Le Mans 66 – Gegen jede Chance versetzt den Zuschauer zurück in die Hochphase der Rennkultur. Rauchende Reifen und rasante Manöver auf der Strecke sorgen für Adrenalin. Aber am Eindringlichsten in Erinnerung bleibt die Interpretation einer wechselhaften Männerfreundschaft von Matt Damon und Christian Bale. Wie uns das Drama gefallen hat, lest ihr in der Kritik.
13. November 2019: Gleich zu Anfang stellt Le Mans 66 – Gegen jede Chance (ind den USA: Ford vs. Ferrari) klar, was die Essenz des Films ausmacht: Die Reifen quietschen, die Schaltung rastet geräuschvoll ein und Matt Damon (Der Marsianer) braust berauscht im Rennwagen über die Piste. Denn Dreh- und Angelpunkt des Dramas von Regisseur James Mangold (Walk the Line, Logan) sind die unzähligen großartig gedrehten Rennsequenzen. Hier quetschen sich die Stars Matt Damon und Christian Bale (Vice, Mogli) ins Cockpit von Autos, die bis ans Limit getunt sind. Und bei dem losgetretenen Adrenalin lässt sich darüber hinwegsehen, dass die Nebencharaktere ins Eindimensionale abdriften.
Morgen startet der Film in unseren Kinos. Wir durften ihn bereits vorab sichten. Wie den Helden der Freizeit das Rennspektakel gefallen hat und worum es geht, lest ihr im Review. Familienfreundlichere Action gibt’s übrigens bei Jumanji 2 – was uns daran so gefällt.
Inspiriert von wahren Ereignissen lässt Le Mans 66 den Kult um Rennlegende Ken Miles und seine unglaubliche Performance beim 24 Stunden-Rennen von Le Mans 1966 neu aufleben.
Als der ehemalige Rennfahrer Carroll Shelby (Matt Damon) von der Ford Motor Company kontaktiert wird, ist ihm das ein willkommener Weg zurück auf die Piste. Denn Ford will, dass Shelby innerhalb kürzester Zeit einen Rennwagen baut, der sogar Enzo Ferraris (Remo Girone) sagenumwobene Flitzer im Staub zurücklässt. Doch da Shelby aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an Rennen teilnehmen kann, muss er sich an seinen alten Freund und Rennfahrer Ken Miles (Christian Bales) wenden.
Der hat zwar ein Gespür für Autos wie kein anderer, allerdings macht er sich selbst und allen anderen mit seiner launischen Natur das Leben schwer. Nicht zuletzt deswegen bleiben die unzähligen Ford-Stakeholder ihm gegenüber skeptisch und versuchen ihn bei jeder Gelegenheit loszuwerden. Und so müssen sich Shelby und Miles im Endeffekt nicht nur darauf konzentrieren, ihr Rennmobil zu perfektionieren, sondern auch Ford die Unersetzlichkeit von Miles als Fahrer zu beweisen.
Mangolds Film überzeugt da, wo er sollte: Bei den Autos. Die raffiniert geschnittenen Rennsequenzen sind mit satten, befriedigenden Motorklängen unterlegt. Die Spannung bei riskanten Überholmanövern und eng geschnittenen Kurven ist greifbar. Und spätestens, wenn die Kamera einmal kurz stillsteht und die Rennwagen blitzschnell vorbeizischen, riecht es auch im Kinosaal nach Benzin. Le Mans 66 ist ein audiovisuelles Fest für Autoliebhaber und Fans rasanter Action.
Ebenfallsstark: Matt Damon und Christian Bale harmonieren fantastisch. In den wenigen Szenen, in denen niemand der beiden im Cockpit sitzt, tragen ihre Schauspielkünste den Film. Damon kauft man den schelmischen Lebemann Shelby leicht ab. Weltmännisch verspricht er den Ford-Anteilseignern das Blaue vom Himmel. Aber auch Bale gelingt es wie immer, voll in seinem Charakter aufzugehen. Denn nicht zuletzt im Rennauto hat man das Gefühl, dass nicht Bale dort sitzt, sondern ein echter Pilot, der sein ganzes Leben nichts anderes gemacht und gewollt hat.
In ihren Interaktionen zeigen sie eine äußerst komplexe Freundschaft, die sich aus der gemeinsamen Liebe zum Rennsport speist. Man erkennt fast schon eine spirituelle Dimension, die die beiden Autofanatiker vereint. Denn egal wie sehr sie sich streiten, ihr gemeinsames Ziel bleibt.
Während die die beiden Hauptdarsteller ihre Schauspielkünste voll ausspielen können und in manchen Szenen oscarreif sind, kann der Film leider inhaltlich nicht ganz mithalten. Denn die Nebencharaktere sind durch die Bank eindimensional geraten. Die primäre Funktion von Miles Frau Mollie (Caitriona Balfe) beschränkt sich darauf, ihrem Mann ab und zu ein Bier oder einen lustigen Einzeiler zu servieren. Doch vor allem der Antagonist Leo Beebe (Josh Lucas), einer der Verantwortlichen bei Ford, verkommt im Laufe von Le Mans 66 zum archetypischen Bösewicht. Ohne Sinn und Logik pfuscht er Shelby und Miles immer wieder dazwischen. Die fadenscheinige Argumentation, dass es zum Besten von Ford Motor Company sei, kauft man dem Drehbuch nicht ab.
Visuell versetzt einen Le Mans 66 zurück in die Sechziger. Die erschließen sich einem vor allem durch die unzähligen originalgetreuen Rennwagen, die in den Hangars und auf den Rennstrecken zu sehen sind. Vom schneidigen Ferrari bis zum Porsche dürfen sich Fans alter Rennautos auf viele Highlights freuen.
Trotz brillanter Fahrkünste hätte man sich den Film ein bisschen kürzer gewünscht. 150 Minuten Spielzeit ist für dieses Drama einfach zu viel. Viele Szenen, die den Nebencharakteren Tiefe verleihen sollten, scheitern bei diesem Vorhaben. Doch die adrenalingeladenen Rennsequenzen trösten leicht darüber hinweg.
Le Mans 66 ist ein unterhaltsamer und rasanter Film. Seine Hauptcharaktere wachsen einem ans Herz . Doch leider ist es so, wie beim 24-Stunden-Rennen: Es zieht sich. Und zwar länger als es sollte.
Trotzdem helfen die Schauspielkünste von Matt Damon und Christian Bale über diese schwachen Abschnitte hinweg. Und im Endeffekt siegt Le Mans 66 – Gegen jede Chance da, wo es sollte: Bei den genialen Rennszenen.
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Bilder: © 2019 Twentieth Century Fox
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.