Ein alter Kamin muss nicht unbedingt abgerissen werden. Mit etwas Geschick kann man sein Innenleben selbst renovieren.
von Christian Wurzer
„Mein Kamin muss saniert werden“. „Kein Problem, da basteln wir uns geschwind das passende Werkzeug!“ Glücklicherweise liegen auf einer Baustelle immer genügend Baureststoffe herum, die nur auf unser Projekt gewartet haben: eine Schneekette, eine Abflussreinigungswelle, ein Gartenschlauch, eine betagte Wandhalterung, eine Seilwinde und eine alte Schaumstoffmatratze.
Drei Stunden später haben wir, was wir brauchen: eine Welle zum Ausschlagen des alten Kaminputzes und eine Seilwinde mit Halterung zum Aufbringen der neuen Ausschleifmasse (=Verputz).
Gefahr im Verzug
Aber warum tut man sich das eigentlich an? Oft sind die Rauchfänge in alten Häusern aus Vollziegel gemauert, ohne einem Schamotterohr. Im Laufe der Zeit fällt der innen liegende Verputz herunter, wodurch gefährliche Situationen entstehen können. Zum einen kann der Rauchfang verstopft werden, wodurch die Rauchgase nicht abziehen können. Zum anderen ist die Gasdichtigkeit nicht mehr gegeben – dann kann der Rauch z.B. in Wohnräume eindringen.
Eine andere nicht zu unterschätzende Gefahr sind Deckenbalken, die in der Kaminwand verankert sind und bei schadhafter Innenauskleidung zu einem Schwelbrand führen können. So ist schon so manches Haus abgebrannt.
Die perfekte Welle
Der Test mit der „Müll-Kaminreinigungswelle“ verläuft zuerst gut, aber sie muss schnell wieder repariert werden. Deswegen fahren wir zum nächsten Baumarkt, ohne genau zu wissen, was wir eigentlich kaufen wollen.
In der Sanitärabteilung springt uns ein flexibles Wasserleitungsrohr ins Auge und in der Eisenwarenabteilung ein 8 mm Stahlseil. Das Stahlseil stecken wir in das Rohr und verschweißen es mit den Resten der Schneekette. Beilagscheiben, eine Metallhülse und eine Schlauchschelle sorgen für die perfekte Welle.
Der Dreck muss weg
Alle Ofenöffnungen im Haus verschließen wir mit Schaumstoffstücken aus unserer Matratze, eine Fixierung derselben schadet sicher nicht. Mit der Bohrmaschine am Rücken klettern wir höchst motiviert rauf aufs Dach. Die Welle im Rauchfang löst nun ohne Probleme den lockeren Putz. Allerdings stellen wir rasch fest, dass der Putz nicht aus dem offenen Putztürl im Keller purzelt.
Eine am Kabel hängende Glühbirne schafft Klarheit: Der Kamin ist nach rund 4 Metern schon seit Jahren verlegt. Zwei mögliche Lösungsstrategien stehen nun zur Wahl: Erstens eine lange zusammengeschweißte Eisenstange oder eine 9 mm Pistole. Wir brauchen hier, glaube ich, nicht extra darauf hinweisen, welche Variante wir wählen. 200 Kilogramm Schutt später ist der Rauchfang frei von lockerem Material.
Das Kaminschleifen geht los
Als nächstes feuchten wir den Rauchfang innen mit einem Gartenschlauch an, damit die Haftung der Kaminschleifmasse verbessert wird. Die Seilwinde stellen wir am Dach auf den Rauchfang, der am Seil befestigte Haken wird bis zum Putztürl im Keller runtergelassen. Die Gummischeibe mit dem Schaumstoffwürfel hängen wir am Haken ein und positionieren sie im Rauchfang.
Von oben schütten wir dann die Ausschleifmasse (Fa. Stocker, Bezug bei Fa. Jung und Sohn) kübelweise hinein. Nun drehen wir gemütlich an der Seilwinde – nimmt der Widerstand ab, schütten wir neuerlich Schleifmasse nach. Nach drei Durchgängen (inklusive Trocknungszeit) sollte das Ergebnis jeden Rauchfangkehrer begeistern.
Wir sind glücklich
Einfach ist die Sache sicher nicht, aber mit den gesparten 2000 Euro können wir unser nächstes Projekt finanzieren. Welches das ist, verraten wir hier natürlich noch nicht.
Facts: Das Kaminschleifen ist nichts für schwache Nerven!
Preis: 15 Euro pro Meter
Fazit: Wer selber schleift, zahlt deutlich weniger.[/tab][/tabs]
Fotos: heldenderfreizeit.com
In unserem Gestalter-Bereich findet ihr weitere praktische Bau-, Bastel-, Heimwerker-Ideen. Was sich mit einfachen Materialien so anstellen lässt, ist schon erstaunlich:
Christian ist ein technisch versierter Bastler und Heimwerker - der mit seiner Familie auch actionreiche Abenteuer und Hotels für die Helden testet.