Make Wien dicht again. Wo ein Wille, da Promille. Mit diesen Slogans seiner Bierpartei eroberte Turbobier-Sänger Marco Pogo sensationell einen Bezirksratposten und 1,8 Prozent der Stimmen bei der Wien-Wahl. Im großen Interview spricht der King of Simmering über die Situation der Kulturschaffenden, Freizeit-Tipps im Lockdown, warum Strache kein Konkurrent ist, aber die Ärzte für den promovierten Doktor echte Helden sind.
von Patrick Meerwald
8. November 2020: Auch aus bsoffenen Gschichtn kann Gutes entstehen. Marco Pogo, seines Zeichens promovierter Doktor der Medizin, Leader der Punkband Turbobier und seit Oktober auch in der Wiener Bezirkspolitik, hat in seinem Leben viele berauschenden Dinge erfolgreich gemeistert. Nach zwei Jahren als Turnusarzt schlug er erfolgreich den Weg als Musiker ein. Besonders heldenhaft war zuletzt das Abschneiden seiner Bierpartei bei der Wien-Wahl. Sensationelle 1,8 Prozent aller Stimmen (bei der Nationalratswahl letztes Jahr waren es noch 0,6) und einen Bezirksratposten in Simmering konnte er mit seiner Spaßbewegung verbuchen.
Die Helden der Freizeit erwischten den King of Simmering während seiner täglichen Jogging-Session am Telefon. “Zwölf Kilometer sind’s noch heute,” sollte er am Ende des Interviews erzählen. Mit uns sprach Marco Pogo alias Dominik Wlaszny über Parallelen zwischen der Musik-Stage und der Politbühne, was er als vierten Bildungsweg einplant und vieles mehr, während er weiter seine Runden drehte.
Marco Pogo: Das möchte ich mit einem Beispiel beantworten, wie man es machen kann. Letztens hat man mich in einem Beisl in Simmering, in dem ich oft verkehre, mit “Eure Hoheit” begrüßt. Das hat mir sehr gefallen. Von Journalisten lasse ich mich mit dem Doktortitel ansprechen und vom gemeinen Bürger einfach Marco.
Das ist grundsätzlich alles erst am Anfang. Als Bezirksrat lerne ich jetzt richtig, wie die politischen Abläufe in der Stadt funktionieren. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass das eine fordernde, spannende und auch lustige Zeit wird. Man muss aber auch ehrlich sagen, dass das Bezirksparlament in Wien nicht über die wirklich fundamentalen Dinge in der Stadt entscheidet.
Dafür ist man politisch den Bewohnern sonst nirgends so nahe. Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung und Aufgabe, weil ich die Leute, die uns gewählt haben nicht enttäuschen möchte. Dinge wie den Bierbrunnen will ich wirklich durchbringen.
Prinzipiell würde ich sagen, dass der Beruf des Politikers gesellschaftlich am weitesten unten ist, was die Akzeptanz und die Sympathie betrifft. Politiker ist der unsympathischste Beruf. Im vierten Bildungsweg werde ich versuchen mein Image ein bisschen aufzupolieren.
Irgendetwas, großzügiges, anerkanntes zu machen, wo die Menschen wieder zu einem aufblicken. Ich würde mal sagen, Pfarrer. In weiterer Folge, irgendwas Spirituelles, vielleicht ein Sektenführer.
Da ich schon so ein alter Bühnenfuchs bin, ist das für mich beides ziemlich ähnlich. Sogar der Ausklang ist auch relativ ähnlich, weil es wird nachher immer g’soffen. Da bin ich auch schon darauf gekommen. So ein Wahlkampf ist vergleichbar mit einer Tour, ziemlich anstrengend, mit viel Alkohol im Spiel. Als Musiker singst du, als Politiker sprichst du. Rein in der Darbietung der Sprache liegt der Unterschied.
Es wird nachher immer g’soffn!
Marco Pogo zieht Parallelen zwischen politischen Events und eigenen Konzerten.
Prinzipiell hat man nach all den Jahren eine Art Ritual. Das sind bei mir so vier, fünf Bier, und das ist nicht so wichtig, ob man danach auf die Bühne geht oder nicht. Das sollte man immer machen. Im Backstage-Raum werden auch immer so Party-Playlists aufgedreht.
Dann schau’ ich auch, dass ich meinen Körper in Schwung bringe und mich dehne. Weil ich dann ja doch so eineinhalb Stunden auf der Bühne stehe. Nach den vier, fünf Bier schaue ich, dass ich die Texte nicht vergesse, auf der politischen Stage und als Musiker.
Dann sorge ich für gute Stimmung im Publikum. Da lege ich los. Und danach gibt es auch eine geile After-Show Party. Auch in der Politik, da habe ich das auch so kennengelernt.
Ich habe immer Pläne. Ich arbeite sogar an einer neuen CD aktuell, die hoffentlich auch bald rauskommen wird. Es wird ein Live-Album sein. Das kann man schon mal machen nach drei Studioalben. Da kann man auch ein Live-Album rausbringen. Ich freue mich, endlich wieder zu spielen und das zu machen, was mir taugt. Momentan ist es aber echt zach. Man steht ja auch echt gern auf einer Bühne. Und jetzt kann man nichts mehr machen. Das kann einem auch zusetzen.
Da mach ich es so, wie alle anderen Kulturschaffenden: Warten, mehr warten und hoffen, dass die Kultur-Szene, wie wir sie kennen, nach dem Scheiß-Virus so erhalten bleibt.
Da ist die Politik gefragt, die ganzen Musiker, die Techniker, Aufbauer, Roadies, Stage-Manager, einfach alle aus dieser wirklich großen Industrie zu unterstützen. Ich kenne nur die Zahlen aus Deutschland und da ist zum Beispiel dreimal so viel drin, wie in der Automobil-Industrie. Es wird ja auseinander dividiert, was systemrelevant ist. Kultur ist systemrelevant!
Kultur ist systemrelevant!
Marco Pogo steht für die Kulturschaffenden ein.
Also ich versuche meinen Bier-Konsum hochzuhalten, das gelingt ganz gut. Ich habe meine Bude komplett auseinander genommen und wieder zusammengebaut. Entrümpeln, aufräumen und Licht ins Dickicht bei Dingen bekommen, die man einfach über Jahre hat liegenlassen, die einem eigentlich am Oasch gehen. Zum Beispiel Dokumente aussortieren, so etwas machst du echt nicht gern, aber da bietet sich ein Lockdown dafür an.
Ich versuche meinen Bierkonsum hochzuhalten.
Marco Pogo steht auch im Lockdown zu seinen Prinzipien.
Natürlich nutze ich die Zeit auch zur sportlichen Ertüchtigung. Vom Frühjahr bin ich noch ziemlich fit. Da bin ich viel gelaufen. Im April war mein stärkster Monat. Da bin ich 300 Kilometer gelaufen. Ich versuche bei allem Positives zu finden. Vielleicht sorgt ja auch dieser Lockdown dafür, dass Leute das tun, was sie sonst nicht so machen können und jetzt einfach durchziehen.
Mein Einstieg in die Punk-Musik waren die Sex Pistols, die ich schon als kleiner Bub gehört habe. Danach bin ich zu Rancid gekommen, die ich bis heute noch höre. Es ist spannend, dass sich mein Geschmack nicht verändert hat. Man glaubt, man wächst da raus, aber es ist nicht so.
Spannenderweise wurde ich das heute schon einmal gefragt und da habe ich geantwortet, was ich davor noch nie so beantwortet habe und mir auch nicht bewusst war. Mich begeistert das Gesamtwerk von den Ärzten, die nach so vielen Jahren nichts an ihrem Charme verloren haben.
Ich bin mir sicher, dass es vielen unangenehm ist, wenn sie als Held bezeichnet werden. Ein Held ist eine ganz persönliche Sache, was die jeweilige Person heldenhaftes in jemandem sieht. Es pauschal zu sagen, ist schwierig. Ich versuche es aber trotzdem: Eine sehr positive Einstellung zum Leben, die dann einfach überschwappt auf Leute. Wenn man positiv durchs Leben geht und das Leuten mitgeben kann, ist das vielleicht heldenhaft.
Prinzipiell habe ich Heinz Christian Strache nie als Konkurrenz gesehen, weil er einfach nicht so schön und intelligent und fesch ist wie ich. Generell sollte man jedem Bürger es freistellen, ob er zwischen Bier und THC entscheidet, wenn man das ganz unpolitisch anschaut. Wozu man da greift, ist Privatsache und da soll sich der Staat und die Politik auch nicht derart einmischen.
Ich habe Strache nie als Konkurrenz gesehen, weil er einfach nicht so schön und intelligent ist wie ich.
Generell will Marco Pogo aber jedem Bürger freistellen, sich zwischen Bier und THC zu entscheiden.
Turbobier ist einfach das beste Bier von allen, das ist wissenschaftlich belegt. Es ist wissenschaftlich und fundamentiert bestätigt, wenn eine Flasche oder Dose Turbobier in der Hand ist, dass man viel attraktiver ist.
Stell dir mal vor, jemand hat in der Hand ein Turbobier und ein anderer zum Beispiel ein Gambrinus. Da ist doch klar, wer der Schönere ist. Ich muss das doch nicht beantworten, oder? Es mag schon stimmen, Bier macht schön, aber Turbobier macht schöner.
In unserer Helden-der-Helden-Rubrik findest du regelmäßig coole Interviews mit Musikhelden und Originalen – hier reden sie ohne Genierer und Maulkorb über ihre Leidenschaft und mehr oder weniger heldenhafte Auftritte:
Stefan Jürgens: “Wien hat mich gelehrt, das Leben humorvoll zu sehen!”
Nino aus Wien: “Ich höre gerne Hits, ich schreibe halt keine!”
Rapperin Yasmo: “Sich zu behaupten, geht auch ohne Hierarchie!”
Cil City: “Wenn die Energie passt, darf auch was danebengehen!”
Christian Hummer von Wanda: “Statt 150 kamen plötzlich 15.000!”
Arabella zu Starmania: “Es braucht viel Mut und Verletzlichkeit!”
Cley Freude: “Jeder Mensch ist ein Held und für jemanden wertvoll!”
Titus Vadon: “Musiker müssen innerlich brennen, sonst wird’s fad!”
Manuel Rubey: “Ich könnte Tag und Nacht Sport schauen!”
KØLEEN: “Ich liebe Kontraste im Leben, vor allem in meiner Musik!”
Sibbi von Itchy: “Für das Karma ist es gut, wenn man kein Arschloch ist!”
PAENDA im Interview: “Nicht nur meine Texte haben eine Message!”
Amy Wald: “Meine Sexualität war für mich nie so eine große Sache.”
Mala Frank im Interview: “Dann hat mich Bryan Adams gebeten, ihn zu covern!”
Christopher Seiler: “Wenn du einen Idioten spielst, musst du gscheit sein!”
Anna Heimrath nach Starmania: “Mein Ziel ist, von der Musik zu leben.”
Ina Regen: “Kenne deinen Grund, warum du was machst!”
Paul Pizzera: “Die Konzert-Geilheit bleibt trotz Absage-Frust!”
Russkajas Georgij: “Alles in meinem Beruf ist Freizeit!”
Wendja: “Neben dem Musikmachen ist Sport mein Leben!”
Silbermond: “Ein Kind auf die Welt bringen ist heldenhaft.”
Vamummtn-Rapper Ansa: “Autotune-Gedöns ist nicht unsers!
Kaiser Franz Josef : “Unsere Musik ist zu leiwand fürs Radio!”
Nathan Trent: “Billie Eilish hat das Game revolutioniert!”
Cordula-Grün-Held Josh.: “Gig im Burgtheater wäre geil!”
Steve Hogarth: “Über John Lennon geht nichts!”
Nightwish: “Dem würde ich das Härteste geben.”
Prohaska über Musik: “Der Ambros ist mein größter Held!”
Hans Krankl: “Jeder Auftritt ist eine Heldentat!”
Alf Poier: “Mein halbes Leben war eine Heldentat!”
Aufmacher: © Philipp Hinterlehner
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.