1977 erfand eine Wienerin die Luftburg. Elisabeth Kolarik erzählt die irre Geschichte ihres Welthits & warum sie auch mit 64 noch mit allem im Prater fährt.
Wer hat’s erfunden? Nein, ausnahmsweise nicht die Schweizer. Die Luftburg wurde in den 80er- und 90er Jahren zum weltweiten Phänomen und ist auch heute noch der Hit auf jedem Kindergeburtstag. Verantwortlich dafür ist eine Österreicherin. Elisabeth Kolarik, Tochter von Schweizerhaus-Ikone Karl Kolarik, kam vor über 40 Jahren auf diese Idee.
Um ihre Erfindung hat sie selbst mit der Luftburg und den anderen Kolarik Freizeitbetrieben (Praterfee, Kinderwelt, Himmelreich, Feenzelt) eine erfolgreiche Gastronomie aufgebaut. Wie genial ein Tag dort mit der Familie ist, könnt ihr hier in unserem Test mit Video nachlesen. Den Helden der Freizeit erzählt die mittlerweile 64-jährige Pionierin ihre aufregende Geschichte. Und warum einst nur der Game Boy der Luftburg in Sachen Popularität das Wasser reichen konnte.
Elisabeth Kolarik: Ich bin schon als Kind gern im Gitterbett gesprungen. Diese Lust am Hüpfen bleibt einem, auch wenn man älter ist. Ich wollte schon lange etwas schaffen, in dem Kinder springen können. Und als ich selber Mutter war, kam mir diese Idee wieder in den Sinn. Als ich mit meinem Vater auf einer Biermesse war, haben wir dort einen Schneidermeister getroffen, der Heißluftballone für Brauereien erzeugt hat. Ich hab ihn gefragt, ob er auch eine Matratze mit Seitenwänden, eine Art Burg damit bauen kann und ihm die Idee aufgezeichnet. Er hat mir erklärt, wie das funktioniert. Dass da mit einem größeren Föhn die Luft reingeblasen wird. Und weil es genäht und nicht geklebt ist, wie bei den Heißluftballonen, immer etwas Luft entweichen kann, damit nichts platzt.
Stimmt. Ich hatte an eine Größe von 3 x 4 Metern gedacht, für meine einjährige Tochter Marianne. Der Herr hat das nach dem vierten, fünften Bier offenbar ein bisschen falsch verstanden. Und er ging vom englischen Maß Zoll aus. Ich hab mich noch über den horrenden Preis gewundert. 50.000 Schilling zirka. Dafür hätte man ein sehr, sehr gutes Auto bekommen. Für mich zu viel, aber ich wollte das unbedingt. Mein Vater hat mir das vorfinanziert, ich konnte es ja im Schweizerhaus abarbeiten. Ich habe Monate darauf gewartet und nichts von dem Schneider gehört. Damals gabs ja noch kein Internet und so. Nachrichten kamen mit Telefax oder Morsezeichen (lacht).
Ja. Er hat gemeint er kann das nur im Garten aufstellen. Ich dachte: Oje, ist da Helium drin, weil das nur draußen stehen darf? Dann hat er das ausgerollt und ausgerollt. Und auf einmal war das acht mal elf Meter groß. Es war eine Sensation! Man hat mich davon gar nicht mehr runter bekommen. Dieses Urmodell haben wir jetzt noch in unserem Luftburg-Lokal.
An einem Sonntag kam Zilk, damals noch nicht Wiener Bürgermeister sondern Kulturstadtrat, mit seinem Sohn zu meinem Vater. Er brauchte etwas zum Spielen für Kinder am Rathausplatz. Irgendwas, damit er von seinem Balkon nicht mehr auf eine graue Fläche schaut. Einzige Vorgabe: Keine Tiere, keine Löcher im Asphalt. So hat mich mein Vater mit der Luftburg hingeschickt. Zilk hat gefragt: Was brauchst du dafür? Ich sagte: Nur einen Stromanschluss.
Da hat der Bürgermeister einfach ein Verlängerungskabel angesteckt und mir vom Rathausbalkon runtergeschmissen, damit ich mich anstecken kann. Es waren vier Wochen lang total viele Kinder da.
Ich hab mir die Marke Luftburg schützen lassen. Ein Patent habe ich nicht angemeldet. Das hätte 100.000 Schilling gekostet und nur im Westen gegolten. Einige Jahre später hat man mich mit der Luftburg auf der Wiener Messe engagiert. Zusammen mit dem Game Boy hat die Luftburg dort die Auszeichnung für das beliebteste Spielzeug bekommen. Wahnsinn, weil der Game Boy war ja damals DAS Highlight. Im Prater begann es dann richtig erfolgreich zu werden. Wir haben verschiedene Modelle gebaut mit Giraffen und anderen Tieren und Figuren. Meine Kinder haben sich eingebracht und fleissig gezeichnet. Heute haben wir 40 verschiedene Modelle und etwa 100 Stück zur Vermietung.
Am Anfang haben wir die Kinder springen lassen und dazu Würstel und Getränke verkauft. Und das wurde dann mehr und mehr. 1991 war dann der offizielle Startschuss der Luftburg Gastronomie.
Ja, immer wieder mit meinen Enkerln. Der Spaß an der Arbeit hält mich jung und gesund. Und ich habe Yoga für mich entdeckt, das wir seit letztem Jahr in der Praterfee anbieten. Auch für Mütter und Leute über 50. Yoga ist für mich eine Verbesserung der Lebensqualität. Wir achten in unserem Betrieb auch immer mehr auf Nachhaltigkeit und haben jetzt das Bronze-Siegel von „Natürlich gut essen“ erhalten. Das Silberne streben wir an. Bei Gemüse und Obst setzen wir schon länger immer mehr auf Bio. Jetzt haben wir das auch bei der Stelze umsetzen können. Die Gäste finden’s gut.
Nein. Ärgerlich war nur, wenn die Qualität nicht gepasst hat und Leute mit schlechten, geklebten Modellen zu mir gekommen sind: Bitte helfen sie mir mit meiner Luftburg. Da hab ich gesagt: Sie haben da keine Luftburg, sondern eine bessere Sprungmatratze. Ich kann Ihnen eine von uns borgen.
Immerhin so viel, dass wir unseren Betrieb weiterentwickeln und den Freizeitbereich ausbauen können.
Ja, den Radimat. Eine Maschine mit der man den Rettich schnell spiralig schneiden kann. Vorher war das in großen Betrieben Schwerstarbeit.
Ich würde es lösungsorientiert nennen. Wenn’s drum geht meiner Tochter mal zu zeigen, wie man ein Schloss oder so tauscht – kein Problem. Auch die kleinen Geräte, in die man einen Euro reinschmeisst, haben wir früher noch easy selbst repariert. Das geht jetzt leider nicht mehr so leicht. Jetzt braucht es schon Spezialsoftware usw. Ein paar alte Geräte haben wir noch. Die sind nicht umzubringen.
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Natürlich. Aber den find ich jetzt nicht so arg. Das Bungee Jumping, das es früher gab, oder jetzt auch diese Bungee Kugel, das ist schon was anderes. Ich muss immer alles ausprobieren. Als Kind waren für mich diese Boot-Schaukeln am Ärgsten. Es war eine Herausforderung sich damit einmal kopfüber zu drehen. Heute wären die wohl gar nicht mehr erlaubt.
Dass jeder gratis rein kann. Dass man auch nur den anderen beim Fahren zuschauen kann. Oder man versucht jedes Mal was anders aus. Ich finde es freier, es gibt keinen Zwang.
Früher sind manche noch im Hauptschulalter in unsere Kinderbetriebe gekommen. Jetzt fahren schon die Drei- oder Vierjährigen mit wilderen Sachen. Es ist auch alles sicherer geworden.
Ja. Vor allem auch als Geschenk. Es ist halt auch für Leute, die den Prater nicht gut kennen, so zusammengestellt, dass die für Kinder besonders gut geeignete Attraktionen dabei sind. Wie zum Beispiel auch der kultige Mecky Express.
Man lebt hier Tag und Nacht in seinem Betrieb. Die ganze Familie packt mit an. Meine Tochter Marianne und mein Sohn Paul tragen viel dazu bei, dass die Luftburg heute ist, was sie ist. Und die jüngste Tochter hilft auch ein bisschen. Wenn viel zu tun ist, am 1. Mai, sind alle fünf Kinder da. Die Leute hier haben ein Herz für den Prater. Es ist eine gewisse Liebhaberei, die von der Freude und Begeisterung lebt.
Das ist wie bei einem Zirkus. Da muss man schon zusammenhalten und sich unterstützen. Die Konkurrenz ist der Ansporn – ähnlich wie bei Geschwistern. Der eine macht mehr Geschäft, der andere weniger. Dann muss er sich halt wieder was Neues einfallen lassen. (ak)
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Der Chefredakteur der Helden der Freizeit hat das Onlinemagazin 2016 ins Leben gerufen und ist seit 2000 als Sportjournalist im Einsatz. Bei heldenderfreizeit.com ist er spezialisiert auf actiongeladene Outdoor-Aktivitäten, Ausflüge, Videos, Spiele, Filme, Serien und Social Media.