KIN von Produzent Shawn Levy (Stranger Things, Arrival) ist ein Familiendrama in Sci-Fi-Verpackung. Woran er trotz gutem Cast scheitert? Unser Fazit.
von Klarissa Gruber
14. September 2018: KIN – so wie der Name ein Mysterium bleibt, so mysteriös und undurchsichtig ist (zumindest anfangs) dieser Film. Ein Action-Drama mit Sci-Fi-Elementen präsentiert unter der Regie der Zwillingsbrüder Jonathan und Josh Baker (Baker Brothers). Das Drehbuch basiert auf dem Kurzfilm Bag Man und wurde mit Schauspielern wie Jack Reynor (Transformers: Ära des Untergangs), James Franco (Spring Break) und Dennis Quaid (G.I. Joe: Geheimauftrag Cobra) hochkarätig besetzt. Heute am 14. September sollte der in den USA bereits angelaufene Film eigentlich in unseren Kinos startet. Doch wenigen Stunden zuvor wurde der Release auf nächstes Jahr verschoben.
Wir haben ihn bereits bei einer Pressevorführung gesehen und wollen euch unsere Eindrücke nicht vorenthalten. Warum es im Film geht und er nicht ganz halten kann, was er verspricht, lest ihr in unserer großen Kritik.
Nicht von dieser Welt. So lässt sich die Waffe von Eli Solinski (Myles Truitt) beschreiben, die er bei seinen routinierten Plünderfahrten in baufälligen Gebäuden neben toten Soldaten in außergewöhnlicher Montur findet. Zuhause versteckt er sie vor seinem Ziehvater Hal (Dennis Quaid) und dem frisch aus dem Knast entlassenen Bruder Jimmy (Jack Reynor). Die Luft ist förmlich zum Schneiden und das Verhältnis zwischen Vater und dem leiblichen Sohn nicht das beste. Eli belauscht nachts, wie die beiden streiten und Jimmy aus dem Haus geworfen wird.
Jimmy hat noch eine Rechnung mit üblen Leuten offen. Ein missglückter Versuch die fehlenden 60.000 Dollar zu beschaffen, zwingt ihn gemeinsam mit Eli zur sofortigen Flucht. Getarnt als Ausflug zweier Brüder, werden sie vom Gangster-Boss (James Franco) und der Polizei verfolgt. Sie haben noch keine Ahnung, dass zusätzlich zwei mysteriöse Soldaten ihnen bereits dicht auf den Fersen sind, um sich die Waffe zurückzuholen. Es kommt, wie es kommen muss und Eli sieht sich gezwungen die Waffe zu benützen. Damit wird eine unglaubliche Kraft entfesselt, die viele Vorteile aber auch Gefahren mit sich bringt.
KIN hat eine besondere Atmosphäre. Der Trailer lässt vermuten, dass die Action-Szenen präsenter sind. Doch in Wahrheit überwiegt der menschliche Aspekt mehr, als man anfangs glauben würde. Die Action-Szenen sind zwar gut umgesetzt, kommen aber nur spärlich zum Einsatz. Als Zuschauer wird man sehr lange im Dunkeln gelassen, was es mit der Waffe auf sich hat, wer die mysteriösen Verfolger sind und woher diese kommen. Man könnte fast meinen, dass der Plot nicht vorhanden ist und man lediglich die Geschehnisse der beiden Brüder mitverfolgt. Die richtig große Auflösung von allem folgt erst ganz am Ende.
Den gesamten Film über folgt ihr den Strapazen von Eli und Jimmy, die später noch temporär weibliche Unterstützung bekommen. Hier gibt es sehr viele interessante Ereignisse, in denen die Figuren im Vordergrund stehen. Originell und lustig ist der Überfall auf eine Kuhfarm. Mit jeder Aktivierung der Waffe bekommen die Verfolger den Aufenthaltsort neu übermittelt. Sie können auch ganze Schauplätze mit Hologrammen rekonstruieren und Abläufe nachvollziehen. Diese Szenen finden alle wortlos statt ohne auch nur die kleinsten Hinweise, was es damit auf sich hat.
Der Fokus liegt ganz klar auf der Familie Solinski. Dem strengen aber rechtschaffenden Vater, dem adoptierten Eli und dem „verlorenen Sohn“ Jimmy. Dass die Mutter vor einigen Jahren verstorben ist, sorgt zusätzlich für eine belastende Stimmung. Die Schauspieler sind sehr gut besetzt und besonders James Franco brilliert in seiner Rolle als Antagonist. Jack Reynor kauft man den Ex-Knasti Jimmy zunächst nur mühsam ab. Der Film weiß seine Stärken mit der Zeit abergut in Szene zu setzen und auch die zwischenmenschliche Beziehung mit seinem Adoptiv-Bruder sind sehr glaubwürdig.
Verlust, Trauer, Rache. Das sind die Hauptmotive, die den Film prägen und als Treibstoff dienen. Gestützt und perfekt in Szene gesetzt werden die Figuren durch den Soundtrack. Dieser stammt von der schottischen Band Mogwai, bekannt für ihre sphärischen und melancholischen Melodien bekannt. Reinschauen (bzw. hören) lohnt sich auf jeden Fall.
Das Finale liefert die Art von Action, wie man sie aus dem Trailer gewohnt ist. Die Kämpfe sind gut koordiniert und der Einsatz der Schusswaffe präzise. Am Höhepunkt angelangt überrascht der Film mit einer kompakten aber nicht sehr originellen Auflösung verfeinert mit tollen Special-Effekts. Hier wurde in rund 15 bis 20 Minuten alles gesagt, was man sich teilweise den ganzen Film über erhofft hätte. Leicht überfordert mit all den Infos, fühlt sich der Film am Ende an, als wäre alles ein Prolog für etwas viel Größeres gewesen. Den ganzen Film über gab es keinerlei Andeutungen oder Hinweise auf das, was am Ende etwas weit hergeholt erzählt wird.
KIN ist ein Drama mit Fokus auf die Charaktere und nur zeitlich begrenzter Action. Der Sci-Fi Anteil wird lediglich durch die Waffe selbst, die beiden Verfolger und dem Ende abgedeckt. Wenn ihr also Außerirdische oder riesige Schlachten mit überentwickelter Technologien erwartet, seid ihr hier definitiv falsch. Das Ende ist ziemlich offen bzw. ein Auftakt auf etwas Größeres, weshalb sich die Frage auftut, ob eine Fortsetzung geplant ist.
Der Streifen ist in vielen Szenen durchaus unterhaltend. Wer sich nach dem Trailer aber einen actionlastigen SciFi-Blockbuster erwartet, wird enttäuscht sein. Das Ende wirkt etwas weit hergeholt und viele Elemente haben wir bereits woanders gesehen. Wenn euch das nicht stört, ist KIN ein netter Film für zwischendurch – aber kein Muss. Dafür kommt das Finale viel zu sehr wie ein großes Intro auf etwas Neues daher, dafür lässt er den Zuseher viel zu lange ohne irgendwelche Hinweise im Dunkeln tappen. Und nicht zuletzt wirkt KIN als hätte man zwei Filmtypen (Familiendrama, Sci-Fi) zu etwas zusammenverwurstet, was Fans beider Genres schlussendlich nicht befriedigen wird.
So fragt man sich nicht nur, was der Filmtitel KIN bedeutet, sondern auch, was der Streifen eigentlich sein will.
Kino-Tipp! Wenn ihr einen Film sehen wollt, der sein Genre besser bedient, können wir euch Die brilliante Mademoiselle Neila ans Herz legen. Warum lest ihr hier in unserer Filmkritik.
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Fotos: © Constantin Film 2018
Die Web-, Manga- und Social Media Expertin zeigt ihre Expertise in Filmreviews, berichtet aber auch von anderen Freizeit-Erlebnissen.