Inzwischen findet man bei fast jedem Streaming-Anbieter eine LGBTQ-Sektion. Um nicht den Überblick bei den vielen Angeboten zu verlieren, haben wir eine aktuelle Liste mit unseren Favoriten. Einige unserer liebsten LGBTQ+ Serien und Filme sind bekannte Werke, andere sind versteckte Perlen.
von Paula König
In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Repräsentation von LGBTQ+ Figuren im Fernsehen und in Filmen grundlegend verändert. Noch in den 2000er Jahren wurden queere Charaktere lediglich in Episoden eingebaut, um einen Witz aus ihnen zu machen oder (meist) übersexualisierte Bemerkungen zu implementieren. Man denke beispielsweise an 2004 zurück, als Dr. House eine Reihe queerer Patient:innen behandelte, nur um sie später zu verhöhnen und zu demütigen. (Zugegeben, macht er das mit allen. Aber angesichts einer gewissen Portion Transphobie ist es klar, dass bestimmte Episoden heute nicht mehr so ausgestrahlt werden könnten).
In den 2010er Jahren, als queere Aktivist:innen lauter und stolzer denn je für ihre Darstellung in den Medien kämpften und zahlreiche Länder begannen, die gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren, tauchte ein neues Phänomen auf: Queerbaiting. Dabei handelt es sich um eine Marketingtechnik, bei der die Schöpfer gleichgeschlechtliche Romanzen oder andere Formen von LGBTQ+ Geschichten zwar andeuten, aber nicht in den Vordergrund stellen oder gar darstellen. Bekannte Beispiele hierfür sind wohl Sherlock Holmes und John Watson aus Sherlock (2010) und Dean Winchester und Castiel aus Supernatural (2005). Geschrieben wie ein “Werden sie? Werden sie nicht?”, nur um in einem “Warum habe ich überhaupt gedacht, dass sie…” zu enden.
In den späten 2010er und natürlich jetzt in den 2020er Jahren brach der Damm endlich und das Publikum bekommt eine Vielzahl von queeren Charakteren zu sehen (einige sogar in den Hauptrollen!) Eben LGBTQ+ Serien und Filme wie die Netflix Produktion Sex Education finden viel Anklang bei einem riesen Publikum. Das ist zwar wunderbar und war längst überfällig, brachte aber auch das “Woke“-Problem mit sich. Wie oft hat man schon den Kinosaal verlassen, nachdem der Film auch nur einen Hauch von Repräsentation enthielt, nur um den Satz zu hören: “Es muss doch in allem jetzt mindestens eine schwule Figur vorkommen, oder?” Nun, nein, aber hoffentlich doch.
Repräsentation ist so wichtig, und Fernsehen und Filme sind ein einfaches Mittel, um zu vermitteln, dass es okay ist. Es gibt Menschen wie dich. Dein Queer-Sein ist nichts, was du verstecken musst, sondern was du verinnerlichen kannst.
Wir trennen für euch die Spreu vom Weizen. Viele LGBTQ+ Serien und Filme erzählen Geschichten über Trauma oder ein schmerzhaftes (wenn auch glücklich endendes) Coming Out. Manche sind zwar unbeschwerter, aber viele andere gehen wirklich tief in den Schmerz, der durch Homophobie und Ähnliches entstehen kann. In dieser Liste wollen wir eine etwas lockerere Auswahl an queeren Medien auf Streaming-Plattformen vorstellen. Und zwar nicht nur Coming-Out-Geschichten, sondern auch LGBTQ+ Serien und Filme, in denen Queerness nichts Neues ist. Es wird nicht als etwas Ungewöhnliches behandelt, sondern darf einfach sein. LGBTQ+ Figuren, die einfach sie selbst sind, und das ist das Schöne daran.
Beginnen wir die Liste mit einem sehr bekannten Titel: Heartstopper, der jüngste Hit von Netflix. Die Serie begleitet die britischen Schüler Nick (Kit Connor) und Charlie (Joe Locke) als auch ihre Freund:innen bei der Suche nach ihrem Platz in dieser Welt. Die von manchen als zu kitschig bezeichnete Serie ist unbestreitbar eine wohltuende Coming-of-Age-Geschichte, die klassische Themen wie Coming-Outs und Akzeptanz in dieser Gesellschaft behandelt. Der Produktionsstart der dritten Staffel wurde kürzlich bekannt gegeben, wenn ihr also einsteigen wollt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Lest unsere Kritik zur zweiten Staffel von Heartstopper hier.
Streaming-Plattform: Netflix. Staffeln: 2. Folgen: 16.
Nachdem das Buch 1990 erschienen war, vergingen Jahrzehnte, bis die Co-Autoren Neil Gaiman und Terry Pratchett die richtigen Hände fanden, denen sie eine Verfilmung ihrer apokalyptischen Komödie anvertrauten. Nach Pratchetts Ableben wollte Gaiman, dass die Umsetzung perfekt ist und das gelingt ihm auch. Good Omens ist eine humorvolle Sicht auf das Ende der Welt, in der Engel Aziraphale (Michael Sheen) und Dämon Crowley (David Tennant) zusammenarbeiten, um Himmel und Hölle aufzuhalten, die das Ende der Erde vorsehen. Kleine Änderungen gegenüber dem Buch wurden vorgenommen, wobei die wichtigste darin bestand, dass Gaiman beschloss, die Serie solle eine Liebesgeschichte zwischen Aziraphale und Crowley sein. Ihre Beziehung wird in der zweiten Staffel noch eingehender erforscht. Ein Meisterwerk mit einer herausragenden Besetzung, das keine Labels braucht, da so viel queere Liebe schwer zu übersehen ist.
Streaming-Plattform: Amazon Prime. Staffeln: 2. Folgen: 12.
Als die Streitigkeiten zwischen dem Sohn der amerikanischen Präsidentin (Taylor Zakhar Perez) und dem britischen Prinzen (Nicholas Galitzine) aus dem Ruder laufen, werden die beiden zu einem inszenierten Waffenstillstand gezwungen, durch den etwas Tiefergehendes ausgelöst wird. Diese Liebeskomödie basiert auf dem YA-Roman von Casey McQuiston aus 2019. Die Suche nach dem richtigen Studio hat nicht so lange gedauert wie bei Gaiman/Pratchett, wie es scheint, obwohl sie auch bei Amazon Prime gelandet ist. Die Handlung wurde für den Film ein wenig entschärft, um ihn mehr zu einer einfachen und albernen Liebeskomödie zu machen. Red, White & Royal Blue ist es ein Film, wie es schon so viele gibt, nur diesmal eben mit zwei jungen Männern in den Hauptrollen. Ein amüsanter “Feinde zu Geliebten“-Film über neue Liebe und Vertrauen. Auf unserer Liste der besten Netflix-Romcoms findet ihr noch ein paar weitere queere Romcoms – wenn auch vielleicht etwas stereotypischer als diese.
Streaming-Plattform: Amazon Prime.
Die Show gewährt einen Einblick in das nächtliche Leben von vier Vampiren und ihrem Vertrauten Guillermo (Harvey Guillén), die seit über einem Jahrhundert auf Staten Island zusammenleben. Im Gegensatz zu einigen anderen Sendungen auf dieser Liste konzentriert sich What We Do In The Shadows vielleicht nicht auf das Queer-Sein der Figuren, sondern behandelt es einfach als Norm. Im Großen und Ganzen ist es eine urkomische Serie, die beweist, dass Comedy-Shows sich nicht über ihre queeren Charaktere lustig machen müssen, damit sie überhaupt existieren dürfen. Bei uns sind derzeit nur drei der fünf Staffeln auf Disney+ verfügbar. Das ist ein Jammer, denn es gibt einige emotionale LGBTQ-lastige Episoden in der vierten Staffel, die auch Europa zu Gesicht bekommen sollte. Hoffentlich werden sie bald ergänzt.
Streaming-Plattform: Disney+. Staffeln: 3. Folgen: 30.
Diese skurrile actionbetonte TV-Komödie hat alle überrascht mit ihrem Aufstieg zu einem der größten Streaming-Hits der letzten Jahre (zumindest international). Der erste Eindruck könnte täuschen, denn ja, es handelt sich um eine Serie über Gentleman Stede Bonnet (Rhys Darby), der lernt, ein Pirat zu sein (und nicht gerade sehr gut ist). Aber darunter verbirgt sich im Grunde eine Liebesgeschichte. Oh, und sie ist so queer. Auch hier gibt es kein Richtig und Falsch. Niemand sagt dem Kapitän, dass er sich nicht in diesen anderen Piraten verlieben darf. Sie dürfen existieren, wie sie wollen, und es ist eine unglaublich witzige, lustige und herzerwärmende Geschichte. Die Chemie zwischen den langjährigen Schauspielkollegen Rhys Darby und Taika Waititi ist erstklassig. Man könnte ihnen stundenlang beim Plaudern zuhören. Die neue Staffel erscheint im Oktober in den USA. Wir können nur hoffen, dass sie sehr schnell ihren Weg über das Meer zu RTL+ findet.
Streaming-Plattform: RTL+. Staffeln: 1. Folgen: 10.
In der Netflix-Erfolgsserie stehen zwar auf den ersten Blick Hetero-Beziehungen von Hauptfigur Otis im Mittelpunkt. Die Aufmerksamkeit der Geschichte verschiebt sich aber Staffel für Staffel mehr und mehr in Richtung seines schwulen Kumpels Eric (Ncuti Gatwa), der mit seiner schauspielerischen Leistung allen die Show stiehlt. Besonders die vierte Staffel bietet die gesamte Palette an LGBTQ+ Themen und Charakteren. Auch wenn das College queere Klischees ein wenig überstrapaziert, so werden neben den klassischen Coming of Age Sorgen auch erwachsenere Probleme sehr rührend und gelungen behandelt. Warum das sehenswert ist, kannst du hier in unserer Kritik zur letzten Staffel nachlesen.
Streaming-Plattform: Netflix. Staffeln: 4. Folgen: 24.
Die Filme und Fernsehsendungen, die wir bisher vorgestellt haben, haben neben ihrer Queerness noch etwas anderes gemeinsam. Ihre Hauptrollen sind alle männlich oder werden von Männern gespielt. Das ist an sich kein Problem, aber viele Streaming-Plattformen haben für viel Aufsehen gesorgt, weil es ihnen an weiblichen Protagonisten mangelt oder (wenn es sie einmal gibt) ihre Sendungen sehr schnell abgesetzt werden. Deswegen ist es gar nicht so einfach WLW Streaming Originals zu finden, die eben etwas lockerer sind. Die folgenden LGBTQ+ Serien und Filme wollen wir trotzdem hervorheben, weil sie auf jeden Fall einen sehr starken FLINTA* Cast hat, auch wenn deren Queerness vielleicht nicht im Vordergrund steht. (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans and agender.)
Elodie (Brianna Hildebrand) findet eine unerwartete Verbindung zu den beiden Klassenkameradinnen Moe (Kiana Madeira) und Tabitha (Quintessa Swindell) an ihrer neuen High School. Die drei lernen sich kennen, als sie alle in der gleichen Gruppe der Anonymen Ladendiebe landen. Das Ganze basiert auf dem gleichnamigen YA-Roman von Kirsten “Kiwi” Smith. Diebische Elstern bietet einen verschmitzten Blick auf die Freundschaft von Teenagerinnen, ist aber ansonsten eine simple Mischung aus vielen anderen Serien dieses Genres. Alle Folgen sind kürzer als 30 Minuten, so dass ein Binge einer Staffel nur etwa 4,5 Stunden dauert. Perfekt für einen gemütlichen Abend!
Streaming-Plattform: Netflix. Staffeln: 2. Folgen: 20.
1943 reist Carson Shaw (Abbi Jacobson) nach Chigaco um sich für die All-American Girls Professional Baseball League zu bewerben. Dort trifft sie auf andere Frauen, die ebenfalls davon träumen, Profi-Baseballerinnen zu werden. Carson knüpft Kontakte, die ihr eine neue Welt eröffnen. Eine Klasse für sich ist eine der vielen WLW-Serien, die von ihrem Streaming Service im Stich gelassen wurde. Sie wurde zuerst abgesetzt und sollte dann für eine kürzere zweite Staffel verlängert werden. Darin sollten die in der ersten Staffel eingeführten Handlungsstränge zu Ende gebracht werden. Doch dann kam die Ankündigung, dass Eine Klasse für sich nun doch keine Fortsetzung mehr bekommen solle. Trotz dieser Enttäuschung bleibt sie eine gelungene Sport-Dramedy mit vielen großartigen Charakteren.
Streaming-Plattform: Amazon Prime. Staffeln: 1. Folgen: 8.
Außenseiterin Paige (Rowan Blanchard) wird gegen ihren Willen in das Leichtathletik-Team aufgenommen. Als sie sich in eine unerwartete Mannschaftskameradin verliebt, entdeckt sie, wie sich wahre Liebe anfühlt. Dieser Film vereint viele der positiven Aspekte, die in diesem Artikel bereits erwähnt wurden. Crush ist eine einfache Wohlfühl-Romanze, in der es um Highschool-Drama, Freundschaft und Liebe geht. Niemand zuckt mit der Wimper, wenn die Protagonistin in ein Mädchen verliebt ist. Diese Natürlichkeit resultiert daraus, dass viele der Beteiligten vor und hinter der Kamera sich selbst als queer bezeichnen, darunter die Regisseur:in, die Drehbuchautor:innen und die Stars Rowan Blanchard und Auli’i Cravalho.
Streaming-Plattform: Disney+.
Nachdem ein Flugzeugabsturz sie auf einer einsamen Insel stranden hat lassen, muss eine Gruppe von Teenagerinnen alleine überleben. Die Mädchen erzählen ihre Geschichten den Ermittlungsbeamten, die sich langsam zusammensetzen, was mit ihnen passiert ist. Ein bisschen wie eine etwas queere, von Frauen getragene Version von Lost. Mit einer ausgezeichneten Besetzung, einem intelligenten Drehbuch und einer faszinierenden Handlung hat sich The Wilds auf jeden Fall einen Platz auf dieser Liste verdient!
Streaming-Plattform: Amazon Prime. Staffeln: 2. Folgen: 18.
Mae Martin ist eine nichtbinäre kanadische Person, die besonders durch Comedy Sets bekannt geworden ist. Auch auf Netflix sind unter Martins Namen mehrere Stand-Up Auftritte zu finden. In der Serie Feel Good verkörpert Martin eine Version von sich selbst. Die (nun fiktive) rückfällige Komiker:in Mae versucht, das Suchtverhalten und die intensive Romantik zu kontrollieren, die alle Bereiche deren Lebens durchdringen. Das Leben wird zusätzlich durch eine neue und alles verzehrende Beziehung mit einer neuen Freundin, George (Charlotte Ritchie), erschwert. Eine sehr emotionale Serie, die sich perfekt für eine Binge-Watch-Nacht eignet!
Streaming-Plattform: Netflix. Staffeln: 2. Folgen: 20.
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