Eislaufen auf den Dächern Wiens – ist das so lässig, wie es sich anhört? Wir haben für dich getestet, ob sich ein Besuch der Kunsteisbahn Engelmann lohnt. Eine Zeitreise in Österreichs große Eiskunstlauf-Vergangenheit, für die du nur in einen kleinen blauen Aufzug steigen musst.
von Kirstin Kriz und Christoph König
Den Engelmann zu finden, ist schon ein kleines Erlebnis und gleicht schon fast einer Schnitzeljagd. Von der U6 Station Alser Straße schlenderst du in die Jörger Straße und hälst nach einem großen Street Art Werk auf den Dächern rechts oben Ausschau. Dort biegst du beim kultigen Café Buchladen Vox Libri rechts in die Syrringgasse ein, gehst am Einkaufszentrum vorbei und an der nächsten Kreuzung an der rechten Ecke ins Stiegenhaus – dort nimmst du den unscheinbaren blauen Aufzug, der wird in diesem Fall zur Zeitmaschine (schau dir hier dazu unser Reel-Video an).
Denn, voilà! Schon bist du auf der ältesten Freiluft-Kunsteisbahn der Welt: Der Kunsteisbahn Engelmann, wo dich ein Tag auf dem Eis zwischen den Dächern Wiens erwartet. Was hinter der Geschichte steckt und welche Herausforderungen die Location mit sich bringt, erfährst du jetzt. Und hier findest du unsere Übersicht zu den weiteren Wiener Eislaufplätzen.
Kunsteisbahn Engelmann: Mit dem Aufzug auf die Eisfläche
Das Ambiente auf dem Dach hat einen eigenen Charme.
Ganz in der Nähe der U6 Station Alserstraße versteckt sich die Kunsteisbahn Engelmann auf dem Dach eines zweistöckigen Gebäudes. Mit einem unscheinbaren blauen Aufzug (so wie er in fast jedem Wohngebäude in Wien zu finden ist) fährst du nach oben und steigst fast direkt vor der Eisfläche aus, die mit rund 2.600 Quadratmetern genug Platz für Eislaufspaß verspricht. Das außergewöhnliche Ambiente auf einem Dach verleiht der Kunsteisbahn Engelmann einen eigenen Flair. Allerdings darfst du dir hier keinen Panoramablick über Wien erwarten, du fährst zwar auf dem Dach, kannst aber nur die anderen Dächer ringsherum bewundern. An sonnigen Tagen gibt es dafür keine hohen Gebäude nebenan, die lästige Schatten aufs Eis werfen und auch im Sommer wird die Fläche genutzt: Der Eislaufplatz verwandelt sich dann in 4 kleine Soccer-Fußballplätze, wo von April bis Oktober gekickt werden kann.
Michael Rath, der Vizepräsident des Kunsteisbahn Engelmann Vereins, begrüßt uns bei unserem Besuch freundlich in seinem Büro und verrät uns, was bei der speziellen Location manchmal eine Herausforderung sein kann: „Den Grasteppich für den Sommer, aber auch die Eismaschinen kann man nicht in den Aufzug stecken und rauffahren. Die müssen dann mit einem Kran über die Straße hereingehoben werden. Mit Straßensperren und Parkplatzräumungen ist das nicht ganz so einfach.“
Engelmann: Hier schrieb Österreich Eiskunstlauf-Geschichte
Eine Tafel mit Daten zum Gründer erinnert an die lange Geschichte.
Dass die Kunsteisbahn eine österreichische Erfindung ist, wissen sicher nicht viele. Der Engelmann Eislaufplatz ist noch dazu die erste Freiluft-Kunsteisbahn der Welt und daher etwas ganz Besonderes. Dank seines Gründers und Erfinders Eduard Engelmann wird hier schon seit 1871 eisgelaufen, seit 1909 gibt es die legendäre Kunsteisbahn. Engelmann war ein gewiefter Ingenieur und Sportler, elektrifizierte beispielsweise die Mariazellerbahn (lies hier, wie lässig eine Fahrt damit ist) und begründete selbst als dreifacher Europameister (1892-94) Österreichs damalige Vormachtstellung im Eiskunftlauf. Diese erreichte dann mit dem Hernalser Karl Schäfer, der in den 30er Jahren zwei Olympiasiege, 7 WM- und 8 WM-Titel für Österreich holte, seinen Höhepunkt. Alte Bilder, die uns Rath im Bürokammerl neben dem Platz zeigt, lassen erahnen, welche Anziehungskraft der Platz damals hatte – sogar mit Tribünen für mehrere tausend Zuschauer:innen.
Die Gegenwart: Kurse, Eisdisco und mehr
Diese gibt es freilich schon lange nicht mehr. Aber auch in der Gegenwart hat der Platz einiges zu bieten, wie uns Michael Rath erzählt: „Wir haben jeden Freitagabend unsere Eisdisco, die sehr gut besucht ist und noch jede Menge Kurse. Kinderkurse, Erwachsenenkurse, Eishockeykurse oder Wochenendkurse für Jung und Alt.“ Außerdem kannst du dir hier auch Eislaufschuhe ausborgen, wenn du keine eigenen hast und dich anschließend oder zwischendurch in der Kantine stärken.
Essens-Tipp in der Nähe! In der Jörgerstraße 32 findest du Johans Küche mit großartigen Assyrischen Gerichten. Den Laden schupft der Iraker Youkhana Ishak ganz alleine, weshalb das Essen hier zum familiären Mitmacherlebnis wird.
Natürlich kannst du dir die Eislaufschuhe auch vor Ort ausborgen.
Bei unserem Besuch findet sich der typische Eislaufplatz-Mix an Menschen – kleine Kinder, die mit Helm ihre ersten sturz- und spaßreichen Fahrversuche machen und die wir um ihre scheinbar unverwüstlichen Knie beneiden. Eiskunstlauf- Schüler:innen, die ein paar Trainerstunden nehmen. Aufgedrehte Jugendliche, die ein paar wilde Tricks probieren, händchenhaltende Pärchen und Ältere, die einfach ein paar entspannente Runden drehen und sich mit einer kleiner Piroutte an ihre eigene Eisprinzessinnen-Vergangenheit erinnern.
Fazit
Die Kunsteisbahn Engelmann versprüht zwar nicht mehr den großen Glanz von einst – ist aber noch immer ein Unikat. Nur hier kannst du umgeben von Wiener Dächern, selbst auf einem Dach deine Runden ziehen und an einem sonnigen Tag so richtig den Alltagsstress abstreifen. Angenehmerweise ist der Platz deutlich weniger frequentiert wie die am Rathausplatz oder beim Eislaufverein und daher trotz seiner Bekanntheit ein gewisser Geheimtipp.
Factbox Engelmann:
Adresse: Syringgasse 6-14, 1170 Wien
Öffnungszeiten: Montag 9:00 bis 18:00 Uhr; Dienstag, Donnerstag, Freitag 9:00 bis 21:30 Uhr; Mittwoch, Samstag, Sonntag, Feiertag 9:00 bis 19:00 Uhr
Eisdisco: jeden Freitag ab 17:30 Uhr (außer Feiertag)
Anfahrt: Straßenbahn (43 Palffygasse), U6 Station Alserstraße (Ausgang Hernalser Gürtel)
Hier geht’s zur Preisliste
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