Österreichs erstes Grünes Museum mit der weltweit größten Hundertwasser Sammlung hat seit dem 29. Februar 2024 wieder geöffnet. Neun Monate war das von Friedensreich Hundertwasser gestaltete Gebäude wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Nun glänzt es mit einem erneuerten großzügigen Eingangsbereich und einem attraktiven Café-Restaurant. Und vor allem ist es im Sinn seines Gründers klimafit und nachhaltig umgestaltet worden. Wir berichten euch, wie ein Besuch im Hundertwasser-Kosmos zum Erlebnis wird und haben unten alle Infos zu Öffnungszeiten, Preisen und Tipps für die Umgebung.
von Martin Kienzl
Vom Kassenfoyer, das ausgebaut wurde, tritt man hinauf in den ersten und zweiten Stock, wo die Hundertwasser-Dauerausstellung untergebracht ist. Gleich fällt auf, dass die Räume luftiger und weitläufiger wirken, als man es in Erinnerung hatte. (Übrigens: Ein paar Videoimpressionen von unserem Besuch findest du hier auf Instagram oder hier auf TikTok)
Im Zuge der Renovierung wurde auch die Gebäudetechnik komplett auf ein nachhaltiges System und eine hydrothermische Energieversorgung umgestellt. Dabei wird die Wärme des Grundwassers genutzt und der Energieverbrauch um 75 Prozent gesenkt. Eine Umstellung ganz im Sinne des am 19. Februar 2000 verstorbenen Künstlers, was bei einem Rundgang durch das Haus sofort augenscheinlich wird. Die zahlreichen Hundertwasser-Zitate an den Wänden sollte man unbedingt lesen. Sie laden zum Nachdenken ein. Und erschließen die Philosophie des Hausgotts. Es entsteht ein faszinierender Dialog zwischen Hundertwassers Worten – im Folgenden kursiv geschrieben – und seinen Bildern.
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Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf die Malweise, sondern auch auf die Raumgestaltung. Wie in der Natur, sollte man darauf achten, wo man geht. Der Museumsboden ist nicht (gottlos) eben!
Hundertwasser prägte dieser Satz für seinen Umgang mit Architektur. Das KunstHausWien Museum Hundertwasser und die Wohnhausanlage Hundertwasserhaus (Infos dazu hier in unserer Story über die Hundertwasser Bauwerke in Wien), sechs Gehminuten vom Museum entfernt, belegen das. In der Ausstellung zieht das große Modell des Hügelwiesenlands (siehe Aufmacherfoto oben) die Blicke auf sich. Wie in Kellergassen schmiegen sich die Gebäude förmlich unter die Erde.
International wurden dreißig Architekturprojekte von Hundertwasser realisiert, mit denen er Bauten und Städte “verwalden” wollte. In den 1980er Jahren entwickelte er Ideen, um der zunehmenden Zersiedelung in den sogenannten Speckgürteln um die Großstädte entgegenzuwirken. Ein Friedensschluss von Menschen und Natur war sein Ziel. Einzig im Thermendorf Rogner Bad Blumau in der Oststeiermark konnte er die Utopie eines Art Hügelwiesenlands verwirklichen.
Wie wahr! Knallbunt, verspielt, verschnörkelt, überschäumend, ausdrucksvoll und teilweise großformatig exzessiv springen uns Hundertwassers Bilder förmlich an. Trotz seiner Beschäftigung mit der Vergänglichkeit strahlen sie eine immense Lebenskraft und Sinnesfreude aus. Die 170 Bilder, die auf den zwei Geschossen zu sehen sind, wirken auf den Betrachter wie ein Energiestoß.
Als Laien sind wir stolz und glücklich, wenn wir erkennen, von wem ein Bild stammt. So gesehen macht es uns Hundertwasser leicht. Ein Blick und wir sagen: “Das ist ein Hundertwasser.” Wer daraus ableitet, dass seine Arbeiten eintönig wären, irrt gewaltig. Seine überquellende Fantasie lässt einen staunen. Darüber hinaus arbeitete er mit einer Fülle etablierter und innovativer Techniken. Zu den erstgenannten zählen Lithografie, Tapisserie, Siebdruck, Radierung, japanischer Farbholzschnitt. Zu den kreativen Techniken unter anderem Glasperlen, Samtaufblasungen oder Metallfolien. Das macht seine Kunst für den Betrachter bis heute spannend. Wenn du weitere spannende Kunstwerke sehen möchtest, können wir dir das Ernst Fuchs Museum in der Otto Wagner Villa empfehlen.
Eines der Highlights der Ausstellung ist das neue Modell von Hundertwassers Schiff Regentag. Auf ihr hat er viele Jahre seines Lebens verbracht. Ab 1968 zwischen Venedig, Dalmatien, Sizilien, Malta, Zypern, Tunesien und Israel, ehe es 1975/76 über den Atlantik, durch den Panamakanal über Tahiti bis nach Neuseeland ging. Nach dem Schiff sind die von Friedensreich Hundertwasser gestalteten Fahnen aufgehängt. Die visuellen Manifeste für Toleranz, Frieden und Versöhnung beschließen den Rundgang.
Dieses außergewöhnliche Museum ist weltweit einzigartig und wird daher verständlicherweise Jahr für Jahr von Hunderttausenden besucht. Die Bilder Hundertwassers üben bis heute eine starke Faszination aus. Seine Gedanken zur Welt sind aktueller denn je.
Einen gelungenen Relaunch bekam auch das im Museum befindliche Café Friedlich. Architektonisch und atmosphärisch eine Augenweide. Für Qualität bürgt das Pächter-Duo Daniel Karl und Julia Häußler, die schon das Hildebrandt Café im Volkskundemuseum wachgeküsst haben.
Wer nach dem Museumsbesuch im Geist des grünen Vordenkers Hundertwasser Richtung Natur möchte, verlässt das KunstHausWien über den Eingang an der Dampfschiffstraße. Der Maler ist hier am Donaukanal aufgewachsen.
Er hieß damals noch Friedrich Stowasser (“sto” ist das tschechische Wort für hundert). Entlang des Donaukanals spaziert man die Hundertwasser-Promenade, die nach Süden verläuft, entlang. Auf der Höhe der Kegelgasse empfiehlt sich ein Schlenker nach rechts zum weltberühmten Hundertwasserhaus. Über die Rotundenbrücke geht es zur Jesuitenwiese im Grünen Prater. Von dort kommt man über einen Abschnitt des Wiener Stadtwanderwegs Nr. 9 bzw. den versteckt gelegenen Walter-Kern-Weg zum Lusthaus.
Entlang des Lusthauswassers gelangt man letztlich zur Friedenspagode , einem buddhistischen Gebäude an der Donau, von wo uns ab der Station Grünhaufenbrücke die Buslinien 79A, 79B zur U2-Station Donaumarina bringen. Hundertwasser bezog starke Impulse aus den Schriften des Buddhismus. Seine berühmte Spirale des Lebens, die man in zahlreichen Bildern (auch im KunstHausWien)sieht, leitete er aus dem Studium dieser Religion ab. Ein Symbol für das Leben, das organisch wächst, um schließlich in der Unendlichkeit des Todes aufzugehen.
Adresse: Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien
Öffnungszeiten: Täglich von 10:00 bis 18:00
Preis: siehe hier, noch bis 4. 4. zahlst du als Erwachsener statt 15 nur 12 Euro ermäßigten Eintritt
Anreise: Tram 1 und O Radetzkyplatz, Bus 4A Rasumofskygasse
Dauerausstellung Hundertwasser: ganzjährig geöffnet.
Nächste Ausstellung: Into the Woods, Annäherungen an das Ökosystem Wald: 6. 4. – 11. 8. 24
Lokaltipps innerhalb von zehn Gehminuten:
Café Restaurant Friedlich, Café Zartl, Gasthaus Wild, Kolonitz Beisl, Strandbar Herrmann, Masaniello, Restaurant Indus
Web-Tipp: die reichhaltige Seite der gemeinnützigen Hundertwasser Privatstiftung:
https://hundertwasser.com/
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Alle Fotos: (c) heldenderfreizeit.com
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