Mit Locke & Key adaptiert Netflix die nächste spannende Comicvorlage und schafft damit stabiles Entertainment für Teens. Zuschauer und Protagonisten verschlägt es in ein uraltes Anwesen, in dem magische Schlüssel warten. Wie die Mystery-Serie gefällt, lest ihr in unserer Kritik.
von Sophie Neu
6. Februar 2020: Und schon wieder eine neue Comic-Adaption von Netflix! Neben den Archie-Comics-Verfilmungen Riverdale und The Chilling Adventures of Sabrina oder The Umbrella Academy nimmt sich der Streaming-Gigant jetzt der erfolgreichen Teen-Mystery-Reihe Locke & Key an. Die wurde von Joe Hill erdacht, niemand Geringerem als dem Sohn von Stephen King. Die Netflix-Umsetzung haben Carlton Cuse (Lost, Bates Motel) und Meredith Averill (Spuk in Hill House) realisiert. Damit hat Netflix eine gute Wahl getroffen, denn sie zeigen auch in Locke & Key ein Händchen fürs Schaffen stimmiger Settings. Doch so ausgeklügelt die Szenarien und Locations auch sind, so lassen sie die Locke-Kinder, die eigentlichen Protagonisten, ein bisschen blass und unterentwickelt wirken.
Am 7. Februar geht die Serie online. Wir durften die komplette erste Staffel vorab sichten. In unserem Review erfahrt ihr, ob es sich lohnt, bei den Lockes im Keyhouse vorbeizuschauen. Tipp: Hier findet alle weiteren Film- und Serienstarts auf Netflix im Februar 2020.
Nach dem Mord an Familienvater Rendell Locke brauchen seine Witwe Nina (Darby Stanchfield) und die gemeinsamen Kinder Tyler (Connor Jessup), Kinsey (Emilia Jones) und Bode (Jackson Robert Scott) dringend einen Tapetenwechsel. Aus ihrem vorstädtischen Haus zieht es sie in die Kleinstadt Matheson. Dort wartet das verlassene Familienanwesen der Lockes darauf, wieder mit Leben gefüllt zu werden.
Doch schon bald merkt Bode, der Jüngste der Familie, dass im uralten Haus etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Als ihn im Brunnenhaus ein merkwürdiges Echo aus dem Brunnen dazu auffordert, besondere Schlüssel in der Villa zu finden, kommen er und seine beiden Geschwister Tyler und Kinsey dem Erbe ihrer Familie auf die Spur. Denn seit Generationen hüten die Lockes Schlüssel mit besonderen Fähigkeiten.
Doch je mehr Schlüssel sie finden, desto stärker wird ihnen bewusst, dass ihre Macht in den falschen Händen für üble Zwecke missbraucht werden könnte. Und das mysteriöse Echo aus dem Brunnen entpuppt sich als nicht ganz so körperlos (Laysla De Oliveira) wie gedacht, hat böse Pläne mit den Schlüsseln und schreckt vor nichts zurück, um an sie zu gelangen.
Locke & Key vermischt Narnia, Hogwarts und eine Prise Teen-Drama zu einem stimmigen Ganzen. Dabei sind die Ansätze nicht unbedingt innovativ, aber nicht jede Serie muss das Rad neu erfinden. Denn was dabei herauskommt, ist unterhaltsam und schafft es, genau die Stimmung beim Zuschauer zu erzeugen, auf die es aus ist. Wie die Locke-Kinder packt einen die jugendliche Neugierde darauf, was diese mysteriösen Schlüssel alles können. Wenn einer davon dann die wortwörtliche Tür in den Kopf anderer Leute öffnet, staunt man nicht schlecht.
Das verdankt Locke & Key vor allem dem Setdekor. Denn das Keyhouse, wie das Anwesen der Lockes passenderweise heißt, ist zu gleichen Teilen einladend und unheimlich. Das alte Haus aus Kolonialzeiten hat unzählige Räume, die erkundet werden wollen. Und so sind es nicht nur die Locke-Kinder in allen Ecken nach Schlüsseln suchen. Auch die eigenen Augen wandern aufmerksam wie bei einem Wimmelbild durch die Szenen.
Dabei beschränkt sich die Comic-Adaption nicht nur auf das Locke-Anwesen. Denn Tyler und Kinsey sind Teenager und als solche natürlich ständig auf Achse. Und in ihrer neuen Schule in Matheson müssen sie sich erstmal zurechtfinden. Es entfalten sich hier die typischen Teen-Dramen rund um Liebe und Freundschaft. Während Tyler schnell Anschluss bei den Sportlern findet, hat Kinsey Probleme neue Bekanntschaften zu schließen. Doch im Endeffekt leiden beide weiterhin unter dem Schock, ihren Vater zu verlieren. Die Serie geht hier nuanciert daran heran, wie unterschiedlich solche Schmerzen verarbeitet werden und welche Emotionen damit einhergehen.
Leider sieht man aber abseits dieses Verarbeitungsprozesses nicht viel vom Charakter der beiden. Im Endeffekt leiden sie unter einer typischen Hauptcharakter-Krankheit, wie man sie aus so vielen Serien kennt: Sie wurden so gestaltet, dass sich möglichst jeder mit ihnen identifizieren kann. Das hat leider die Konsequenz, dass man als Zuschauer keine vernünftige Bindung zu ihnen aufbaut.
Viel schlimmer noch trifft es allerdings ihren kleinen Bruder Bode. Denn sein Wesen wird primär auf eine Eigenschaft zurückgestutzt: Schlüssel finden. Ansonsten erfährt man nicht viel von ihm. Weder wie genau er über den Tod seines Vaters hinwegkommt, noch ob er neue gleichaltrige Freunde in Matheson findet. Seine einzige neue Bekanntschaft ist der Teenager Rufus, der sich um das Grundstück der Lockes kümmert.
Außerhalb des Keyhouses und seiner Ländereien existiert Bode praktisch nicht. Während Kinsey und Tyler nach und nach Freunde kennenlernen und mit nach Hause bringen, bleibt Bode bei seiner Schlüsseljagd allein. Das stößt einem vor allem deshalb ein bisschen sauer auf, weil er der Hauptcharakter von Locke & Key sein soll. Im Endeffekt wirkt er aber nur wie ein Geist im Keyhouse.
Trotz dieser Mängel bei den Hauptfiguren hält einen die Story doch bei der Stange. Das Tempo, in dem sich die Handlung entwickelt, ist genau richtig. Selten kommen Längen vor. Im Endeffekt bleibt es durchgehend spannend. Dabei glänzt die Serie nicht unbedingt durch unerwartete Ereignisse, liefert aber ein solides Niveau für den Teen-Mystery-Sektor.
Mit Locke & Key gesellt sich eine weitere aufregende Teen-Serie ins Netflix-Sortiment. Mit ihren mysteriösen Schlüsseln sorgt sie nicht nur bei Jugendlichen für Spannung und ist damit eine tolle Familienserie (ab 13 Jahren).
Auch wenn den Charakteren ab und zu die Tiefe fehlt, so ist man genau wie sie jedes Mal darauf gespannt, was der nächste entdeckte Schlüssel für Möglichkeiten bringt. Eine gelungene Serie mit einer ordentlichen Portion Mystery.
Und noch viel mehr gibt es in unserer Seher-Rubrik zu entdecken. Übrigens: In unserer Erkunder-Rubrik erwarten euch aufregende Freizeittipps für Klein und Groß .
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Bilder: © Christos Kalohoridis/Netflix
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.