Eva Reisingers Erstling Männer töten verwebt Heimatroman, Popliteratur, Krimi und Farce. Er schickt uns in ein Dorf, in dem die Frauen bestimmen. Für wieviel Lesespaß das sorgt, verraten wir euch in unserer Rezension.
von Christian Orou
Anna Maria flüchtet vor ihrer Beziehung aus Berlin in das oberösterreichische Dorf Engelhartskirchen. Der Zeitpunkt ist gerade günstig. Den Job, der sie mehr schlecht als recht über Wasser gehalten hat, verliert sie nach einem Unfall. Auch ihre Beziehung geht zu Ende.
Sie erwacht in einem Zimmer und alles scheint dem ländlichen Klischee zu entsprechen, wären da nicht Kleinigkeiten, die sie irritieren. Es gibt in dem katholischen Dorf eine Pfarrerin. Und einige Männer sind verschwunden. Eine Gruppe von Frauen holt Anna Maria zu einem Polterabend ab.
Das ist die Ausgangssituation in Eva Reisingers Debütroman Männer töten. Aus dieser entwickelt sie eine aufregende Story, in der sie zuerst Anna Marias Geschichte in einigen Rückblicken erzählt, die an dem Punkt enden, an dem ihr Ex in Engelhartskirchen auftaucht.
Reisinger skizziert in ihrem Romanerstling eine Gesellschaft, die auf den Kopf gestellt ist. Frauen dominieren, lassen sich nichts gefallen. Warum das gerade in Engelhartskirchen passiert, schreibt sie in ihrem Roman Maria Karolina, einer Tochter Maria Theresias zu. Sie soll den Hof in Wien verlassen haben und mit ihrem Hofstaat in ein Dorf in Oberösterreich gezogen sein, um dort ein Matriarchat zu errichten. Dass dies historisch belegt ist, scheint nach einer kurzen Recherche im Internet unwahrscheinlich, tut aber nichts zur Sache. Wenn es nicht stimmt, ist es zumindest gut erfunden und Maria Karolina wäre stolz auf Eva Reisinger.
Kann man den Titel Männer töten noch auf zwei gegensätzliche Arten lesen, so ist der Roman dahinter sehr eindeutig. Reisinger entwirft eine Utopie, die im Mittelteil ein wenig langatmig geraten ist, die aber gegen Ende an Fahrt aufnimmt und zwischen Krimi und Farce im Stile von Dario Fo hin- und herwandert.
Männer töten von Eva Reisinger ist keinem gängigen Genre zuzuordnen. Es ist manchmal Heimatroman, dann wieder fast Popliteratur, am Ende dann Krimi und Farce. Das Buch ist trotz einiger Längen unterhaltsam, spannend, atemberaubend und regt beim Lesen zu dem einen oder anderen Gedankenexperiment an. Wäre die Welt besser, wenn die Frauen aus Eva Reisingers Buch die Welt regieren würden?
Männer töten ist am 14. August 2023 im Leykam Verlag erschienen.
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