verwechslungsgefahr auf den Bildschirmen. Allerdings braucht es für jeden Wagen eine eigene Switch. Auch wenn wir leider nicht mehr Wagen zur Verfügung hatten, können wir uns vorstellen, dass je nach Mitspielerzahl entsprechend mehr Platz auf der Fahrbahn eingerechnet werden muss.
Beim Start ins Spiel hilft uns das Programm auf der Switch, das klar und verständlich alle Schritte genauestens erklärt. So genau, dass es in Kombination mit der beiliegenden Bedienungsanleitung manchmal etwas zu redundant ist. Trotzdem haben wir nach kurzer Zeit die Einleitung hinter uns und können losdüsen. Über das Parkett, den dünnen Teppich und unter dem Sofa durch.
Neben diversen Spinnweben nehmen wir die Erkenntnis mit, dass fast jeder Untergrund für Mario Kart Live Home Circuit geeignet ist. Nur bei höheren Übergängen bleibt Mario leider hängen. Ein Wechsel vom Parkett zu einem höheren Teppich schafft er mit seinem Hinterradantrieb nicht. Auf dem Teppich selbst hat er dann aber keine Probleme.
Auch Steigungen schafft er nicht – das wird aber durchaus gewollt sein. Wenn schon wir auf die Idee kommen, eine Rampe zu bauen, dann werden es garantiert auch jüngere und wagemutigere Fahrer probieren – die Autos sind aber nicht darauf ausgelegt, Stürze aus Höhen zu überstehen. Ansonsten steht es uns frei, die Fahrbahn mit allerhand Hindernissen und Dekorationen auszustatten. Vom Slalom um die Klopapierrollen bis hin zu abenteuerlichen Tunneln aus Kartons kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen. Einen Vorteil hat hier natürlich, wer viel Spielzeug zu Hause besitzt. Am Bildschirm wirkt der Wagen erstaunlich schnell, wenn man ihm aber beim Rollen über den Wohnzimmerboden zuschaut, ist sein Tempo angenehm gemäßigt.
Aber nicht allein die realen Hindernissesind in Mario Kart Live Home Circuit eine Challenge. Denn im neuen Switch-Spiel spielt sich auf dem Bildschirm noch viel mehr ab. Ganz wie man es aus klassischen Mario Karts gewohnt ist, fährt man hier gegen virtuelle Gegner – die natürlich nur am Bildschirm zu sehen sind. Neben Münzen auf der Strecke und den üblichen ?-Blöcken, die Bananenschalen, Panzer verstecken, hält das AR-Mario-Kart noch mehr bereit. Ganz wie man es in der traditionellen Konsolenversion des Racers kennt, gibt es auch hier Cups mit je drei Rennen, die gegen die künstlichen Gegner gefahren werden können. Von rutschigen Regen-Pisten bis hin zu stürmischen Routen bieten die unterschiedlichen Wetterlagen eine echte Herausforderung.
Denn die Steuerung des kleinen Karts ändert sich entsprechend. Man muss gegen den virtuellen Wind steuern, Gumbas ausweichen und Pilze sammeln. Auch die Tore bekommen in der Augmented Reality einen neuen Anstrich verpasst. Von den ikonischen Türmen von Bowsers Festung bis hin zum tropischen Dschungel-Look hat man sich hier große Mühe gegeben. Die Umsetzung funktioniert insgesamt sehr gut. Rennt man in ein Gumba, gerät man ins Schleudern. Wird man vom Blitz getroffen, fährt man erstmal langsamer. Schwierig wird es nur, wenn wir selbst Realität und AR nicht mehr auseinanderhalten können. Dann rennen wir plötzlich ins Tischbein, weil wir es vor visuellen Effekten am Bildschirm nicht mehr sehen.
Problematisch zeigt sich die Steuerung vor allem bei schlechter WiFi-Verbindung. Je nachdem wieviel sonst noch im heimischen Netzwerk los ist, kann es sein, dass die Übertragung zwischen Switch und Kart laggt. Dann ruckelt es gerne mal und der Wagen reagiert nicht mehr sekundengenau. Solche Situationen kamen auch in unserem Test öfters vor. Halb so schlimm, wenn der gesamte Haushalt mitspielt.
Aber sobald jemand eine Videokonferenz hat, wie es in Homeoffice-Zeiten gerne mal vorkommt, dann kann die Verbindung schon mal löchrig werden. Nichtdestotrotz ist bei uns zu keinem Zeitpunkt die Verbindung komplett abgebrochen. Kleinere Verzögerungen sorgen zwar kurzzeitig für etwas Unmut. Sie reichen aber nicht aus, um uns die Spielfreude zu nehmen. Schade finden wir den auf fünf Meter begrenzten Radius des Karts. Fahren wir weiter, beginnt das Spiel zu laggen. Das kann in eher schmalen, länglichen Wohnungen frustrieren. Aber die Beschränkung des befahrbaren Bereichs gibt uns auch Kontrolle, bis wohin der Kart fahren kann – wie zum Beispiel bis zu einer gefährlichen Treppenkante und nicht darüber hinaus.
Mario Kart Live Home Circuit ist ein grandioser Spaß für alle Fans des ikonischen Rennspiels. Der AR-Racer ist stabil und hat clevere Sicherungen, die ihn im Normalgebrauch vor zu riskanten Manövern schützen. Trotzdem sorgt das Rennspiel auf der Switch für Adrenalin mit all den bekannten Items und Gimmicks, die das Franchise so bekannt gemacht haben. Allein schon beim Zuschauen des Karts, wie es im Wohnzimmer herumdüst, entsteht eine Freude wie in Kindheitstagen. Nur ein paar Verbindungsprobleme sorgten in unserem Test ab und zu für Ungeduld.
Der Spielehersteller hat noch mehr zu bieten als nur Mario Kart Live! Was seine 3D-Allstars Kollektion drauf hat, haben wir hier getestet:
Super Mario 3D All-Stars im Test
Bilder: © Helden der Freizeit/ Nintendo
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.